Die Energiekrise bestimmt derzeit die Schlagzeilen. In diesem Zusammenhang wird unter anderem von der möglichen Gefahr eines flächendeckenden und langanhaltenden Stromausfalls gesprochen. Auch Städte und Gemeinden im Landkreis Main-Spessart machen sich derzeit Gedanken über Maßnahmen für einen solchen Notfall. Doch wie ernst ist die Lage überhaupt? Marek Zelezny, Geschäftsführer der Energieversorgung Lohr-Karlstadt, und Niklas Müller, Leiter Netze, geben im Interview ein Stück weit Entwarnung. Das Unternehmen versorgt rund 24.000 Menschen in der Region mit Strom.
Marek Zelezny: Ich habe noch niemanden getroffen, der die Wahrscheinlichkeit als hoch einschätzt. Wir schließen uns da an. Ich gehe von einem geregelten Winter aus und würde dazu aufrufen, Ruhe zu bewahren.
Zelezny: Das stimmt, auch wir haben derzeit mehr Sitzungen und Abstimmungen. Das ist intensiver geworden. Wir bemerken allerdings, dass dadurch das Verständnis füreinander deutlich gestiegen ist. Mein Eindruck ist: Es tut uns gut, das Ganze gründlich durchzudenken, um vorbereitet zu sein. Glücklicherweise ist die Zusammenarbeit unter den Netzbetreibern sehr gut. Bei der Flutkatastrophe im Ahrtal hat die Versorgung mit Notstrom zum Beispiel verhältnismäßig schnell funktioniert. Das gibt mir Zuversicht, dass wir auch mit unerwarteten Ereignissen zurechtkommen.
Zelezny: Aufgrund des europäischen Verbundnetzes ist die Netzfrequenz der wesentliche Indikator für die gesamte Netzstabilität. Die überregionale Gefahr eines Blackouts wird durch zahlreiche Maßnahmen und die Zusammenarbeit der Netzbetreiber grundsätzlich gering gehalten. Lokale Stromausfälle, etwa durch eine Überlastung aufgrund eines stark erhöhten und gleichzeitigen Einsatzes von zum Beispiel Heizlüftern, können wir aber nicht grundsätzlich ausschließen. Das betrifft dann allerdings nur einzelne Straßenzüge, die Versorgung kann hier zügig wiederhergestellt werden.
Zelezny: In den letzten Jahren gab es bis auf einzelne kleine Versorgungsunterbrechungen keine größeren oder länger andauernden Stromausfälle. Punktuelle lokale Ausfälle sind jedoch unser tägliches Geschäft, zum Beispiel aufgrund von Materialfehlern.
Zelezny: Wichtig ist, dass die Maßnahmen mit dem Landkreis abgestimmt sind. Wir versuchen das zu begleiten und sind in die entsprechenden Gremien mit eingebunden. Im Krisenfall extrem wichtig sind funktionierende Kommunikationsmittel und -kanäle: Diese sollten aufrechterhalten oder aufgebaut werden. Wir können im Unternehmen sowohl über Mobilfunk als auch über unseren Betriebsfunk kommunizieren. Letzterer deckt die komplette Fläche ab, die wir versorgen, und wird über eine Notsromversorgung sichergestellt. Es ist aber auch wichtig, dass andere Organe auf lokaler oder Landkreisebene entsprechende Kanäle vorhalten.
Niklas Müller: Wir haben intern eine Krisenorganisation definiert, die im Fall der Fälle aktiviert wird. Das betrifft aber nicht nur einen möglichen Blackout, sondern zum Beispiel auch eine drohende Gasmangellage. Hier greifen dieselben Strukturen, die es allerdings nicht erst seit einigen Monaten, sondern seit Jahren gibt. Die Abläufe und Verantwortlichkeiten sind klar definiert. Alle zwei bis vier Wochen finden derzeit Treffen mit dem Landratsamt und den Blaulichtorganisationen statt.
Müller: Wir halten entsprechend Notstromversorgung und Netzersatzanlagen vor, die punktuell zum Einsatz kommen können, haben mehrere Kommunikationskanäle und ausreichend Netzmaterialien. Zusätzlich haben wir Kraftstoffvorräte, um bei der Treibstoffversorgung für eine gewisse Zeit unabhängig zu sein. Sollte dann im Notfall eine Tankstelle benötigt werden, ist jedoch ein Miteinander der verschiedenen Organisationen wichtig. Wir haben zudem die Möglichkeit, in unseren Krisenräumen zu arbeiten.