Ein Vierteljahrhundert ist es nun her, da die Firma Jopp gar nicht weit vom Bankrott entfernt war. Doch im Oktober 1991 kauften vier Gesellschafter das Unternehmen und leiteten eine Entwicklung ein, die von einem kleinen mittelständischen Betrieb zum Global Player und Zulieferer zahlreicher großer Fahrzeughersteller führte. Das Jubiläum wollen die drei heutigen Geschäftsführer aber nicht feiern, denn ein für sie noch wichtigeres steht 2019 an, denn dann besteht die Firma Jopp seit 100 Jahren.
Es war Theodor Jopp, der im Jahre 1919 einen kleinen Betrieb zur Produktion von Fahrradteilen und landwirtschaftlichem Zubehör gründete. Vor 25 Jahren jedoch wurde die Jopp GmbH als Auffanggesellschaft für die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Jopp-Firmen ins Leben gerufen.
Die damaligen Gründer waren drei leitende Angestellte der alten Firma: Otto Lotz, Günter Eyring und Rainer Lerchl. Die Mehrheit der Gesellschaftsanteile erwarb jedoch der bis zu diesem Zeitpunkt als technischer Hauptabteilungsleiter bei FAG beschäftigte Dr. Hubert P. Büchs. „Ich hatte eine gute und gut bezahlte Stelle bei dem Unternehmen, aber mich störte die Unbeweglichkeit eines Konzerns.
Ich wollte meine unternehmerische Freiheit, damit ich meine Ideen umsetzen kann, erinnert sich Hubert Büchs. Da er großes Vertrauen zu seinen neuen Partnern hatte, übernahm er die Mehrheit der Anteile, was für ihn natürlich zum finanziellen Kraftakt wurde, weil erhebliche Verbindlichkeiten an die Banken übernommen werden mussten. Eine riskante Finanzierung und zu hohe Investitionen hätten ja schon zuvor den Betrieb mit seinen 300 Mitarbeitern in die missliche Lage gebracht, erinnert sich Büchs, der sich inzwischen aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen hat und seinen Sohn Martin vor zehn Jahren ins Unternehmen geholt hatte. Er habe sich damals zu diesem Schritt entschlossen, weil er den Betrieb für gesund hielt und über eine gute Auftragslage verfügte. Als Außenstehender sei er zunächst einmal kritisch beobachtet worden. Doch immerhin kannten ihn einige Mitarbeiter, da er aus Leutershausen stammt und als Fußballer in Erscheinung getreten war. Vielleicht habe das eine Rolle gespielt, dass die Belegschaft einen Teil ihres Gehalts zur Verfügung gestellt hatte, um die Krise zu überwinden und den Neuanfang zu wagen. Die Entscheidung sollte sich bald auszahlen.
Ein Großserienauftrag von BMW wurde 1996 zum Einstieg in die Getriebeschalttechnik und zum Auftakt eines Wachstumskurses, der bis heute anhält. Aktuell teilt sich das Unternehmen in sechs Geschäftsbereiche auf: Schaltungssysteme, Beölungs- und Kühlsysteme, Präzisionsdrehtechnik, Sintertechnik, Elektronik und Automatisierungslösungen. Die Hälfte des Umsatzes wird dabei im Bereich Schaltungssysteme erzielt. Zu den Hauptkunden zählen Ford, VW, Audi, Porsche und BMW. Wichtige Voraussetzung bei der Erschließung neuer Märkte waren die Gründung oder Übernahme neuer Standorte. Ein Zweigwerk in der Eifel sei weltweit Marktführer für komplexe Beölungssysteme für Getriebe. Ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Firmengeschichte war die Übernahme der Haas-Gruppe, die sich auf Schaltgriffe, Abdeckungen und Pkw-Innenraumteile aus Leder spezialisiert hatte.
In Bad Neustadt wurden die Werke von BSW entlang der Meininger Straße und Forbach in der Gartenstraße übernommen. Dort befinden sich heute Hightech-Drehmaschinen, eine Technik, mit der Jopp großgeworden ist. Jopp ist mit eigenen Standorten in Europa (Deutschland, Tschechien, Ungarn), Asien (China) und Amerika (USA, Mexiko) vertreten.
Zudem bestehen ein Joint Venture mit einem indischen Partner sowie eine Repräsentanz in Brasilien. Aber auch durch den Ausbau vorhandener Werke und den Aufbau einer eigenen Produktentwicklung wuchs Jopp stärker als der Automobilmarkt und kommt mit seinen 1900 Mitarbeitern auf einen Jahresumsatz von über 220 Millionen Euro.
Das Wachstum soll auch in den nächsten Jahren anhalten, versichert Martin Büchs. Er hatte sich nach einem erfolgreichen Beginn einer beruflichen Laufbahn entschlossen, in die Heimat zurückzukehren, gleichwohl er mit seiner Familie in Frankfurt wohnte. Als Sohn des Chefs sei er natürlich skeptisch beäugt worden. Doch inzwischen habe er sich seine Lorbeeren verdient, versichert der Vater. Außerdem besitze er mit einem BWL- und einem Mechatronik-Studium gute Voraussetzungen für die Führung des Unternehmens, das ständig expandiert.
Aktuell baut Jopp in Villingen-Schwenningen einen neuen Produktionsstandort für den Geschäftsbereich Elektronik. Außerdem steht in Tschechien ein zweites neues Werk vor der Inbetriebnahme.
In der Unternehmenszentrale in Bad Neustadt ist für 2018 ein neues Technologie- und Entwicklungszentrum geplant, das den teilweise beengten Platzverhältnissen ein Ende setzen soll. Aufgrund der positiven Auftragslage geht die Geschäftsführung, in die vor fünf Jahren Klaus Gockler dazugestoßen ist, davon aus, mittelfristig unternehmensweit weitere Arbeitsplätze für Ingenieure, Techniker und andere qualifizierte Fachkräfte schaffen zu können.
In Bad Neustadt will Jopp in der Produktion weniger stark wachsen als zuvor. „Wir müssen noch mehr automatisieren, um auch dauerhaft in Bad Neustadt Großserien produzieren zu können“, so Geschäftsführer Martin Büchs.
Ganz „nebenbei“ ist Jopp auch noch mit einem Modellprojekt in Sachen Elektromobilität unterwegs. Allerdings sieht Seniorchef Hubert Büchs auf dem Gebiet keine Perspektive für das Unternehmen, zumal er für das Elektroauto noch auf Jahre hinaus keinen Durchbruch erwartet. „Getriebe und Schaltungen wird es hingegen in irgendeiner Form immer geben.“ So sieht er für das Unternehmen auch langfristig eine rosige Zukunft.