Das Thema Pflegenotstand ist derzeit in aller Munde. Auf mehreren Wegen wird versucht, den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten. Ein Hoffnungsträger ist die Reform der Pflegeausbildung im Jahr 2020. Ihr Ziel ist es, die Ausbildung zu modernisieren, ansprechender zu machen und den Berufsbereich der Pflege aufzuwerten.
Im August dieses Jahres werden die ersten Absolventinnen und Absolventen die "generalistische Ausbildung" abschließen. Was hat die Reform mit sich gebracht? Hat sie ihr Ziel erreicht? Vertreter der Berufsfachschulen der Rhön-Klinikum AG unter dem Dach der Campus Akademie in Bad Neustadt schildern ihre Erfahrungen.
Mit dem Pflegeberufegesetz vom Januar 2020 hielt in Deutschland die generalistische Pflegeausbildung Einzug. Diese führt die drei Berufsbilder Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege zu einer Ausbildung mit dem Abschluss Pflegefachfrau oder Pflegefachmann zusammen. Generalistik bedeutet die Vereinigung mehrerer Berufe zu einem gemeinsamen Berufsbild. Für die Auszubildenden heißt das, dass sie noch nicht am Anfang ihrer Ausbildung entscheiden müssen, welche Richtung sie einschlagen.
Die Ausbildung ist innerhalb der Europäischen Union anerkannt
"Die Generalistik ermöglicht die Versorgung von Menschen aller Altersgruppen in allen Lebenslagen", sagt Katrin Manzau, Leiterin der Campus-Akademie. Ihrer Meinung nach sei die Reform überfällig gewesen. Sie ermögliche mehr Flexibilität, bessere Karrierechancen und die Reform trage zur Professionalisierung des Pflegeberufs bei.
Die EU-Anerkennung sei ein großer Gewinn, betont Manzau, die seit 2020 an der Spitze der Akademie steht. Damit könnten die Absolventinnen und Absolventen problemloser im Ausland arbeiten. Die generalistische Ausbildung erleichtere zudem den beruflichen Wechsel zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen. Für sie von Vorteil sei auch die Schwerpunktverlagerung von der Medizin auf die Pflege. Früher seien der pflegerische und der medizinische Unterricht prozentual gleichgestellt gewesen. Jetzt hätten sich die Inhalte mehr in Richtung Pflege verschoben.
Beitrag zur Professionalisierung des Pflegeberufs
Ihre Stellvertreterin Martina Weymann unterstreicht die breite Aufstellung der Ausbildung. Das Themengebiet umfasse nun – für sie positiv – sowohl Kinder, Menschen mit Behinderung als auch hochbetagte Personen von der Akutphase über die Organisation der Pflege nach dem Klinikaufenthalt bis zur ambulanten Pflege. Die Auszubildenden würden alle Arbeitsbereiche der Pflege kennenlernen und könnten besser entscheiden, wo sie arbeiten möchten.
Ein Punkt liegt Katrin Manzau sehr am Herzen: "Das Pflegeberufegesetz trägt zur Professionalisierung des Pflegeberufs bei." Mit diesem sei erstmals festgeschrieben worden, dass es Aufgaben gibt, die ausschließlich der Pflege vorbehalten sind. Dazu gehören die Feststellung des Pflegebedarfs oder die Steuerung des Pflegeprozesses. "Damit wird die Pflege auf die gleiche Ebene wie die Medizin gestellt", freut sich Manzau.
Zehn Prozent der praktischen Ausbildung finden als Praxisanleitung statt
Eric Pehrson ist seit dem vergangenen Jahr Leiter der Praxis-Ausbildung. "Nach dem neuen Pflegeberufegesetz müssen zehn Prozent der praktischen Ausbildung als Praxisanleitung stattfinden", stellt er heraus. Die Praxisanleiter würden einen wesentlichen Beitrag zur Ausbildung leisten und im regelmäßigen persönlichen Kontakt zu den Auszubildenden stehen.
Simulationsanzug und "Parkinson-Handschuhe" kommen zum Einsatz
Für die Praxisanleitung steht unter anderem ein voll ausgestattetes Patientenzimmer zur Verfügung. Mit einem Simulationsanzug können die Auszubildenden die Beschwernisse des Alters, wie schlechtes Gehör und Sehvermögen oder Gelenkschmerzen, nachempfinden. In speziellen Handschuhen sorgen schwache Stromimpulse für Nervenirritationen, die dem Tremor bei Parkinson ähneln.
Das Simulationstraining ermögliche den Azubis realitätsnahe Erfahrungen und bereichere die Ausbildung, betont Nico Ledermann. Er ist seit April 2022 Pflegedirektor am Rhön-Klinikum in Bad Neustadt.
Was sind die Nachteile der generalistischen Ausbildung?
Wie sieht es mit den Nachteilen der Generalistik aus? "Dadurch, dass die Ausbildung breiter gefächert ist, geht sie nicht mehr so in die Tiefe", sagt Katrin Manzau. Notwendig sei dadurch ein gutes Angebot in der Fort- und Weiterbildung nach der dreijährigen Ausbildung. Man müsse jedoch auch nicht jeden Muskelnamen kennen. "Spannen Sie den Gluteus Maximus an, dieser Satz hilft dem Patienten nicht weiter", ist die Schulleiterin überzeugt.
Ein Ziel der Ausbildungsreform war, mehr Personen für den Pflegeberuf zu gewinnen. Wurde das Ziel erreicht? "Es ist noch zu früh, um dazu etwas Fundiertes zu sagen", sagt Manzau.
Was sagt das Berufsbildungszentrum Münnerstadt dazu?
Auch Georg Gißler, Schulleiter des Berufsbildungszentrums Münnerstadt, spricht sich auf Nachfrage dieser Redaktion für ein Abwarten aus. Das BBZ ist in Rhön-Grabfeld Anlaufpunkt für diejenigen, die Pflegefachkraft werden wollen und ihren Schwerpunkt in der stationären Pflege und nicht in einem Krankenhaus sehen. "Man muss schauen, wie sich die Ausbildung entwickelt und wie sich die Absolventen am Arbeitsmarkt bewähren", sagt er.
Generell sei es jedoch schon "gewagt", drei Ausbildungen zu einer, die aber alle drei Stränge bedienen soll, zusammenzufassen, meint der Studiendirektor. "Da kann schon das Gefühl aufkommen, dass man keinem der drei Bereiche genügen kann."
Dennoch plädiert Gißler für Unaufgeregtheit und Offenheit aller Beteiligten. Aktuell seien noch viele Ängste und Unsicherheiten unterwegs. "In drei bis vier Jahren muss man konzentriert prüfen, was eventuell geändert werden muss", fordert der Schulleiter.
Für den Pflegeberuf Nachwuchskräfte gewinnen
Im vergangenen Jahr wurde am Campus die Berufsfachschule für Krankenpflegehilfe ins Leben gerufen. Diese relativ niederschwellige Ausbildung bringe verstärkt Menschen in die Pflege. Das erklärt Melissa Beck, die am Rhön-Klinikum in der Personalabteilung für die Ausbildung zuständig ist. "Das Angebot ermöglicht, dass man nach einem Jahr schon etwas in der Hand hat und danach noch die Ausbildung zur Pflegefachkraft anschließen kann."
Positiv bemerkbar mache sich auch bei der Nachwuchsgewinnung die vom Arbeitsamt geförderte Umschulung zur Pflegefachkraft oder zum Krankenpflegehelfer, so Beck. Diese spreche vor allem Quer- und Späteinsteiger, also auch ältere Personen, an.
Im April ist erneut Ausbildungsbeginn. Die Verantwortlichen hoffen auf ausreichend Nachwuchskräfte für den Pflegeberuf. Gebraucht werden sie.
Als Vollkraft 3500.-€ Brutto am Anfang sein. Die Menschen zahlen ihren Beitrag dafür, dieser wird stehts angepasst und langt nicht, dafür ist eine Erklärung notwendig. Die Pflege ist das Rückgrat der Gesellschafft. Das Gesundheitssystem gehört zu 100% dazu, deswegen verstehe ich nicht warum so viele Krankenhäuser geschlossen werden, bevor die neuen stehen. Erst abreisen, danach neu bauen!