Fast 32 Jahre lang stand Dr. Hubert P. Büchs an der Spitze der Jopp GmbH. Nun wechselte er aus der Geschäftsführung in den neu gegründeten Beirat, einem dreiköpfigen Beratergremium. Das Bad Neustädter Unternehmen wird jedoch auch weiterhin in Familienhand fortgeführt.
Unter anderem in Person drei seiner Kinder: Martin Büchs trat 2006 ins Unternehmen ein und ist seit 2008 als Geschäftsführer in der Jopp Holding GmbH tätig. Julia Büchs, die als Architektin seit 2017 in Neubau- und Umbauplanungen sowie Bauaktivitäten von Jopp eingebunden ist, wird die Geschäftsführung im Bereich Immobilien und Liegenschaften übernehmen. Stephanie Büchs, die seit 2011 im Unternehmen arbeitet, wird nach ihrer Elternzeit zur Schwesterfirma turbocut Jopp wechseln, die in der Lebensmittelindustrie tätig ist. Hier wird Hubert Büchs Geschäftsführer bleiben und sich künftig die Firmenleitung mit Frank Ulrich teilen.
Eigentlich sollte der scheidende geschäftsführende Gesellschafter Landwirt werden. Doch es kam ganz anders. Nach seiner Lehre als Landwirt absolvierte der gebürtige Leutershäuser bei Preh eine weitere Ausbildung als Maschinenschlosser. Dem folgten ein Studium in Maschinenbau und in Fertigungstechnik sowie schließlich noch die Promotion. Nach mehreren Stationen war er bei FAG/Schaeffler in Schweinfurt in der zweiten Führungsebene als technischer Hauptabteilungsleiter tätig.
Das Unternehmen wuchs von 339 auf heute 1700 Mitarbeiter
1991 übernahm Büchs dann die in eine Krise geratene Jopp GmbH zusammen mit drei leitenden Angestellten. Der 73-Jährige hat das Datum der Übernahme im Kopf. "Es war der 16. Oktober 1991. Das wird mir ewig in Erinnerung bleiben", erzählt er gegenüber dieser Redaktion.
Als er den Betrieb als Mehrheits-Gesellschafter übernahm, hatte dieser 339 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aktuell sind es 1700. Der Umsatz stieg von 17 auf 186 Millionen Euro. Heute beliefert Jopp sowohl Hersteller von Fahrzeugen und Landmaschinen als auch Zulieferer der Fahrzeugindustrie, des Maschinenbaus und der Medizintechnik.
Hat die Verantwortung, ein Unternehmen wieder auf wirtschaftlich gesunde Bahnen zu bringen, ihn nicht geschreckt? "Nein." Die Antwort von Hubert P. Büchs kommt ohne Zögern. "Ich wollte mich selbstständig machen und das war die Gelegenheit dazu. Ich war mir meiner Sache sicher."
Hubert Büchs hatte ein Ziel: den Aufbau einer Produktentwicklung
Die Firma Jopp fertigte damals Bauteile nach Kundenzeichnungen hauptsächlich für Kraftfahrzeuge. Das heißt, sie produzierte nur und entwickelte nicht. Für ihn sei es ein vorrangiges Ziel gewesen, so Büchs, auch eine Produktentwicklung aufzubauen. Ein wichtiger Schritt dahin war 1993 die Entwicklung einer Steptronic-Schaltung für BMW. Drei Jahre später kam der erste Großserienauftrag für die Entwicklung von Getriebeschaltungen. Auftraggeber für Jopp waren damals neben BMW vor allem Ford und Porsche.
Im Bereich der Schaltungen verfolgte Büchs weitere Ziele. "Wir brauchen Kunststoff und Elektronik. Das sind Zukunftstechnologien", so seine frühe Überzeugung. Schaltungen aus Stahl und Eisen seien die Vergangenheit. Jopp übernahm, um das Knowhow dafür zu erhalten, Werke im Kunststoffspritzguss, der Elektronik und der Automatisierungstechnik.
Als Forderungen der Kunden nach einer Internationalisierung lauter wurden, gründete Jopp Werke in Tschechien und China. Später kamen Werke in Mexiko, Ungarn, Indien und den USA hinzu. Insgesamt betreibt Jopp aktuell 14 Werke auf drei Kontinenten.
Der Elektromobilität als zukunftsweisende Technologie den Weg geebnet
Von großer Bedeutung und zukunftsweisend ist für Büchs vor allem die Elektromobilität. Für die Umstellung auf die neue Technologie bei Jopp hat er frühzeitig wichtige Weichen gestellt. Ein Höhepunkt diesbezüglich war ein Auftrag von Porsche für den Taycan, einem vollelektrischen Sportwagen. Hier entwickelt und produziert das Unternehmen seit etwa vier Jahren elektromechanische Schaltbetätigungen.
Noch jung ist der Aufbau eines Elektrofahrzeugs, in dem die Lösungen von Jopp zum Thermomanagement getestet werden. Zur Erklärung: Im Gegensatz zu einem Verbrenner, in dem nur der Motor gekühlt werden muss, müssen in einem Elektrofahrzeug darüber hinaus die Leistungselektronik und die Batterie gekühlt werden. Dazu braucht es eine ausgefeilte Lösung, um den Energieverlust so gering wie möglich zu halten. Eine Antwort darauf liefert das Thermomanagement, mit dem über ein sehr komplexes System die Kühlung und je nach Bedarf auch die Heizung aller drei Komponenten erfolgt.
Das Thermomanagement selbst sei zwar kein Alleinstellungsmerkmal für Jopp, erläutert Büchs. Eine Komponente dieses Systems, ein Mischventil, sei aber von ihnen entwickelt und auch patentiert worden - und damit durchaus ein Alleinstellungsmerkmal für das Unternehmen.
Umstellung vom Verbrennungs- auf den Elektromotor
Was sind die Herausforderungen der Zukunft? Die Energiekrise mit der Steigerung der Strompreise habe man im Großen und Ganzen im Griff, erklärt Büchs. Noch nicht ganz verkraftet sei die Materialpreisverteuerung. Weiterverfolgt werde auch die angestrebte CO2-Neutralität des Unternehmens. Das geschehe nicht nur aus Altruismus, so Büchs, sondern auch weil die Kunden das einfordern würden. Auch die Umstellung vom Verbrennungs- auf den Elektromotor werde Jopp weiter beschäftigen. Bestimmte Bauteile fallen dabei weg und neue müssen erstellt werden.
"Wir werden das alles schaffen", ist der langjährige Geschäftsführer überzeugt. "Weil wir eine sehr leistungsfähige Entwicklung und Produktion haben und weil wir weltweit gut aufgestellt sind", so seine Begründung. Darüber hinaus wisse er sein Unternehmen bei seinen Nachfolgern und früheren Mit-Geschäftsführern, seinem Sohn Martin Büchs und Richard Diem, in guten Händen. Das hätten sie bereits angesichts der Herausforderungen der letzten Jahre unter Beweis gestellt.
Der Beirat wurde neu gegründet und besteht aus drei Personen
Als effektiv sieht der 73-Jährige auch den neuen Beirat an. In diesem werde er den Vorsitz übernehmen. Mit dabei seien noch zwei erfahrene Manager, die sich bereits im Ruhestand befinden. "Damit holen wir uns zusätzliches Wissen in die Firma."
Wie will Dr. Hubert P. Büchs seine nun mehr gewordene Freizeit nutzen? "Ich möchte die Heimat, aber auch die weite Welt noch mehr kennenlernen." Er habe schon als Jugendlicher gerne alle möglichen Sportarten ausgeübt, erzählt er weiter. Darunter Wandern, Bergsteigen, Fahrradtouren und Golf. Der Sport sei in den letzten Jahren etwas zu kurz gekommen. Das soll sich wieder ändern. Einen Anfang hat er schon gemacht. Anfang Juli nahm er am Rhöner Kuppenritt teil und absolvierte dabei die 60-Kilometer-Strecke - ohne Elektro-Antrieb.