
Syrien, Albanien, Griechenland, Deutschland: Die Länder, in denen die Ärzte des Rhön-Klinikum Campus Bad Neustadt geboren wurden, sind vielfältig. Insgesamt sind unter den 400 Mediziner des Campus 54 Herkunftsländer vertreten. Wie Christiane Hanshans, die am Campus die internationale Fachkräftegewinnung verantwortet, auf Nachfrage informiert, stammen circa 50 Prozent der Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland. Eine "erhebliche Anzahl" von ihnen verfüge inzwischen über die deutsche Staatsangehörigkeit.
Hanshans ist auch für das Scholarship zuständig. Dessen Ziel ist, ausländische Ärzte auf dem Weg zur deutschen Approbation zu begleiten, an die sich eine Facharztweiterbildung am Campus anschließen kann. Seit dem Start 2011 nehmen laut Hanshans jährlich 15 bis 18 Ärztinnen und Ärzte an dem Programm teil, wobei je Jahrgang etwa 90 Prozent der Absolventen weiter am Campus arbeiten. Im Gespräch mit dieser Redaktion erzählen fünf im Ausland geborene Medizinerinnen und Mediziner der Klinik ihre Geschichte.
1. Lulezim Leko (37) aus Albanien, Oberarzt in der Zentralen Notaufnahme: "Ich wollte eine andere Kultur kennenlernen"

"Oft ist der Notarzt die Person, die dem Patienten Hoffnung gibt, wenn alles andere zu scheitern scheint. Diese direkte Wirkung meiner Arbeit auf das Leben anderer ist sehr erfüllend. Als ich 2013 nach Deutschland kam, wollte ich eine andere Kultur kennenlernen. Bis zu meiner Anerkennung dauerte es mehr als drei Jahre. Ich schätze hier die hohe Qualität der medizinischen Versorgung, das strukturierte Weiterbildungssystem und das gut organisierte Gesundheitssystem. In Albanien ist vor allem in ländlichen Regionen oft nur die Grundversorgung gewährleistet, Patienten müssen vieles selbst zahlen. Außerdem gibt es in Deutschland persönliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten, Karrierechancen und berufliche Stabilität. Und die Arbeitsbedingungen für Ärzte sind besser. Ich fühle mich wohl und habe mit meiner Frau zwei Kinder, für die es gute Bildungschancen gibt. Albanien ist meine Heimat, da sind meine Eltern. Aber ich möchte in Deutschland bleiben."
2. Kyriaki Rafailia Kavazidi (30) aus Griechenland, Assistenzärztin in der Neurochirurgie: "Ich mag die multikulturelle Szene"

"Ich finde es cool, dass ich in der Neurochirurgie etwas mit meinen Händen machen und Menschen helfen kann. Ich wusste von Anfang an, dass ich meine Weiterbildung im Ausland absolvieren möchte. Deshalb habe ich mich über Gesundheitssysteme und Weiterbildungsprogramme informiert und mich für Deutschland entschieden. Zuvor hatte ich eineinhalb Jahre Deutsch gelernt. Ab Herbst 2021 absolvierte ich das Scholarship, im Juni 2022 begann ich meine Facharztweiterbildung. Meine ärztliche Zulassung erhielt ich recht schnell, weil ich in Griechenland, also in der EU, studiert habe. Die Kombination aus deutschem Gesundheitssystem und Weiterbildungsprogramm passt, ausländische Ärzte werden unterstützt, ich mag die multikulturelle Szene hier. Wenn meiner Familie in Griechenland nichts Dramatisches passiert, will ich in Deutschland bleiben."
3. Ricardo Buentello (36) aus Mexiko, Assistenzarzt in der Neurologie: "Ich habe ein Youtube-Video über den Rhön-Klinikum Campus gesehen"

"Es war immer mein Traum, als Arzt in einem anderen Land zu arbeiten und ich hatte in Mexiko schon Deutsch gelernt. Dann habe ich ein Youtube-Video gesehen, in dem Christiane Hanshans das Scholarship-Programm am Rhön-Klinikum vorstellte und vom Ärztemangel im ländlichen Raum berichtete. Ich wusste: Die Menschen dort brauchen Ärzte. Und wollte helfen. Deshalb kam ich 2013 nach Deutschland, wo ich das Scholarship absolvierte. Alle sind freundlich, auch zu mir als Ausländer. Sie haben sich Zeit genommen, mir die fachlichen Dinge und die Sprache beizubringen. Es gefällt mir gut und ich möchte bleiben. Nicht nur wegen der Stadt, sondern auch wegen der netten Bevölkerung und der Kollegen. Und weil ich meinen Metzger und meinen Bäcker kenne, hier eine Familie gegründet und ein Heimatgefühl habe."
4. Paula Liliana Socha Gonzales (38) aus Kolumbien, Fachärztin in der Anästhesiologie: "In meiner Heimat ist es schwierig, eine Facharztstelle zu bekommen"

"Was ich in Deutschland besonders schätze, ist die Sicherheit. Ich kann nachts nach draußen gehen, das ist in meinem Land gefährlich. Ich bin 2015 nach meinem Medizinstudium nach Deutschland gekommen, weil es in Kolumbien schwierig ist, eine Facharztstelle zu bekommen. Außerdem muss man dafür viel Geld bezahlen. Bis zur Anerkennung hat es zwei Jahre gedauert, auch die Sprache zu lernen war nicht einfach. Aber wenn man motiviert ist, kriegt man das hin. Die Leute in Bad Neustadt sind super mega freundlich. Am Rhön-Klinikum absolvierte ich das Scholarship und arbeite jetzt als Fachärztin. Meine Eltern sind traurig, weil sie hofften, dass ich den Facharzt mache und dann zurückkomme. Aber nun habe ich meine Familie hier gegründet und will bleiben. In meiner Heimat gibt es zu wenige Krankenhaus-Betten, die Kliniken sind oft voll. Ich bin froh, dass ich vom deutschen Gesundheitssystem profitieren kann – als Ärztin und als Patientin. Es tut ein bisschen weh, das zu sagen. Aber es ist die Wahrheit."
5. Giorgi Jashiashvili (46) aus Georgien, Oberarzt in der Kardiologie: "Ich wusste schon als Schulkind, dass in Deutschland Sauberkeit und Pünktlichkeit wichtig sind"

"Ich kam nach meinem Studium in Georgien 2005 für die Weiterbildung nach Regensburg, wo ich meine Frau, sie ist ebenfalls Ärztin, kennengelernt habe. Ich musste einige Fächer nachholen. Seit 2011 arbeite ich in Bad Neustadt in der Kardiologie. 2020 legte ich die Facharztprüfung ab, 2023 wurde ich Oberarzt. Eigentlich hatte ich nicht vor, in Deutschland zu bleiben. Aber jetzt, wo ich eine Familie mit zwei Kindern habe, ist das anders. Mit den kulturellen Unterschieden habe ich keine großen Schwierigkeiten. Ich lernte in Georgien in der Schule Deutsch, da erfuhren wir auch viel zur Kultur. So wusste ich schon als Kind, dass in Deutschland Sauberkeit und Pünktlichkeit wichtig sind."
Zunächst mal ist toll, dass diese Menschen sich hier integrieren und gute Arbeit leisten. Ohne sie würde Einiges (zumindest erst mal) nicht mehr gehen.
So einfach aus dem Ärmel schütteln lassen sich mehr Studienplätze und schließlich mehr gute Ärzte nicht. Schon gar nicht schnell.
Allerdings ist es auch nicht die Top-Lösung, dass wir (wer bezahlt denn am Ende unser Gesundheitssystem) aus all den Ländern die besten Leute mit verlockenden weil höheren Gehältern abwerben. Vermutlich fehlen gute Ärzte den dortigen Gesundheitssystemen noch mehr, als sie uns fehlen würden.
"Erkaufen" wir unsere Versorgung und letztendlich Gesundheit damit nicht auf Kosten der Menschen in anderen Ländern ? Zumindest ein Stück weit ?
Und macht uns das wenn man zu Ende denkt, mitverantwortlich am Fortbestehen von Leid und Elend anderswo ?
Wie denken die Menschen oder Regierungen dort wohl über uns, wenn wir so handeln und das auch noch gut finden ?
Schwierig.
Das nennt man einen gelungenen Fachkräftezuzug!
Danke und schön, daß Sie hier sind.