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Bad Neustadt
Verbot der Durchfahrt– und keiner hält sich dran? Wie Falschfahrer in Bad Neustadt die Verkehrsordnung ignorieren
Seit der Sanierung der BayWa-Kreuzung nutzen viele Autofahrer die Ausweichroute Bahnhof. Dort in falscher Richtung unterwegs zu sein, kann jedoch teuer werden.
Die Polizei Bad Neustadt (im Bild Sachbearbeiter Verkehr Gerd Jahrsdörfer) kontrollierte vergangene Woche Autofahrer auf Höhe des Bahnhofs. Viele fuhren 
Foto: Ines Renninger | Die Polizei Bad Neustadt (im Bild Sachbearbeiter Verkehr Gerd Jahrsdörfer) kontrollierte vergangene Woche Autofahrer auf Höhe des Bahnhofs. Viele fuhren 
Ines Renninger
 |  aktualisiert: 01.07.2024 02:37 Uhr

Manche Menschen sehen Dinge, die es nicht gibt. Wieder andere übersehen das Offensichtliche: Rot und rund prangt aktuell ein "Durchfahrt verboten"-Schild vor dem Lupp-Gebäude in der Siemensstraße am ehemaligen Güterbahnhof Bad Neustadt. Seit Beginn der Sanierung der BayWa-Kreuzung vor sechs Wochen steht es da. Zweimal wird das Durchfahrtsverbot ab der Finanzamts-Kreuzung vorangekündigt. Doch de facto könnten die Schilder auch unsichtbar sein. Denn zahlreiche Verkehrsteilnehmer ignorieren sie und fahren nichtsdestotrotz weiter.

Aus Gewohnheit? Vor Beginn der Sanierung BayWa-Kreuzung war an dieser Stelle Gegenverkehr möglich. Seit rund sechs Wochen nicht mehr. Warum wurde die Verkehrsführung verändert? Auf Höhe der ehemaligen Lagerhalle sei die Fahrbahn verengt, informierte Polizist Gerd Jahrsdörfer, Sachbearbeiter Verkehr, am Rande einer Vekehrskontrolle. Auf diesen etwa 70 Metern sollen sich keine Fahrzeuge begegnen. Zumindest nicht während der ersten drei Bauphasen der Sanierung, in denen wegen des Ausweichsverkehrs mit stark erhöhtem Verkehrsaufkommen zu rechnen ist.

Wo das Durchfahrts-Verbot gilt und wer davon ausgenommen ist

"Die Straße ist einfach nicht dafür geeignet, den Staatsstraßenverkehr aus zwei Richtungen aufzunehmen", so Jahrsdörfer weiter. "Es ist so schon gefährlich genug", ein Unfall sei bereits aktenkundig geworden: Eine Verkehrsteilnehmerin, die sich nicht an die Regelung gehalten hatte, war mit einem entgegenkommenden Bus zusammengestoßen.

Die Polizei Bad Neustadt (im Bild Markus Jessenberger) kontrollierte jüngst Verkehrsteilnehmer, die aufgrund der Baustelle an der Baywa-Kreuzung die Abkürzung über den Bahnhof wählten. Ignorierten sie das Schild 'Durchfahrt verboten', kostete sie die Ordnungswidrigkeit 50 Euro.
Foto: Ines Renninger | Die Polizei Bad Neustadt (im Bild Markus Jessenberger) kontrollierte jüngst Verkehrsteilnehmer, die aufgrund der Baustelle an der Baywa-Kreuzung die Abkürzung über den Bahnhof wählten.

Linienbusse übrigens dürfen dort per Ausnahmegehemigung nach wie vor in beide Richtungen fahren. "Unter besonderer Vorsicht und Rücksicht", wie Jahrsdörfer ergänzend anfügte. Anders hätten die Fahrpläne nicht eingehalten werden können. Was er außerdem betonte: Das Durchfahrtsverbot, im Volksmund kurzerhand Einbahnstraßen-Regelung, gelte nur im Bereich der 70 Meter langen Engstelle. Die Siemensianer, die im Anschluss an die Güterhalle parken, dürften ihre Parkplätze durchaus Richtung Herschfelder Kreisel fahrend verlassen.

Unterwegs entgegen der Einbahnstraße: 25 Falschfahrer in weniger als einer Stunde

"Man müsste eine Blitzanlage dauerhaft aufstellen, da wäre die Kasse schnell gefüllt", schrieb ein Bad Neustädter jüngst in den sozialen Netzwerken, angesichts der Tatsache, dass offenbar niemand tut, was in der Siemensstraße angezeigt ist. Wofür, fragt ein anderer, "gibt es eine Straßenverkehrsordnung, wenn jeder macht, was er will"? 

Bei der offiziellen Polizeikontrolle, die Jahrsdörfer, kürzlich verantwortete, bilanzierte der Bad Neustädter Polizist 25 Falschfahrer in weniger als einer Stunde. All jene nicht mitgerechnet, die von entgegenkommenden Autofahrern vor der Kontrolle vorgewarnt rechtzeitig wendeten. Ein Phänomen, das Jahrsdörfers Kollegen, Verkehrspolizist Markus Jessenberger, immer wieder erstaunt: "Feuerrote Schilder, die sich wie Stoppschilder darstellen, werden dreimal nicht gesehen. Aber einmal Lichthupe bei Tageslicht, das wird gesehen."

Warum die Regelung ignoriert wird: Diese Gründe machten die "Erwischten" geltend

"Tu ich was Verbotenes?", fragte ein Mann, der in die Kontrolle geriet. "Ich war in Frankreich im Urlaub, ich hab' das nicht mitbekommen", rechtfertigte sich eine Dame. Am Ende mussten beide,wie die anderen "Erwischten" auch, 50 Euro Verwarnungsgeld berappen. "Ich hatte schon so Bedenken: Soll ich fahren, oder nicht?", räumte eine weitere Falschfahrerin ein. "Gutes Teufelchen, böses Teufelchen?", ließ sich die Polizisten auf die Unterhaltung ein. "Ja, leider, leider!" - die Frau zahlte am Ende immerhin mit Lächeln im Gesicht.

Derartige Kontrollen, stellten Jessenberger und Jahrsdörfer klar, seien auch für die Beamten "nichts Erfreuliches". Bevor man sie durchführe, sei viel Energie ins Thema Öffentlichkeitsarbeit und in die Information der Bevölkerung geflossen. Die ersten Tage hätten sie zudem erst einmal nur mündlich verwarnt. Inzwischen sei die Polizei aber zu punktuelle Kontrollen mit Verwarnungsgeld übergegangen.

Durchfahrt verboten missachtet: So viel kostet die Verkehrssünder ihr Vergehen

Zwei Polizeistreifen hatten an besagtem Kontroll-Vormittag gut zu tun. Denn kam ein Falschfahrer, folgten oft zwei, drei weitere auf dem Fuß. "Was der andere macht, mache ich auch. Das wird schon passen", erläuterte Jahrsdörfer die Denke dahinter.

Jessenberger führt die Ignoranz für die Verkehrsregelung vor allem auf die "Bequemlichkeit" vieler Bürger zurück, "gepaart mit dem Motto: Ich werd' schon nicht erwischt werden." Persönlich könne er das nicht nachvollziehen: "Mir wäre das keine 50 Euro wert." Werde man bei zehn Durchfahrten nur ein Mal erwischt, koste jede Durchfahrt schließlich immer noch 5 Euro. 

Menschliche Entscheidung: Warum eine Frau durchgelassen wurde, ohne zu bezahlen

Der Wunsch zur Sanierung der BayWa-Kreuzung sei zudem aus der Bevölkerung gekommen: "Wir wollen keine Skisprungpiste Oberhof mehr haben, wir wollen eine sanierte Kreuzung." Das bringe nun einmal vorübergehende Unannehmlichkeiten mit sich. Die träfen aber eben alle gleichermaßen.

Erlassen haben Bad Neustadts Polizisten an diesem Kontroll-Tag das Bußgeld übrigens genau einer einzigen Frau. Die Dame arbeite nachweislich in einem Geschäft in der Nähe des Bahnhofs, so Jahrsdörfer. Der Kindergarten hatte sie angerufen: Ihr Kind sei verletzt. Dass sie in diesem Fall die Abkürzung wählte, war für die Polizei Bad Neustadt mehr als nachvollziehbar.

 
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  • Thomas Lindenberg
    Ja, zu Stoßzeiten, wenn sich die Autos wirklich bis hinter den Bahnhof zurückstauen, ist es leichtsinnig und rücksichtslos, gegen die erlaubte Richtung durchzufahren.
    Aber außerhalb der Stoßzeiten sind die Verkehrsverhältnisse auch kaum anders, als vor Sperrung der BayWa-Kreuzung. Deshalb meine Anregung: Weißes, rechteckiges Schild unter das Schild Durchfahrtverbot mit der Aufschrift "6 bis 18 Uhr" oder "7 bis 17 Uhr"
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  • Klaus - Peter Eschenbach
    Ich behaupte mal das die 25 Verkehrsteilnehmer, die bei einer Kontrolle erwischt wurden, nur ein Bruchteil dessen sind was wirklich in einer Stunde sich NICHT an das Durchfahrtverbot hält. Zu Stoßzeiten sind es locker doppelt so viele die das Schild Durchfahrtverbot ignorieren. Die Wahrscheinlichkeit das etwas passiert ist ja auch verschwindend gering. Wenn eine Verkehrsregelung getroffen wird, sollte sie auch überprüft werden. Ansonsten kann man es bei alten Regelungen belassen. 50 Euro stören heute zudem niemanden mehr.
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  • Gerhard Zwierlein
    ne Frage am Rande: wie viele Unfälle sind denn dort seit Einbahnverkehr angeordnet wurde durch solche Verkehrssünder passiert? Ich frage deshalb, weil ja eigentlich bei soviel Gegenverkehr es doch täglich krachen müsste! Die Engstelle ist schon immer ein Witz. Fast so wie die 20km für die Bahn, die nie fährt. Eigentlich hätte man die Engstelle beseitigen müssen und das Lupp-Gebäude einreißen müssen, als es zum Verkauf stand. Aber da hat wohl jemand geschlafen. Es ist doch sicherlich nicht schwer, den Falschfahrern einen grellen Lichthupenblitz entgegen zu stellen oder einfach eine ROTE Ampel. Da bin ich mir sicher. Da fährt keiner drüber!
    -- die Dramatisierung dieses Thema halte ich für unangebracht. Am derzeitigen Neuschter Verkehrschaos haben diese "Einbahnstraßen-Sünder" keine Schuld. Es ist halt Baustelle und die Baywa-Kreuzung ist halt die wichtigste Kreuzung unserer Kreisstadt. Man kanns auch ironisch positiv sehen: Staus wie in der Großstadt! Hoffentlich ists bald rum.
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  • Stefan Krug
    macht aus den 50€ Verwarngeld 500€
    und im Wiederholungsfall 1500€
    der Mensch lernt nur durch Schmerz
    es muss erst weh tun bevor sich was ändert
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  • Martin Hofgesang
    Es wird einfach ausgenutzt, das zu wenig kontrolliert wird. Nicht nur hier im Übrigen sondern generell, denn das Problem der bewussten Missachtung von Durchfahrtsverboten zieht sich durch sämtliche Baustellen der letzten Zeit. Sei es die B279-Baustelle Richtung Bischofsheim oder die Ampelbaustelle in Herschfeld.
    Vielleicht ist ja doch die Ahndung per Blitzer des Rätsels Lösung?
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