Seit Herbst letzten Jahres ist der erste von drei Bauabschnitten im Uettinger Ortskern abgeschlossen. Nachdem schon Bewohner in die neuen Wohnungen eingezogen sind, können jetzt auch die Geschäfte eine erste Bilanz ziehen. Wir blicken hinter die Kulissen – was zieht der Architekt für ein Resümee, was hat die Menschen dazu bewegt, mit ihren Läden Teil des Projekts zu werden? Haben sie es bereut?
1. René Boyd, Schönmachbar
"Eigentlich bin ich ein Gastrokind", sagt René Boyd, der im November mit seiner "Schönmachbar" in die Neue Mitte eingezogen ist. Dort tätowiert er, bietet kosmetische Behandlungen und Permanent-Makeup an. Boyd hat sich mit seinem Laden einen Traum erfüllt. Er wollte immer etwas Eigenes haben, sein eigener Chef sein. "Ich bin super glücklich", sagt er zu seiner Entscheidung, Teil der Neuen Mitte zu werden. Momentan hat Boyd wenige Kunden aus Uettingen und mehr Stammkundschaft, teilweise auch aus Hamburg oder Berlin. Kritik an dem Projekt und der Lage hat er nicht, bloß werbetechnisch könnte man etwas verbessern. "Ein Schild vorne an der Straße wäre gut, da fahren täglich tausende Autos vorbei".
2. Christina Rössler, Aurum Kosmetik
Nach über sechs Jahren hat Christina Rössler ihr Studio von Höchberg nach Uettingen verlegt, im Februar ging es so richtig los. Sie bietet kosmetische Behandlungen mit Aloe Vera an. Rössler arbeitet im Laden alleine. Sie sagt, sie hat ein gutes Gefühl mit dem neuen Standort. Die Neue Mitte ist eine "süße, kleine Ecke" und auch ihre Kunden würden es dort schön finden. Dass sie jetzt hier sei, habe sich einfach so ergeben, als hätte es sein sollen. Die Rossbrunnerin wusste schon mit vierzehn Jahren, dass sie später mal beruflich in die kosmetische Richtung gehen möchte. Momentan hat sie vor allem Stammkundschaft. "Ich wünsche mir, dass der Laden auch von den Uettingern gut angenommen wird", sagt Rössler.
3. Dr. Benjamin Stitz, Arztpraxis
Der Facharzt für Allgemeinmedizin und für Innere Medizin Dr. Benjamin Stitz ist erst im November mit seiner Praxis weg vom Hopfengarten in die Neue Mitte gezogen. Seine alte Praxis sei schon vierzig Jahre alt gewesen, da wäre es mal Zeit für Neues. Seine Patienten und Patientinnen haben den Umzug nicht als Problem wahrgenommen, im Gegenteil: "Wir haben sehr positive Rückmeldungen. Wir sind ja jetzt viel zentraler, für die Mehrheit sind die Wege kürzer", erzählt Stitz. Er selbst findet das Konzept sehr gelungen: "Abreißen kann jeder, aber einen alten Bullenstall umbauen?" Auch für ihn persönlich war das Projekt ein Glücksfall. Er sagt: "Nachteile fallen mir keine ein. Ich würde die Entscheidung jederzeit wieder treffen".
4. Adem Assari, Café Anna
Adem Assari ist nicht neu im Geschäft: Zusammen mit seinem Sohn Deniz führt er schon seit sechs Jahren das Café Anna in der Würzburger Kaiserstraße. Seit dem 1. März kann man in Uettingen in seinem Café Eis, Burger und Kuchen essen. Seiner Erfahrung nach kämen nach einer Eröffnung meistens erst viele Leute und dann schlagartig weniger, in Uettingen aber würde es immer mehr werden, so Assari. Ihm ist gute Nachbarschaft wichtig, er schätzt den offenen Umgang mit den anderen Geschäften und Anwohnern in der Neuen Mitte. Assari freut sich, wenn er mit Menschen in Kontakt kommt. Wenn sich alles eingespielt hat, will er einen Tisch zum Schachspielen aufstellen – das spielt er nämlich selber gerne.
5. Silvia Schwalb-Fischer, Keramik
Eigentlich ist Silvia Schwalb-Fischer kaufmännische Leitung beim Architektenbüro Archicult, welches für das Projekt der Neuen Mitte zuständig ist. Zusätzlich dazu hat sie aber auch ein kleines Atelier, in dem sie ihre eigene Keramik herstellt, verkauft und Töpferkurse anbietet. Sie empfindet das Projekt als durchweg positiv. Alle hätten sich gesucht und gefunden. "Im Winter war ich öfter hier als zu Hause", lacht Schwalb-Fischer. Sie hätte nicht gedacht, dass das Projekt so angenommen wird und sich so schnell eine Gemeinschaft entwickelt. "Das ist echt eine Bereicherung für Uettingen", schwärmt sie.
6. Markus Pöschl, Stützpunkt für Gesundheit
Es war schon länger geplant, dass seine Praxis größer werden sollte, sagt der Physiotherapeut Markus Pöschl. Seit Anfang des Jahres ist er in Uettingens neuem Dorfkern und ist zufrieden. "Es ist eine tolle Sache und alles sehr zentral", findet Pöschl. Auch ältere Generationen könnten so noch selbst zum Arzt, zur Physiotherapie oder ein Eis essen. Probleme mit seiner Patientenschaft habe er nicht, es gäbe überall mehr Patienten als Therapeuten, so Pöschl. "Ohne Personal ist es aber schwer möglich, Patienten schnell Termine anzubieten", erklärt der Therapeut. Auch er suche nach Mitarbeitern. In Zukunft würde er gerne ein Gesundheitszentrum oder eine Praxisgemeinschaft aufbauen, wo noch Ergotherapie, Logopädie oder auch andere Heilberufe einen Platz finden könnten.
7. Roland Breunig, Archicult
Roland Breunig ist mit seiner Firma Archicult verantwortlich für den Umbau der Uettinger Dorfmitte. "Die Neue Mitte ist das Herzstück des ganzen Projekts", so Breunig. Seine Grundidee: Leerstände in Dörfern wiederbeleben. Er sagt, dass ihn am Anfang alle für seine Idee für verrückt erklärt hätten. Jetzt sei er total zufrieden: "Ich war mir nicht sicher, ob wir für die Läden und das Café so schnell Mieter finden, aber dann war alles fertig und die Mieter waren drin". Breunig ist begeistert davon, wie die Neue Mitte angenommen wird, obwohl ja noch zwei Bauabschnitte fehlen. Er hofft, dass das Projekt auch langfristig funktioniert und sich die Bewohner des künftigen Seniorenheims gut integrieren können.