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Heugrumbach
Gewerbegebiet in Heugrumbach wird zu Teil-Industriegebiet: Anwohner fürchten mehr Lärm und Verkehr – und wehren sich
Zunächst hatten Bürger eine Unterschriftenliste gegen die Pläne an den Bürgermeister überreicht. Jetzt streben die Heugrumbacher sogar einen Bürgerentscheid an. Darum geht es.
Das Gewerbegebiet 'Steinbrünnlein' in Heugrumbach soll teilweise zum Industriegebiet werden. Gertrud Manger und Jürgen Pfister vom Aktionsbündnis 'Steinbrünnlein' sowie weitere Anwohner wehren sich dagegen.
Foto: Stefanie Koßner | Das Gewerbegebiet "Steinbrünnlein" in Heugrumbach soll teilweise zum Industriegebiet werden. Gertrud Manger und Jürgen Pfister vom Aktionsbündnis "Steinbrünnlein" sowie weitere Anwohner wehren sich dagegen.
Stefanie Koßner
 |  aktualisiert: 20.12.2024 02:34 Uhr

Droht Heugrumbach bald mehr Lärm und Lastwagenverkehr? Das und weitere Verschlechterungen fürchten einige Bürgerinnen und Bürger aus dem Arnsteiner Stadtteil. Sie wehren sich gegen die Umwandlung des Gewerbegebiets "Am Steinbrünnlein" zum Teil-Industriegebiet. Dem hatte der Stadtrat am 16. Mai final zugestimmt. Der Vorwurf der Anwohnerinnen und Anwohner: schlechte Kommunikation vonseiten der Stadt. 

30 Personen, die in den parallel zum Gewerbegebiet liegenden Wohngebieten Julius-Echter-, Frankenstein- und Kammerbergstraße, am "Steinbrünnlein" sowie in Marbach leben, haben deshalb im Oktober eine Liste mit 150 Unterschriften an Bürgermeister Franz-Josef Sauer überreicht.

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Weil die erhoffte Antwort ausblieb, hat jetzt ein Aktionsbündnis das Bürgerbegehren "Kein Industriegebiet 'Am Steinbrünnlein'" initiiert. Ziel ist ein Bürgerentscheid. Dafür müssten zehn Prozent der rund 8200 Einwohner Arnsteins unterschreiben. Einer Pressemitteilung des Bündnisses ist zu entnehmen, dass die Listen im Arnsteiner Einzelhandel ausliegen und Ende Januar eingereicht werden sollen.

Die Initiatoren betonen, dass sie die Gewerbetreibenden keineswegs daran hindern wollen, ihre Betriebe zu erweitern. Sie würden für ein konfliktfreies Gewerbegebiet außerhalb der Wohnbereiche kämpfen.

Um was geht es?

Das Gewerbegebiet im Westen Heugrumbachs wurde 1971 initiiert. Seitdem ist es deutlich gewachsen. Hier haben kleine Gewerbebetriebe, ein Forstunternehmen, ein Schrott- und Metallhandel sowie ein auf Lebensmitteltransporte spezialisiertes Unternehmen ihren Sitz. Zudem wohnen einige wenige Menschen hier.

Das Gewerbegebiet 'Am Steinbrünnlein' in Heugrumbach. Im Hintergrund ist das Wohngebiet Kammerberg- und Frankensteinstraße zu sehen.
Foto: Günter Roth | Das Gewerbegebiet "Am Steinbrünnlein" in Heugrumbach. Im Hintergrund ist das Wohngebiet Kammerberg- und Frankensteinstraße zu sehen.

Bereits seit 2018 will Arnstein das Gewerbegebiet entwickeln. Es geht um die bisher versäumte Erschließung mit neuen Straßen und Versorgungsleitungen sowie eine Erweiterung nach Westen. Außerdem sollen Bereiche beiderseits der Straße "Am Steinbrünnlein" und nördlich der Straße "Am Wehr" zum Industriegebiet umgewandelt werden.

Gewerbegebiet in Heugrumbach wird zu Teil-Industriegebiet: Anwohner fürchten mehr Lärm und Verkehr – und wehren sich

Was kritisiert die Interessensgemeinschaft?

Ein Großteil der Anwohner habe nichts von der Umwandlung gewusst. Das sagen die Initiatoren der Unterschriftenliste. Deshalb hätten sich nur wenige die Pläne im Rathaus angeschaut. "Es fand im Vorfeld keinerlei Bürgergespräch statt", kritisiert etwa Gertrud Manger, die auch im Aktionsbündnis aktiv ist. Die Gruppe hätte sich gewünscht, dass die Betroffenen umfassend informiert worden wären.

Theo und Gertrud Manger vom Aktionsbündnis 'Steinbrünnlein'. Das Ehepaar hatte einst einen Lastwagen-Reparaturbetrieb und wohnt noch im Gewerbegebiet. 
Foto: Stefanie Koßner | Theo und Gertrud Manger vom Aktionsbündnis "Steinbrünnlein". Das Ehepaar hatte einst einen Lastwagen-Reparaturbetrieb und wohnt noch im Gewerbegebiet. 

Bereits jetzt sei die Belastung durch Maschinenlärm und Licht groß. Los gehe es am frühen Morgen, Ende sei um 22 Uhr. Und das montags bis samstags. Die Angst vor einer Ausweitung und zunehmendem Verkehr sei groß. Denn in einem Industriegebiet könne "rund um die Uhr" gearbeitet werden. Die Straßen sollen zudem auf zehn Meter verbreitert werden.

Was fordern die Anwohnerinnen und Anwohner?

Das Teil-Industriegebiet soll verhindert und die platzintensiven Betriebe in ein neues und größeres Gewerbegebiet in Richtung B26a auf Höhe der Schraudenbacher Windräder verlagert werden. Zudem sollen die Erschließungskosten in Höhe von 5,8 Millionen Euro minimiert werden, da die sechsstelligen Eigenanteile die Kleinunternehmer und dort lebenden Menschen "existenziell ruinieren" würden. Auch wird gefordert, die Immissionswerte erneut zu erfassen – in den betreffenden Wohngebieten und zu lärmintensiven Zeiten. Dies sei nicht geschehen.

Das Gewerbegebiet in Heugrumbach: Auf der linken Seite befindet sich die Bundesstraße.
Foto: Günter Roth | Das Gewerbegebiet in Heugrumbach: Auf der linken Seite befindet sich die Bundesstraße.

Was sagen die Unternehmen?

"Wir planen keine Ausweitung unserer Betriebszeiten, weil dies durch die Auflagen im bestehenden wie im neuen Bebauungsplan nicht möglich sein wird", teilt Forstunternehmer Dietmar Reith mit. Der Umfang der erlaubten Emissionen sei darin ebenfalls geregelt. Beides bestätigt Johannes Funk vom benachbarten Schrott und Metallhandel. Entsprechende Gutachten lägen der Stadt und dem Landratsamt Main-Spessart vor, so Reith.

Die Sorge, dass sich das "Steinbrünnlein" künftig ausweiten wird, will er eindämmen: "Der Platz ist erschöpft." Er habe den Eindruck, dass sich die Anwohner an dem Begriff "Industriegebiet" stießen, sagt Reith. "Landläufig herrscht die Meinung vor, dass ein Industriegebiet bedeutet, dass hier alles erlaubt ist." Dies sei jedoch nicht der Fall. Es gebe scharfe Auflagen. "Wir sind gerne bereit für offene Gespräche."

Die Straßen im Heugrumbacher Gewerbegebiet sind in einem schlechten Zustand. Außerdem gibt es keine Straßenlaternen.
Foto: Stefanie Koßner | Die Straßen im Heugrumbacher Gewerbegebiet sind in einem schlechten Zustand. Außerdem gibt es keine Straßenlaternen.

Am Steinbrünnlein müsse dringend etwas gemacht werden, weil alles kaputt sei, sagt Funk. Fahren Lastwagen über gut ausgebaute Straßen, mache das zudem weniger Lärm. Auch würden nun endlich Straßenlaternen aufgestellt. 

Was sagt die Stadt Arnstein zu den Vorwürfen?

"Im Steinbrünnlein ist bisher keine Erschließung erfolgt", sagt Bürgermeister Franz-Josef Sauer. Das müsse jetzt nachgeholt werden, um den Bestand zu sichern. Die Verkehrsflächen sollen zwar auf zehn Meter verbreitert werden, darin sei aber auch eine Begrünung enthalten.

Der Bürgermeister weist darauf hin, dass sehr wohl informiert worden sei: Bei den Bürgerversammlungen 2023 und 2024. Zudem sei das Thema 2020 im Stadtrat behandelt und anschließend in der Presse darüber berichtet worden. Die Pläne lagen zum Jahreswechsel 2023/24 öffentlich aus. Die Beteiligung der Bürger sei jedoch gering gewesen. "Ich kann bei der Vielzahl an Verwaltungsakten nicht jeden Betroffenen persönlich informieren." Die Stadt organisiert derzeit ein Treffen, zu dem Anwohner und Gewerbetreibende eingeladen werden sollen.

Die Straßen im Gewerbegebiet sind in einem schlechten Zustand. Hier der Blick auf die Bundesstraße.
Foto: Stefanie Koßner | Die Straßen im Gewerbegebiet sind in einem schlechten Zustand. Hier der Blick auf die Bundesstraße.

Die Erweiterungsmöglichkeiten der Betriebe im "Steinbrünnlein" seien beschränkt. Aber wann der geplante "Technologiepark" an der B26a fertig sein wird, sei noch nicht klar, so Sauer. Und die Kosten von 5,8 Millionen Euro würden sich ausschließlich auf die Erschließung mit Wasser, Kanal und Straße beziehen und wären sowieso angefallen. 60 Prozent davon trägt die Stadt, 40 Prozent – also 2,32 Millionen Euro – die Anlieger. 

Was sagt das Landratsamt Main-Spessart?

Die Änderung ist mehr oder weniger eine Formalität: Denn in den Bereichen, die jetzt zum Industriegebiet werden, seien bereits Betriebe angesiedelt, "die eigentlich eines Industriegebiets bedürfen". Das teilt Sven Hilpert mit, Leiter der Abteilung Bauangelegenheiten am Landratsamt. 

Alle Betriebe – egal, ob künftige oder bereits ansässige – müssten die Grenzwerte "an den nächstliegenden schutzwürdigen Nutzungen" einhalten. Gemeint sind hier Wohnhäuser. Den Anwohnern dürfe künftig nicht mehr Lärm oder Licht zugemutet werden. Die Verantwortung dafür liege bei den Betrieben. Sie müssten nachweisen, dass die zulässigen Werte eingehalten werden. Bei Verdacht einer Überschreitung könne das Landratsamt dies überprüfen.

Dieser Weg soll auf zehn Meter verbreitert werden. An der im Foto linken Seite sollen Lastwagen-Stellplätze entstehen.
Foto: Stefanie Koßner | Dieser Weg soll auf zehn Meter verbreitert werden. An der im Foto linken Seite sollen Lastwagen-Stellplätze entstehen.

Beim Schallschutzgutachten werde die Lärmbelastung grundsätzlich durch Rechnungen prognostiziert, nicht vor Ort gemessen. Es werde dabei geschaut, an welchem Ort eine Überschreitung der Richtwerte am ehesten zu erwarten ist, so Hilpert. "Werden dort die maßgeblichen Werte eingehalten, gilt dies erst recht für alle anderen schützenswerten Nutzungen." Das Gutachten zeige, dass die Richtwerte – insbesondere in der Frankenstein- und Kammerbergstraße – sicher eingehalten werden.

Unterschied zwischen einem Gewerbe- und einem Industriegebiet

Laut Baunutzungsverordnung dienen Gewerbegebiete vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Dazu zählen etwa Lagerhäuser, Büro- und Verwaltungsgebäude, oder Tankstellen.
In Industriegebiete sollen vorwiegend Betriebe untergebracht werden, die anderswo unzulässig sind. Der Grund ist ein ortsunübliches Maß an Umweltbelastung, etwa durch Lärm oder Geruch.
In beiden Gebieten können in Ausnahmen Wohnungen zugelassen werden, etwa für Betriebsinhaber und Mitarbeitende.
Quelle: Baunutzungsverordnung
 
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