
In der Diskussion um eine Biosphärenregion Spessart gab es bisher vor allem zwei klare Positionen: Die Landräte von Main-Spessart, Miltenberg und Aschaffenburg sowie der Oberbürgermeister der Stadt Aschaffenburg sehen ebenso wie Naturschützer große Chancen in der Idee. Dagegen sind vor allem Holzrechtler, die eine Einschränkung ihrer Rechte fürchten.
Die Kommunen, die Flächen im jetzigen Naturpark Spessart besitzen und diese zur Verfügung stellen könnten, haben sich allerdings bislang bis auf Ausnahmen kaum geäußert. Doch ihre Haltung ist wichtig: Denn ohne ihre Beteiligung werden vermutlich nicht ausreichend Flächen zusammenkommen. Rund 5000 Hektar müsste die Kernzone betragen, sollte die Biosphärenregion wie derzeit angedacht die Fläche des jetzigen Naturparks Spessart umfassen. Allerdings eignet sich laut der Machbarkeitsstudie für diese Kernzone vor allem das Gebiet des Hochspessarts.
Laut dem Landratsamt Main-Spessart sollen die Städte und Gemeinden im nächsten Schritt detailliert informiert und ihre Position abgefragt werden. Wir haben uns im Vorfeld bei den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern umgehört. Wie schätzen sie die Stimmung in ihrer Gemeinde ein? Halten sie eine Biosphärenregion für sinnvoll? Und könnten sie sich vorstellen, Flächen zur Verfügung zu stellen?
Rechtenbacher Bürgermeister ist gegen eine Biosphärenregion

Grundsätzlich äußern sich fast alle Ortsoberhäupter noch vorsichtig, da der Großteil das Thema noch nicht öffentlich im Gemeinderat behandelt hat. Eine klare Haltung hat jedoch der Rechtenbacher Bürgermeister Christian Lang: "Ich schätze die Stimmung in unserer Gemeinde gegen ein Biosphärenreservat ein, weil schätzungsweise 90 Prozent bei uns im Ort eine Heizung mit Holz in ihrem Haus betreiben." Er fürchtet, dass die Holzrechte eingeschränkt werden könnten.
Auch persönlich hält Lang das Biosphärenreservat für kein gutes Projekt: "Mit dem Nationalpark ist es nichts geworden, jetzt braucht das Kind einen anderen Namen", meint Lang. Für den Tourismus sieht er keine Vorteile und verweist darauf, dass auch in der Rhön, die seit rund 30 Jahren ein Biosphärenreservat ist, Gaststätten schließen.
In Bischbrunn ist man von der Machbarkeitsstudie enttäuscht

Die Bischbrunner Bürgermeisterin Agnes Engelhardt ist von den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie enttäuscht. "Von den 40 abzuarbeitenden Punkten stehen noch drei für uns sehr wichtige aus", erklärt Engelhardt. Sie kritisiert, dass bezüglich der Fläche für die Kernzone, dem Alleinstellungsmerkmal und den Holzrechten von den Studienautoren lediglich vage Aussagen getroffen wurden. "Man hätte bereits im Rahmen der Studie die Kommunen abfragen müssen, wer bereit ist, adäquate Flächen zur Verfügung zu stellen, sodass abzusehen wäre, wo und in welcher Größe die Kernzone machbar wäre", so die Bischbrunner Bürgermeisterin.
Zum Thema Holzrechte schreibt Engelhardt, dass man ihrer Meinung nach die ganze Diskussion abkürzen könne: "Es ist ein Recht und was an dem Wort Recht ist nicht zu verstehen?" Die Holznutzung sei ein Erbe, das heute mehr denn je an Bedeutung gewonnen habe.

Nicht ganz so ablehnend, aber auch skeptisch äußert sich der Rothenfelser Bürgermeister Michael Gram. Ihm fehlt es vor allem noch an Informationen. Die wichtigste Frage ist für Gram, wo die rund 5000 Hektar Kernzone verortet werden könnten. "Wir begrenzen doch jetzt schon die Brennholzmenge für unsere Bürger. Wenn wir Waldflächen aus der Nutzung nehmen, um sie hier einzubringen, verschärft sich dieses Problem", meint Gram. Wesentliche Vorteile gegenüber dem jetzigen Naturpark Spessart, mit dem seine Gemeinde sehr gut zusammenarbeite, könne er nicht erkennen.
Lohr hat bereits angekündigt, Flächen für eine Kernzone bereitzustellen
Positiv steht man einer Biosphärenregion dagegen in Lohr, Frammersbach und Gemünden entgegen. Der Lohrer Stadtrat hat sich bereits mit einem einstimmigen Beschluss bereiterklärt, bis zu 200 Hektar Stadtwald für eine Kernzone zu geben. Der Lohrer Bürgermeister Mario Paul sieht in der Biosphäre die Chance, "alle Nutzungsansprüche mit einem klugen Interessensausgleich unter einen Hut zu bringen". Denn am Ende gehöre der Spessart allen Menschen gleichermaßen.

Bedenklich findet Paul, dass die aktuelle Diskussion zu stark von bekannten Konflikten geprägt werde, zum Beispiel Naturschutz versus Holznutzung. Er wünscht sich sachliche Gespräche und rät, der Expertise von Fachleuten zu vertrauen.
Frammersbacher Bürgermeister spricht von "großem Gewinn" für die Region
Auch der Frammersbacher Bürgermeister Christian Holzemer spricht sich für eine Biosphärenregion aus, er spricht von "einem großen Gewinn für die Region". Neben dem Naturschutz sieht er darin in erster Linie ein Projekt der Regionalentwicklung. Es sei wichtig, das Zusammenspiel zwischen Mensch und Natur zu bewahren – als Beispiele nennt er die Glashütten, Streuobstwiesen oder die Köhler.

Bei der Kernzone verweist Holzemer darauf, dass der Markt Frammersbach bereits mindestens fünf Prozent des Gemeindewaldes (das entspricht mehr als 35 Hektar) aus der Bewirtschaftung nehmen wolle, als Teil des Förderantrags für klimaangepasstes Waldmanagement. Ob die Gemeinde allerdings einen zusammenhängenden Kernzonenbeitrag leisten könnte, werde auch von der Fortschreibung des Windkraftkonzepts beeinflusst, erklärt Holzemer.
Ebenfalls positiv äußert sich der Gemündener Bürgermeister Jürgen Lippert, insbesondere für den Tourismus könnten sich laut Lippert Vorteile ergeben.
Unter der Dachmarke Spessart könnte vieles zusammenlaufen

Viele der angefragten Bürgermeister wollen aber auch noch weitere Informationen abwarten, bevor sie sich eine Meinung bilden. So zum Beispiel der Partensteiner Bürgermeister Stephan Amend: "Ich bin selbst noch hin- und hergerissen." Er sehe durchaus Chancen für die Region, für eine erfolgreiche Umsetzung sei aber eine Zusammenarbeit aller Akteure gefragt – Landwirte, Waldbesitzer, Gastronomen und Direktvermarkter nennt er als Beispiele.
"Man könnte unter der Dachmarke 'Biosphärenregion Spessart' einiges zusammenführen: Spessartbund, Naturpark Spessart, Archäologisches Spessart Projekt, Spessart-Mainland, Spessart Räuberland – um nur einige zu nennen", so Amend. Eine weitere Parallelstruktur mit dem Namen Spessart sei aber nicht sinnvoll.
Einig sind sich fast alle Ortschefs, dass letztendlich die Bürgerinnen und Bürger entscheiden sollten, ob der Spessart zur Biosphärenregion wird oder nicht.