Das Wort "Blackout" ist derzeit in aller Munde. Und auch wenn Expertinnen und Experten die Wahrscheinlichkeit eines längeren, flächendeckenden Stromausfalls aufgrund der aktuellen Energiekrise hierzulande als gering einschätzen und vor Panikmache warnen, machen sich immer mehr Kommunen, Städte und Landkreise Gedanken über eine Stromversorgung im Notfall.
Auch Gemeinden im Landkreis Main-Spessart beschäftigen sich derzeit mit dem Thema, etwa Zellingen und Partenstein. Hier sprach der Gemeinderat über die Versorgung der kritischen Infrastruktur im Falle eines längeren Stromausfalls. Es ging etwa um den Einsatz von Notstromaggregaten. Damit Wasser aus dem Hahn kommt und Abwasser gereinigt wird, wären allein für eine Woche einige Tausend Liter Diesel nötig. Hinzu kommt: Notstromaggregate sind aktuell kaum zu bekommen. Welche Vorkehrungen treffen andere Kommunen und Einrichtungen in der Region?
Landratsamt Main-Spessart: Koordinierungsgruppe trifft bereits Vorkehrungen
Als Katastrophenschutzbehörde ist das Landratsamt Main-Spessart bei einem Blackout federführend zuständig. "Um auf eine mögliche Energieknappheit bestmöglich vorbereitet zu sein, hat Landrätin Sabine Sitter bereits im Juli die Koordinierungsgruppe Energieversorgung einberufen", teilt Markus Rill, Pressesprecher des Landratsamtes, mit. Mitglieder sind etwa Vertreter der Behörde, Fachberater der Blaulichtorganisationen und der örtlichen Netzbetreiber oder das Klinikum. "Auch steht das Landratsamt in engem Austausch mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern."
Bei regelmäßigen Treffen würden Maßnahmen besprochen und eng aufeinander abgestimmt, um auf etwaige Stromausfälle bestmöglich vorbereitet zu sein. Unter anderem seien Handlungsempfehlungen erstellt worden: hausintern, für einzelne Organisationen sowie die Kommunen. Ein bundesweiter Blackout sei derzeit unwahrscheinlich; kürzere, regional begrenzte Stromausfälle könnten dagegen ab und zu vorkommen. Die Planungen und das Vorgehen hierfür seien generell erprobt und erfolgen in Absprache mit Feuerwehr, THW, Roten Kreuz und Polizei. Sie seien aktuell konkret auf den kommenden Winter angepasst.
Dauert ein Stromausfall mindestens zehn Minuten, würden in dem betreffenden Gebiet die Feuerwehrhäuser als "Leuchttürme" besetzt, um die schnelle Einsatzfähigkeit sicherzustellen. Rill: "Sollte bei einem Stromausfall die Telefonie ausfallen, ist so sichergestellt, dass die Bürger über das örtliche Feuerwehrhaus Notrufe absetzen können."
Auch die Betankung der landkreiseigenen Fahrzeuge durch mobile Tankstellen sei sichergestellt, etwa für den Winterdienst. In wesentlichen Einrichtungen der Infrastruktur gebe es eine Notstromversorgung. Bei einem längeren Stromausfall, etwa über zwei Stunden, würden die Gemeinden vor Ort eine Anlaufstelle zur Information der Bevölkerung einrichten, so Rill.
Wer besonderen medizinischen Hilfsbedarf hat, sollte nach Empfehlung des Landratsamtes Rücksprache mit seinem Arzt halten und Vorsorge für einen möglichen Stromausfall treffen. "Allgemein appellieren wir an die Notfallvorsorge jedes Einzelnen." Das Landratsamt werde die Bürgerinnen und Bürger in Main-Spessart zeitnah mit konkreten Informationen ausstatten. In Karlstadt-Karlburg soll zudem ein Katastrophenschutzzentrum entstehen.
Klinikum Main-Spessart in Lohr: Bei einem Blackout Strom für bis zu sieben Tage
"Das Klinikum Main-Spessart ist als wesentlicher Teil der Gesundheitsversorgung im Landkreis mit Notstrom versorgt, um die medizinische (Not-)Versorgung der Bevölkerung auch während Stromausfällen zu gewährleisten", teilt Sprecherin Anja Hildenbrand auf Nachfrage dieser Redaktion mit. Jeden Monat würden vorgeschriebene Notstromtests des Netzersatzaggregates (NEA) durchgeführt, um die Funktionsfähigkeit sicherzustellen.
Im Falle eines Blackouts müsse gewährleistet sein, dass der Krankenhausbetrieb für 24 Stunden weiterläuft. "Der Tank unseres Netzersatzaggregats ermöglicht es sogar, Strom für voraussichtlich fünf bis sieben Tage zu produzieren", so Hildenbrand. Unter Umständen könne in dieser Zeit auch nachgetankt werden. "Einen kompletten 'Schwarztest' (Blackout) haben wir kürzlich erfolgreich durchgeführt. Daher sind wir auf etwaige Unterbrechungen in der Energieversorgung gut vorbereitet."
Stadt Karlstadt: Trinkwassermenge in den Hochbehältern reicht für circa zwei Tage
Uli Heck, geschäftsführender Beamter der Stadt Karlstadt, plädiert dafür, aktuell auf die Bevölkerung eher beruhigend einzuwirken. Dennoch sollten im Hintergrund notwendige Maßnahmen in die Wege geleitet werden. In Karlstadt gebe es bereits einen Krisenstab, zu dem aktuell auch der Leiter der Stadtwerke gehöre. "Bürgerinnen und Bürger können sich im Bedarfsfall an die Stadtverwaltung wenden", so Heck.
Für die Notfallanlaufstellen – "Leuchttürme" – wurden und werden in Karlstadt laut Heck die notwendigen Kapazitäten der Stromaggregate ermittelt. Zunächst werden das Feuerwehrgerätehaus sowie der Bauhof damit ausgestattet. Die neuen Feuerwehrhäuser seien für die externe Stromeinspeisung vorgesehen. Im Bedarfsfall könnte so ein Teil der erforderlichen Leistung abgedeckt werden. Durch das Kraftstofflager im städtischen Bauhof sei eine Grundversorgung von Feuerwehr, städtischem Bauhof und Stadtwerken für rund 72 Stunden gewährleistet.
Und wie sieht es beim Thema Trinkwasser aus? "Die Stadtwerke haben mittlerweile zehn Notstromaggregate in verschiedenen Größen angeschafft", so Heck. Die Trinkwassermenge in den Hochbehältern reiche grundsätzlich für circa zwei Tage. Beim Thema Wassertransport stünden die Stadtwerke in Kontakt mit einer Firma. Zudem werde derzeit überlegt, einen großen Wassertank sowie kleinere Container anzuschaffen.
Auch zum Thema Abwasser äußert sich der geschäftsführende Beamte: Demnach befinden sich auf der Karlstadter Kläranlage drei Photovoltaikanlagen (PV-Anlage) und ein Blockheizkraftwerk, das mit Klärgas betrieben wird. So werde die Grundversorgung gewährleistet. Für die Bewirtschaftung der Kläranlage Wiesenfeld und der Abwasserpumpwerke seien aber mobile Notstromaggregate nötig. "Grundsätzlich muss klar sein, dass in solch einem Fall nicht die bisher gewohnte Palette an Serviceleistungen erbracht werden kann", so Heck.
Stadt Gemünden: Abwasserableitung ist für geraume Zeit ohne Strom möglich
Gemünden hat bereits im Zuge der Corona-Krise einen Krisenstab eingerichtet. Für einen möglichen Blackout seien Vorkehrungen und Ablaufszenarien vorbereitet worden, teilt Bürgermeister Jürgen Lippert mit. "Es gibt Ersatzanlagen für Strom und diese sind auch ständig verfügbar. Inwieweit die Kapazitäten ausreichend sind, ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig." Für Informationen im Ernstfall könnten sich die Gemündener direkt ans Rathaus wenden.
Die Wasserversorgung ist nach Angaben der Stadtwerke auch ohne hinreichende Ersatzstromeinrichtung für eine geraume Zeit sichergestellt. Aufgrund der Einwohnerzahl könne Gemünden nicht dauerhaft über Tankfahrzeuge versorgt werden. Allerdings gebe es Regelungen mit einem externen Dienstleister. Auch die Abwasserableitung sei für geraume Zeit ohne Strom sichergestellt. Kraftstoffreserven für die "Wahrnehmung der städtischen Aufgaben" seien angelegt worden, so Lippert.
Stadt Marktheidenfeld: Mobile Sirenenanlage zur Warnung der Bevölkerung
Die Stadt Marktheidenfeld baut aktuell einen Krisenstab auf. Für die Wasserversorgung seien vor kurzem fünf mobile Stromaggregate beschafft worden. Im Falle eines längeren Ausfalls könnten damit die wichtigsten Anlagen wie Brunnen und Pumpenanlagen betrieben werden. "So sind wir in der Lage, die Bevölkerung in der Kernstadt und den Stadtteilen weiterhin mit Trinkwasser zu versorgen."
Aktuell würden zudem die Sirenen im Stadtgebiet, die überwiegend noch aus den 60er Jahren stammen, durch neue ersetzt. Diese seien mit Akkus ausgestattet. "Zusätzlich wurde im vergangenen Jahr eine mobile Sirenenanlage beschafft, die bei Bedarf auf ein Fahrzeug montiert werden kann und mit der dann auch Durchsagen zur Warnung der Bevölkerung möglich sind", so Meier. Der Funkverkehr von Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr werde über eigene Funkmasten abgewickelt. Diese seien für eine gewisse Zeit gepuffert.
Bei einem Stromausfall wird in Marktheidenfeld kein Abwasser gepumpt. Es könne jedoch bis zu 24 Stunden in den Pumpwerken gespeichert werden. "Die Kläranlage selbst kann über ein Notstromaggregat einen Notbetrieb aufrechterhalten." Mobile Heizungen für öffentliche Gebäude gebe es nicht, jedoch eine eigene Tankstelle in der neuen Feuerwache. Anlaufpunkte für die Bevölkerung im Notfall sind die Feuerwehrhäuser. "Von hier aus kann über die Funkgeräte Hilfe angefordert werden."
Stadt Lohr: Trinkwasserversorgung der Innenstadt und Kliniken ist abgesichert
Laut Dieter Daus, geschäftsleitender Beamter der Stadt Lohr, hat die Stadtverwaltung auch hier einen Krisenstab eingerichtet. "Er erarbeitet einen Notfallplan, um die Bevölkerung über einen längeren Stromausfall zu informieren und bei einer Gefahrenlage die Katastrophenschutzbehörde, die Blaulichtorganisationen und die Versorgungsunternehmen zu unterstützen."
Der Bauhof verfüge über zwei Notstromaggregate, die auch den Betrieb der dortigen Tankstelle für das Notfalleinsatzteam gewährleiste. Auch die Feuerwehren im Stadtgebiet seien "selbstverständlich" auf verschiedene Gefahrenlagen vorbereitet. Die Einsatzkräfte würden etwa über Funk miteinander kommunizieren. In verschiedenen öffentlichen Einrichtungen könnten zudem Wärmeinseln eingerichtet werden.
Und auch die Trinkwasserversorgung der Lohrer Innenstadt und Kliniken sei abgesichert, die Abwasserreinigung "problemlos möglich". Bei einem Stromausfall falle die Wasserversorgung nicht sofort aus, da sie "im freien Gefälle in die Versorgungsgebiete funktioniert und in den Hochbehältern eine ausreichende Menge Trinkwasser bevorratet ist". Die Lohrerinnen und Lohrer müssten bei einem Stromausfall also nicht sofort beginnen, Vorräte anzulegen.
Beruhigend dass dieses Thema so umfassend und systematisch angegangen wird!
Ich jedenfalls halte auch flächendeckende Stromausfälle für denkbar.
Hier eine qualifizierte Aussage:
„Einen Blackout, wie er derzeit von politischer Seite aber auch über die Medien kommuniziert wird, ist "reine Panikmache", sagt Ansgar Hinz, Vorstand der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. Gruppe (VDE).“
Ja.