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Sulzdorf
Ist die Jagd nach wie vor eine Männerdomäne? Angelika Götz und Sonja Rahm aus Rhön-Grabfeld schildern ihre Erfahrungen
Die beiden Bürgermeisterinnen Angelika Götz und Sonja Rahm besitzen einen Jagdschein. Wie sie über Abschusspläne und die Wiedereingliederung des Wolfes denken.
Auch wenn im Jagdverband die Frauen auf dem Vormarsch sind, sind immer noch weitaus mehr Männer als Frauen unter der Jägerschaft zu finden.
Foto: Philipp Schulze/dpa (Symbolbild) | Auch wenn im Jagdverband die Frauen auf dem Vormarsch sind, sind immer noch weitaus mehr Männer als Frauen unter der Jägerschaft zu finden.
Regina Vossenkaul
Regina Vossenkaul
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:05 Uhr

Auch wenn in den letzten Jahren die Zahl der Frauen unter der Jägerschaft zugenommen hat, so gilt die Jagd nach wie vor als Männerdomäne. Zwei Bürgermeisterinnen aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld besitzen einen Jagdschein: Angelika Götz und Sonja Rahm. Während Sulzdorfs Bürgermeisterin Götz aus einer Jägerfamilie stammt und eine eigene Jagd mit allen Aufgaben und Verpflichtungen besitzt, übt Schönaus Bürgermeisterin Rahm das Jagdrecht nur als Gast aus. Sie wollte die Herausforderungen in ihrer Gemeinde mit 540 Hektar Gemeindewald und zwei Eigenjagdrevieren besser verstehen können. Die beiden Frauen berichten in einem Interview über ihre Beweggründe und Erfahrungen.

Frage: Die Forstleute betonen das Prinzip "Wald vor Wild", was halten Sie davon?

Angelika Götz: Ich würde es anders formulieren, nämlich "Wald und Wild". Die Bedeutung unseres Waldes wird uns gerade jetzt, wo aktuell ganze Baumarten mit massiven Problemen zu kämpfen haben, bewusst. In einem gesunden Ökosystem haben aber sowohl Pflanzen als auch Tiere ihre Daseinsberechtigung.

Sonja Rahm: Ich bevorzuge auch die Nebeneinanderstellung beider Positionen, wie es der Gesetzestext gelungen erläutert. Artenreicher gesunder Wildbestand sowie die Sicherung der Lebensgrundlage Wald werden dem Jäger in die Verantwortung gegeben.

Angelika Götz kümmert sich um die Hege und den Wildbestand im eigenen Jagdrevier.
Foto: Angelika Götz | Angelika Götz kümmert sich um die Hege und den Wildbestand im eigenen Jagdrevier.
Wie schwer ist es, vorgegebene Abschusspläne einzuhalten?

Götz: Unter Rücksichtnahme des Menschen gegenüber den Tieren ist es eigentlich nicht allzu schwer, Abschusspläne einzuhalten. Wenn das Wild zum Beispiel in der Dämmerung zur Nahrungsaufnahme (Äsen) den Wald verlassen kann oder in den Einständen, das heißt in den Ruhe- und Rückzugsräumen, möglichst nicht gestört wird, funktioniert das sehr gut. Aber leider ist das nicht immer so.

Rahm: Da ich keine eigene Jagd habe, kann ich nur ahnen, dass unterschiedliche Einflüsse das Einhalten der Abschusspläne erschweren und vom Jagdpächter einiges an Engagement abverlangen.

Hilft die Wiedereingliederung des Wolfes bei der Aufrechterhaltung des biologischen Gleichgewichts?

Götz: Die Betonung liegt auf Gleichgewicht! Nach einer Zeit, in der der Wolf gänzlich verschwunden war, nun zu einer unkontrollierten Vermehrung überzugehen, halte ich für äußerst problematisch. Bei unserem derzeitigen Wildbestand gibt es sicherlich genügend Nahrungsangebote, damit der Wiedereingliederung des Wolfes nichts im Wege steht. Aber an den Stellen, an denen seine Vermehrung Probleme bereitet, muss man eingreifen können.

Rahm: Nachdem ich keine Wildbiologin bin, kann ich nur hoffen, dass die Vielfalt an Tierarten, einschließlich Wolf, das biologische Gleichgewicht fördern.

Die Jungjägerin Sonja Rahm (links) wurde im September 2022 zusammen mit Sonja Reubelt nach bestandener Prüfung von Berthold Schwarz in den Jägerstand aufgenommen.
Foto: Norbert Thomas | Die Jungjägerin Sonja Rahm (links) wurde im September 2022 zusammen mit Sonja Reubelt nach bestandener Prüfung von Berthold Schwarz in den Jägerstand aufgenommen.
Sie sind in eine Männerdomäne eingedrungen, wie fühlt sich das an?

Götz: Die Anzahl der Jagdscheininhaberinnen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Insofern ist man als Jägerin keine Besonderheit mehr. Solange das Hauptinteresse bei der eigentlichen Jagd liegt, gibt es auch keine Akzeptanz-Probleme, deshalb fühle ich mich sehr wohl und auch akzeptiert.

Rahm: Das Eindringen in die Männerdomäne "Jagd" fühlt sich ähnlich an, wie die tägliche Arbeit im Amt der Bürgermeisterin. Dabei gibt es im Landkreis Rhön-Grabfeld deutlich mehr etablierte Jägerinnen, aber nur vier Bürgermeisterinnen. Die politische Arbeit ist wie die Jagd Männerdomäne und fühlt sich an wie Pionierarbeit. Ausgeglichen besetzte Gremien und mehr Selbstverständnis für Frauen in der Politik müssen noch errungen werden. In der Jagd ist bereits mehr Akzeptanz für Frauen geschaffen worden.

Wurden sie schon mal von Tierliebhabern in irgendeiner Weise angegriffen?

Götz: Nein, diese Situation habe ich persönlich noch nicht erlebt. Sie ist meiner Meinung nach auch völlig unbegründet, da die Wild-Hege (zum Beispiel Drohneneinsatz zur Kitzrettung) auch zu meinem Aufgabenfeld zählt und von mir ausgeübt wird. Aber manche Jagdkolleginnen und Jagdkollegen haben von derartigen Vorfällen schon berichtet.

Rahm: Einen Angriff seitens Tierliebhabern habe ich bisher nicht erlebt.

Stichwort Trophäenschau: Ist das ein Relikt aus der Zeit der "Jäger und Sammler"?

Götz: Die Trophäe, also das Gehörn des Rehbocks, gibt Auskunft über seinen körperlichen Zustand. Außerdem müssen bei einer Trophäenschau die Gesamtheit aller geschossenen Böcke vorgezeigt werden. Somit kann man schon anhand der Beschaffenheit der Trophäen Rückschlüsse auf den Rehwildbestand ziehen.

Rahm: Die Trophäenschau nimmt nur die Geweih- oder Gehörnentwicklung des männlichen Wildbestandes in den Blick, um sich einen Überblick über die Gesundheit des gesamten Wildbestandes zu verschaffen.

 
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Kommentare
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  • H. H.
    Da haben die beiden Damen aber sehr schön die Positionen des BJV heruntergebetet. Das klingt komplett auswendiggelernt und ohne jede eigene Erfahrungswerte.
    Wer heute immer noch behauptet, man könne von den paar Rehgehörnen auf den Gesundheitszustand der Population schließen, der verweigert sich vollständig der Wildbiologie.
    Als Bürgermeisterinnen Waldbesitzer der Gemeinden sollten sie sich auch die Parole "Wald mit Wild" nochmal anschauen - vielleicht ist am Ende das Gesamtökosystem Wald doch wichtiger als die paar jagdbaren Arten??
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