
Seit 13. Mai wird Bad Neustadts Ortsdurchfahrt beginnend an der BayWa-Kreuzung bis einschließlich Affenberg-Kreuzung saniert. Diesen Freitag, 13. Dezember, wird die Strecke voraussichtlich wieder für den Verkehr freigegeben – vorausgesetzt das Wetter spielt mit und am Donnerstag kann markiert werden. Diese Redaktion hat Unterhaltsames rund um die Großbaustelle zusammengetragen: 7 Monate, 7 Anekdoten.
1. Placebo-Effekt? Beobachtungen zum Rückstau an der Finanzamts-Kreuzung

Den Placebo-Effekt gibt es offenbar auch im Straßenverkehr: Zu Beginn der Großbaustelle BayWa-Kreuzung wählten viele Verkehrsteilnehmer statt der offiziellen Umleitung die Abkürzung über den Bahnhof, weshalb sich der Verkehr an der Ampel Finanzamt-Kreuzung staute.
"An den ersten beiden Tagen war das Geschrei groß, ewige Wartezeiten!", so Dietmar Kippes, Bauleiter am Staatlichen Bauamt Schweinfurt. Die Verantwortlichen entschieden, die Steuerzeiten der Ampel dennoch nicht zu verändern. "Trotzdem erreichten uns ab Mittwoch Dankes-Anrufe". Die Bürger lobten die angepassten Ampelphasen und freuten sich, dass der Verkehr "jetzt viel besser läuft".
"In der Medizin nennt man so was Placebo-Effekt", schmunzelt Kippes. In Wahrheit hatte sich nicht die Ampelphase, sondern das Verhalten der Verkehrsteilnehmer verändert. Nach drei Tagen, so Kippes, würden erfahrungsgemäß "andere Strecken genutzt" und werde "zu anderen Zeiten gefahren".
2. Auf Sand gebaut: Als unter dem Straßenmeister die Verkehrsinsel wegbrach

Dass die Sanierung der BayWa-Kreuzung nötig war, wird jeder Bad Neustädter, der die Buckelpiste kannte, bestätigen. Dass sie mancherorts "buchstäblich auf Sand gebaut" war, hatten die Verantwortlichen aber nicht erwartet.
Ein Straßenmeister bekam das am eigenen Leibe zu spüren: Eben noch stand er auf einer Verkehrsinsel, kurz darauf brachen die Steine unter ihm weg. "Was nicht auf das Gewicht des Straßenmeisters zurückzuführen war", wie Kippes betont, sondern auf die Tatsache, dass "die Bordsteine nicht mehr eingespannt waren". Durch das Salz der letzten zwanzig Jahre hatte sich der Zement ausgewaschen. Der Unterbau war reiner Sand. Am Ende wurden die Inseln erneuert, die weggekippt waren. Die übrigen habe man saniert, so Kippes.
3. Wie sich ein Über-80-Jähriger samt Auto plötzlich mitten in der Baustelle wiederfand

Prinzipiell haben die Umleitungen "einwandfrei geklappt", erklärt Kippes. Abgesehen von Verkehrsteilnehmern, "die es nicht blickten oder blicken wollten". "Die Leute sind gefahren, schlimm, kreuz und quer", erinnert sich Roland Bambach, Bauaufseher am Staatlichen Bauamt Schweinfurt. Die Sperrschilder hätten mitunter keine Rolle gespielt, auch über Fahrbahnteiler hätten sich einige Verkehrsteilnehmer hinweggesetzt.
Bambach erinnert an einen über 80-jährigen Geistlichen, der mit seinem Auto mitten in die Baustelle fuhr: "Der war fix und fertig." Letztlich habe sich der Bauleiter in das Auto des Überforderten setzen müssen, es hinaus manövriert und Mann und Auto der Umleitung folgend auf die andere Stadtseite gebracht. "Der Geistliche wollte was bezahlen", erinnert sich Bambach. Er nehme nichts, entgegnete der Bauleiter, schließlich sei er katholisch. Dann, erwiderte der Geistliche, schließe er ihn zum Dank ins Abendgebet ein.
4. Über eine zickende Bahnschranke, die einfach nicht mehr öffnete

Es war ein heißer Julitag, als sich die Bahnschranke zwischen BayWa-Kreuzung und Abzweig Industriestraße schloss und aufgrund eines technischen Defekts nicht mehr öffnete. Jeden Tag um halb elf fährt dort das Bähnchen zur Firma BSH Hausgeräte und gegen 13 Uhr zurück. Nun ging die Schranke zu und nicht mehr auf. Es war nicht das einzige Mal, dass die Schranke in den sieben Monaten zickte. An diesem Tag allerdings steckte eine Reihe von Autofahrern bei über 30 Grad in der Großbaustelle fest – bis die Polizei eintraf, ohne Wendemöglichkeit.
Der Fahrer eines Getränkelasters aber, so erzählt man sich, wusste sich zu helfen: Ob sie nicht die Absperrung ein klein wenig zur Seite rücken könnten, fragte er unschuldig Bauarbeiter am Straßenrand. Die zeigten sich offenbar erstaunlich kooperativ. Um einen Kasten Bier erleichtert, fuhr der Getränkelaster von dannen.
5. Was herrenlos in Bad Neustadts Untergrund freigelegt wurde

Auf Platz eins der Fundstücke, die herrenlos im BayWa-Kreuzungs-Untergrund auftauchten, liegen ganz klar Kabel und Leitungen, die auf keinem Plan verzeichnet waren. Oft habe laut Kippes mit "Handschachtung", also mit Schaufel vor dem Bagger, gearbeitet werden müssen, um nichts zu zerstören.
Und bei jedem neuen Fund wieder die Gretchenfrage: Wem gehört's? Selbst wenn der Besitzer eruiert werden konnte, hieß das nicht, dass man den richtigen Zuständigen vor Ort bekam. Hatte man Vodafone-Telefon an der BayWa-Kreuzung, wäre Vodafone-Fernsehen der richtige Adressat gewesen. Immer wieder musste improvisiert werden, so Kippes. Wie an der BayWa-Mauer, als eine funktionstüchtige, aber herrenlose Steckdose gefunden wurde: Anfragen bei der BayWa, bei der Tankstelle – der Besitzer blieb unbekannt. "Aber die Mauer musste weg", berichten Kippes und Bambach. Die Lösung? "Rausgerissen, fertig, hat sich keiner beschwert!"
6. Und keiner hält sich dran! Ausreden rund um die missachtetet Einbahnstraße

"Ich war in Frankreich im Urlaub, ich hab' das nicht mitbekommen", rechtfertigte sich eine Dame. Die Ausreden derer, die am Bad Neustädter Bahnhof Höhe Güterhalle das Durchfahrtsverbot während der ersten drei Bauphasen der BayWa-Kreuzung ignorierten, waren vielfältig. Wer bei einer Kontrolle in der Quasi-Einbahnstraße erwischt wurde, musste 50 Euro Verwarnungsgeld berappen.
Hätte man am Bahnhof rund um die Uhr vier Polizisten abgestellt, Gerd Jahrsdörfer, Sachbearbeiter Verkehr bei der Polizei, ist überzeugt, man hätte "mehr Geld eingenommen als das gekostet hätte". Doch Ziel der Polizei sei es nicht, Einnahmen zu generieren, sondern "Sicherheit". Weshalb in sieben Monaten "nur" 115 Verwarnungen ausgesprochen wurden.
7. "In China bauen sie sowas in zwei Tagen!"- Rückmeldungen aus der Bevölkerung

"Im Nachhinein betrachtet", bewertet Kippes, sei die Baustelle "sehr gut gelaufen". Am Ende habe es wenig Beschwerden und mehr Lob als Schimpfe gegeben. Eine Vorhaltung aus den sozialen Netzwerken allerdings ist Kippes in Erinnerung geblieben: "Was machen die da an der Kreuzung ein halbes Jahr? In China bauen sie sowas in zwei Tagen!" Was er sich dabei dachte? "Warum bewerben sich diese Fachleute nicht bei der Firma Stolz, dann hätte der Fachkräftemangel ein Ende!"