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Lohr
Lohrs Bürgermeister Paul hofft auf das Biosphärenreservat
Der Stadtwald der Stadt Lohr gilt in Fachkreisen als Vorzeigeobjekt für naturnahe Waldwirtschaft. Die Stadt hat rund 200 Hektar ihres Waldbesitzes für die Kernzone eines möglichen Biosphärenreservats im Spessart angeboten. Das Bild zeigt Totholz in der Abteilung Hammersbuch.
Foto: Johannes Ungemach | Der Stadtwald der Stadt Lohr gilt in Fachkreisen als Vorzeigeobjekt für naturnahe Waldwirtschaft. Die Stadt hat rund 200 Hektar ihres Waldbesitzes für die Kernzone eines möglichen Biosphärenreservats im Spessart ...
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 28.08.2021 02:29 Uhr

Lohrs Bürgermeister Mario Paul würde es begrüßen, wenn im Spessart ein Biosphärenreservat geschaffen würde. Ein solches sei mit seiner Kombination aus Naturschutz, Pflege der Kulturlandschaft und nachhaltiger Regionalentwicklung "die richtige Schutzgebietskulisse für den Spessart", sagte Paul im Gespräch mit unserem Medienhaus.

Er hoffe, dass es anders als bei der Nationalparkdiskussion vor einigen Jahren gelinge, in der Region eine sachliche Diskussion zum Thema Biosphärenreservat zu führen. Die sich abzeichnende Machbarkeitsstudie zu einem Biosphärenreservat im Spessart sei der "richtige und wichtige erste Schritt", um eine fachliche Diskussionsgrundlage zu haben, so Paul. Es sei für den Spessart wichtig, nicht nur den Naturschutz im Wald zu sehen, sondern auch den Kulturwald, beispielsweise in Form der vom Menschen geschaffenen Eichenwälder, sagte der Lohrer Bürgermeister mit Blick auf ein mögliches Biosphärenreservat. Dieses könne auch dazu beitragen, die offenen Spessarttäler weiter im Sinne des Erhalts der Kulturlandschaft zu bewirtschaften.

Bürgermeister Mario Paul im Stadtwald.
Foto: Johannes Ungemach | Bürgermeister Mario Paul im Stadtwald.

Große Emotionen vermeiden

Unbedingt vermieden werden müsse in der Diskussion um ein Biosphärenreservat, dass im Spessart erneut große Emotionen aufkochen und tiefe Gräben gerissen werden. Diese Emotionen und Gräben hatte es vor einigen Jahren im Spessart gegeben, als um das Für und Wider eines Nationalparks gestritten wurde.

Paul selbst hatte sich damals auf die Seite der Nationalpark-Gegner geschlagen. Zwar sprach sich der Lohrer Stadtrat gegen Ende der Nationalparkdiskussion schließlich doch mit deutlicher Mehrheit für ein solches Schutzgebiet im Spessart aus. Paul jedoch, der als Kandidat der Grünen ins Bürgermeisteramt gewählt worden war, hatte in der Abstimmung gegen einen Nationalpark votiert, was ihm heftige Kritik einbrachte.

Die grüne Markierung am Stamm einer Eiche verdeutlicht, dass es sich um einen Biotopbaum handelt, der erhalten bleiben soll.
Foto: Johannes Ungemach | Die grüne Markierung am Stamm einer Eiche verdeutlicht, dass es sich um einen Biotopbaum handelt, der erhalten bleiben soll.

Man müsse auch "den Menschen mitdenken", wenn man etwas für die Natur tun wolle, erklärt Paul nun, weswegen er statt eines Nationalparks im Spessart ein Biosphärenreservat für die passendere Lösung hält. Ein solches Reservat schaffe einerseits "mehr Freiraum für die Natur", biete andererseits aber auch die Möglichkeit, "das Schaffen des Menschen im Spessart abzubilden", so Paul. Die Nationalparkidee sei der Region seinerzeit von München aus übergestülpt worden. Beim Biosphärenreservat hingegen habe sich die Diskussion aus der Region heraus entwickelt.

Der Lohrer Stadtrat indes hatte sich bereits im Jahr 2017, zum Ende der Nationalparkdiskussion, per Beschluss dafür ausgesprochen, dass die Eignung des Spessarts für ein Biosphärenreservat untersucht werden solle. Im Jahr 2018 dann folgte ein fraktionsübergreifender Antrag, wonach Die Stadt Lohr Teile seines Stadtwaldes für eine Kernzone eines möglichen Biosphärenreservats anbieten solle. Kommunen der Region müssten ein Signal setzen und die Bereitschaft zeigen, sich an einem Biosphärenreservat zu beteiligen, hieß es damals zur Begründung.

Knapp 200 Hektar angeboten

Bei den Flächen, die die Stadt mittlerweile dauerhaft gesichert aus der Nutzung genommen und für ein Biosphärenreservat angeboten hat, handelt es sich um knapp 200 Hektar des insgesamt gut 4100 Hektar großen Stadtwalds. Die 13 Waldparzellen werden bereits seit etlichen Jahren nicht mehr bewirtschaftet. Sie dienen im Zuge der FSC-Zertifizierung als Vergleichsflächen für eine natürliche Waldentwicklung. Die Unterschutzstellung ist dinglich gesichert, also dauerhaft festgeschrieben. Die Stadt erhielt für den Nutzungsverzicht vom Bayerischen Naturschutzfonds eine einmalige Entschädigung in Höhe von rund 500 000 Euro.

Man habe die Bereitschaft, die Flächen für die Kernzone eines möglichen Biosphärenreservats zur Verfügung zu stellen, gegenüber der Bayerischen Staatsregierung und dem Naturschutzfonds erklärt, sagt Bürgermeister Mario Paul. Er wisse davon, dass es in anderen Gemeinden die Überlegung gebe, dem Lohrer Beispiel zu folgen und ebenfalls Teile des Kommunalwalds für ein Biosphärenreservat anzubieten. Dies müsse jedoch "jede Kommune für sich entscheiden", sagt Paul.

Einen Zeitdruck dürfe es in Sachen Biosphärenreservat im Spessart nicht geben, so der Lohrer Bürgermeister mit Blick auf den weiteren Prozess. Wichtiger sei es, offene Fragen gründlich abzuarbeiten. Dafür sei die Machbarkeitsstudie da. Pauls selbst sagt: "Ich denke und hoffe, dass es am Ende zu einem Biosphärenreservat Spessart kommen wird."

Stand der Diskussion

Die Diskussion um ein Biosphärenreservat im Spessart läuft seit einigen Monaten. Die Landkreise Main-Spessart, Aschaffenburg und Miltenberg sowie die Stadt Aschaffenburg und das Land Hessen stehen dazu im Austausch. Auch gab es Gespräche mit Interessengruppen wie dem Bauernverband, den Jägern oder der Bürgerbewegung Freunde des Spessarts.
Die Kreistage der Landkreise Miltenberg und Aschaffenburg sowie der Stadtrat Aschaffenburg haben sich bereits für eine Machbarkeitsstudie ausgesprochen. Im Kreistag Main-Spessart gab es bereits Infos zu dem Thema, der Beschluss steht jedoch noch aus. Die nächste Sitzung des Umweltausschusses des Main-Spessart-Kreistags findet voraussichtlich am 4. Oktober statt. Man stehe "erst am Anfang eines langen Prozesses", so die Pressestelle des Landratsamts in Karlstadt.
Als nächste Schritte seien für Herbst die Besichtigung des Biosphärenreservats Rhön sowie der Biosphärenreservate Bliesgau und Pfälzer Wald durch eine Delegation des Landkreises geplant. Die Ausweisung als Biosphärenreservat solle "in einem offenen Prozess unter Beteiligung aller Interessierten erfolgen".
(joun)
 
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  • MartinNoll
    Die mit Spesart-Holzrechten belasteten Flächen stehen für ein Biosphärenreservat nicht zur Verfügung! Fakt!
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  • clemens_fries@yahoo.de
    Das gibt eine lustige Kernzone wenn die Kommunen ihre am schlechtesten zu bewirtschaftenden Flächen zur Verfügung stellen. Ein Flickenteppich mit minimalsten Kernzonen. Wird halt schwierig werden wenn die BaySF Flächen zur Verfügung stellen muss für die Kernzone. Wird aber, wenn Lohr schon nicht mehr als 200 Hektar hergibt, nicht anderst zu realisieren sein.
    Offenflächen sind auch heiß begehrt für PV-Anlagen, die werfen höhere Rendite ab für die Kommune als ein BPR...
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