Es ist noch nicht lange her, da sind die Pläne für einen Nationalpark Spessart krachend gescheitert. Der damalige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hatte vor sieben Jahren die Idee dazu, doch sein Nachfolger Markus Söder kassierte sie wieder ein. Grund war massiver Druck aus der Bevölkerung, Fremdbestimmung und der Verlust von Holzrechten wurden befürchtet. Stattdessen könnte nun der Naturpark Spessart zur Biosphärenregion werden.
Wie ist der aktuelle Planungsstand?
Die Stadt Aschaffenburg sowie die Landkreise Aschaffenburg, Miltenberg und Main-Spessart haben im März 2022 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Diese prüft, ob sich der bayerische Spessart für eine Biosphärenregion eignet. Die Ergebnisse der Studie werden am Donnerstag, 16. November, in der Stadthalle in Lohr (Lkr. Main-Spessart) ab 18 Uhr vorgestellt. Das Projekt ist somit an einem Scheideweg: Verneint die Studie die Machbarkeit, ist das Thema vom Tisch. Zeigt sie aber, dass ein Antrag bei der Unesco erfolgreich sein kann, können die nächsten Schritte eingeleitet werden.
Wer sind die Unterstützer einer Biosphärenregion?
Es gibt ein breites Bündnis aus Politik und Naturschutzverbänden. Dass sich der Bund Naturschutz dafür ausspricht, war erwartbar. Aber auch die Auftraggeber der Machbarkeitsstudie sind sich einig. Main-Spessarts Landrätin Sabine Sitter (CSU) spricht von einer großen Chance. "Wir können zu einer Modellregion der nachhaltigen Entwicklung werden", sagt sie. Der Aschaffenburger Landrat Alexander Legler (CSU) sieht einen "echten Gewinn für die Menschen". Auch der Miltenberger Jens Marco Scherf (Grüne) und der Aschaffenburger Oberbürgermeister Jürgen Herzing (SPD) unterstützen das Projekt.
In einer Broschüre der Landkreise Aschaffenburg, Miltenberg, Main-Spessart und der Stadt Aschaffenburg ist durchgängig von einer Biosphärenregion auf dem Gebiet des Naturparks Spessarts die Rede. Von dem Begriff "Reservat" wird nicht mehr gesprochen. Der Begriff "Region" sei im Gegensatz zu "Reservat" positiv besetzt, begründet dies Landrat Legler.
Gibt es Widerstand gegen das Biosphärenservat?
Die Machbarkeitsstudie untersucht auch die gesellschaftliche Akzeptanz, denn was machbar ist, muss nicht gleichzeitig gewollt sein. An einer Online-Befragung haben sich 3180 Personen beteiligt. Die Mehrheit (71,4 Prozent) steht dem Vorhaben positiv gegenüber.
Die Umfrage gilt aber nicht als repräsentativ, denn es gibt auch Widerstand. Der Verein "Wir im Spessart" hat sich gegen ein Biosphärenreservat ausgesprochen. Besonders wichtig sind dem Verein die verbrieften Holzrechte, die die Nutzung des Holzes im Grundbuch sichern. Mit der Ausweisung eines Biosphärenreservats könne der Naturpark Spessart seiner Ansicht nach nicht weiterentwickelt werden.
Auch Ministerpräsident Söder wurde um Unterstützung gegen eine Biosphärenregion gebeten. Der CSU-Ortsverband Bischbrunn-Oberndorf übergab ihm bei einem Besuch im Landkreis Main-Spessart anlässlich des ersten Spatenstiches ein Schreiben gegen die Ausweisung. Die Unterzeichner befürchten, der Rohstoff Holz würde verrotten und müsse aus anderen Regionen der Welt importiert werden. Zudem sehen sie keine Vorteile für den Tourismus.
Nationalpark oder Biosphärenregion – was ist der Unterschied?
Eine Biosphärenregion ist kein reines Naturschutzprojekt, es geht stattdessen um ein Miteinander von Mensch und Natur. Es soll eine Modellregion sein, in der beispielhafte Konzepte einer umweltgerechten Landnutzung umgesetzt werden. Ein Nationalpark ist dagegen ein ausgedehntes Schutzgebiet, das nur der natürlichen Entwicklung unterliegt.
In einer Biosphärenregion gibt es eine Kernzone (mindestens drei Prozent der Fläche), eine Pflegezone (zusammen mit der Kernzone mindestens 20 Prozent der Fläche) und eine Entwicklungszone. In der Kernzone soll der Wald sich selbst überlassen werden, in der Entwicklungszone steht das Wirtschaften im Vordergrund. Die Pflegezone soll den Übergang darstellen und die Kernzonen räumlich umschließen.
Um als Biosphärenregion ins Programm der Unesco aufgenommen zu werden, braucht es ein Alleinstellungsmerkmal, das Thema "Wald" alleine wird nicht reichen. Die Befürworter sehen Chancen in einer Kombination der Spessarteichen, den Streuobstwiesen und deren wirtschaftlicher Nutzung in Geschichte und Gegenwart.
Was ist der Knackpunkt?
Knackpunkt in der Diskussion ist die Kernzone von mindestens drei Prozent, die jede Biosphärenregion haben muss. In dieser Kernzone soll sich die Natur ohne Eingriffe durch den Menschen entwickeln dürfen. Sie muss jedoch nicht zusammenhängend sein.
Bereits bestehende Naturwaldreservate und Waldnaturschutzgebiete im Naturpark Spessart sind für die Ausweisung als Kernzone geeignet. Diese haben eine Fläche von circa 1000 Hektar. Bei einer Naturpark-Gesamtfläche von 171.000 Hektar müssen rund 5000 Hektar als Kernzone ausgewiesen werden, es fehlen also 4000 Hektar. Dafür eignen sich insbesondere Staatswald-, Kommunalwald- und Bundesforstflächen, aber unter Umständen auch Privatwald. Die Stadt Lohr hat bereits knapp 200 Hektar aus ihrem Stadtwald angeboten.
Was wäre der Nutzen für die Region?
Die Biosphärenregion kann als Aushängeschild der Region touristisch genutzt werden. Mit der Ausweisung verbunden ist die Entwicklung zu innovativen Wirtschaftslandschaften. Die Verwaltung der Biosphärenregion wird vom Bayerischen Innen- und Umweltministerium finanziert, die auch Projekte fördern, die zu dem jeweiligen Gebiet passen.
Warum gibt es keine Pläne für eine länderübergreifende Biosphärenregion?
Die Biosphärenregion Spessart ist nur auf dem Gebiet der bayerischen Landkreise Miltenberg, Aschaffenburg und Main-Spessart vorgesehen. Der Main-Kinzig-Kreis mit dem hessischen Spessart wurde an den Planungen nicht beteiligt, obwohl dieser Interesse an einem gemeinsamen Weg signalisiert hatte. Ein separates Vorgehen wird aber als zielführender angesehen, so lautet die Begründung von bayerischer Seite. Die Machbarkeitsstudie soll aber auch ein länderübergreifendes Szenario beleuchten.
Wie geht es weiter?
Wenn die Machbarkeitsstudie zu einer positiven Bewertung kommt, entscheiden die Landkreise und die Stadt Aschaffenburg, ob sie den Weg zu einer Biosphärenregion weiter gehen wollen. Zustimmen müssen dann auch die Kommunen. Keine Kommune ist verpflichtet, Teil der Biosphärenregion zu werden. Sollte die Zustimmung erfolgen, stellt das Umweltministerium den Antrag an die Unesco. Das deutsche Unesco-Nationalkomitee prüft dann die Anerkennungskriterien.
Wenn ich es in den Vorträgen richtig verstanden habe, müssen die Flächen der Kernzonen mindestens 50 ha betragen. Dies ist bei den hier aufgeführten 1.000 ha NICHT immer der Fall.
Außerdem müssen sie rechtlich abgesichert sein: Also: Naturschutzgebiete, da hapert es ebenfalls.
Und die Kommunen müssen 4.000 ha dazu geben, ebenfalls NSG.
Ich sehe da sehr grosse Probleme.
Auf diese Lösung bin ich gespannt.