
Das Fehlen von Fachkräften ist in Deutschland allgegenwärtig und macht vor dem Berufsstand der Physiotherapeuten nicht halt. Der akute Mangel wird auch in den Praxen von Markus Pöschl (Uettingen) und Christian Schneider (Waldbüttelbrunn) deutlich. Zeitnah Termine zu vergeben wird immer schwieriger. Lange Wartezeiten, unbesetzte Stellen, fehlende Kapazitäten und eine massive Arbeitsverdichtung für Physiotherapeuten bestimmen das Bild.
"Ein Arbeitstag kann schon mal elf bis zwölf Stunden dauern", erzählt Markus Pöschl (30). Es geht nicht nur um die Termine. Auch die Flut der Bürokratie muss bewältigt werden. Zeit, die er gerne für seine Patienten investieren würde. Wie sein Kollege Christian Schneider (52) ist auch er seit Jahren auf der Suche nach weiteren Mitarbeitern. Erfolglos. Egal, ob über Anzeigen und Flyer oder in den Sozialen Medien. Christian Schneider, der seit 15 Jahren eine Praxis in Mädelhofen führt, sieht nicht nur die bis vor kurzem kostenpflichtige Ausbildung als Problem, sondern auch die Bezahlung durch die Krankenkassen.
Die AOK Bayern erläutert auf Anfrage, dass ab 1. Dezember 2021 zum Beispiel für eine 15- bis 25-minütige (X1201) Manuelle Therapie 28,92 Euro von der Krankenkasse vergütet wird. Die An- und Ausziehzeit, die der Patient im Behandlungszimmer braucht, wird der Praxis dabei nicht als Arbeitszeit vergütet.
Kostenfreie Ausbildung wirkt sich erst in Jahren aus
Unter dem Fachkräftemangel leiden die Patienten, die immer länger auf einen Termin warten müssen. Viele haben akute körperliche Beschwerden, die nicht behandelt werden können. Die Politik hat zwar mit der kostenfreien Ausbildung jetzt wichtige Weichen gestellt, greifen wird dies aber erst in drei bis vier Jahren, schätzt Pöschl. Zu spät für viele Patienten.
Ein vom Arzt ausgestelltes Rezept für eine Behandlung bei einem Physiotherapeuten muss binnen 28 Tagen eingelöst werden. Die durchschnittliche Wartezeit bei Praxen beträgt fünf bis sechs Wochen. Die Patienten sind deshalb oft gezwungen, weite Fahrstrecken auf sich zu nehmen, um zeitnah mit der Therapie beginnen zu können. Bei vielen Verletzungen kann die Mobilität durch den Physiotherapeuten durch gezielte Behandlungen zurückgewonnen werden.

Fünf Jahre lang war die Praxis "Stützpunkt für Gesundheit, Physiotherapie" von Markus Pöschl in Greußenheim ansässig. Jetzt hat der 3o-jährige Therapeut in Uettingen eine Zweigstelle in seinem Wohnhaus eröffnet. Dort arbeitet er ganzheitlich, bietet auch Kältetherapie: Bei minus 110 Grad Celsius kann Kälte gesundheitliche Beschwerden lindern und die Heilung unterstützen. Anfang 2022 will Pöschl zusätzliche Räume in der "Neuen Uettinger Mitte" eröffnen. Die Räume werden gerade gebaut und eingerichtet, es braucht nur noch Fachpersonal. Womit sich der Kreis wieder schließt. Ohne zusätzliche Kräfte kann er keine zusätzlichen Patienten annehmen.
Erfahrungen aus der Fußballbundesliga
Christian Schneider lebt für seinen Beruf, auch wenn er oft am Verzweifeln ist angesichts der Bürokratie. Zu viele Steine werden den Therapeuten immer wieder in den Weg gelegt, meint er. Der 52-jährige Therapeut und Osteopath hat sich nach seiner Ausbildung in einer orthopädischen Rehaklinik in Donaustauf zuerst auf Sport und seine Krankheitsbilder spezialisiert. In Regensburg hat er beim Eishockeyclub und ein Jahr in der Fußballbundesliga beim VfL Wolfsburg hauptberuflich als physiotherapeutischer Leiter gearbeitet.
"Mein Behandlungsstil", erklärt Schneider seine Arbeit, "orientiert sich sehr stark an osteopathischen Prinzipien und ich versuche mit überwiegend manuellen Techniken den Patienten zu helfen." Er beschäftigt eine Physiotherapeutin und eine Bürokraft in Teilzeit. Mehr Personal konnte er nicht finden. Wie alle seine Berufskollegen kämpft auch er mit den Zeitvorgaben der Krankenkassen. Durch die knappe Behandlungszeit, die von den gesetzlichen Krankenkassen je nach Verordnung mit durchschnittlich 20 Minuten vorgegeben wird, sei es schwierig, dem Patienten in Form von "Training" oder" Gymnastik" erfolgreich dauerhaft und unterstützend zu helfen. Zeit aber sei wichtig. In seiner Praxis würden überwiegend orthopädische, traumatologische (Patienten nach OP, Unfall) und neurologische Krankheitsbilder (Schlaganfall, MS) behandelt, erläutert Schneider.