"Ich habe mit der Schule nur positive Erfahrungen gemacht, aber es ist wirklich anstrengend", sagt Rostyslav. "Das ganze Leben hat sich in einem Moment verändert, alles ist neu für mich." Rostyslav ist aus der Ukraine geflüchtet und einer von bisher sechs Geflüchteten im Alter von 11 bis 15 Jahren, die an der Mittelschule Marktheidenfeld in den Unterricht gehen.
Alle sechs sind unterschiedlichen Klasse zugewiesen. In jeder Klasse gibt es Tutorinnen und Tutoren. Für diese Rolle haben sich "Kinder von russlanddeutschen Eltern freiwillig gemeldet", erklärt Rektorin Annette Hettiger. Die Tutorinnen und Tutoren haben den neuen Mitschülerinnen und Mitschülern am Anfang die Schule gezeigt. Jetzt unterstützen sie diese, indem sie zwischendurch die Unterrichtsinhalte auf Russisch erklären. Neben dem normalen Unterricht in den Klassen gibt es in der Mittelschule auch Deutschunterricht, an dem nur die Geflüchteten teilnehmen.
Je zwei Geflüchtete am Karlstadter Gymnasium und an der Realschule Karlstadt
In Karlstadt nehmen in einer 10. Klasse am Gymnasium und in der 9. Klasse der Realschule je zwei Schüler aus der Ukraine am Unterricht teil. "Das Hauptproblem ist die Sprache", sagt Realschulleiter Thorsten Stöhr. Die beiden Jugendlichen sprechen zwar ein bisschen deutsch, das reiche aber nicht immer aus, um dem Unterricht zu folgen. Die Lehrkräfte erklären die Inhalte im Unterricht zwischendurch, "mal deutsch, mal englisch, mal mit Händen und Füßen". Der Geographie-Unterricht findet für die gesamte Klasse auf Englisch statt, sagt Stöhr.
Auch am Karlstader Gymnasium läuft die Kommunikation überwiegend auf Englisch. Der Deutschunterricht ist zu schwierig, aber "Englisch und die Naturwissenschaften funktionieren gut", sagt Schulleiter Gerald Mackenrodt. Sowohl am Gymnasium als auch an der Realschule steht den neuen Schülerinnen und Schülern ein eigener Raum zur Verfügung, in dem sie zwischendurch am Online-Unterricht aus der Heimat teilnehmen können. "Der ukrainische Unterricht geht vor", sagt Stöhr.
In beiden Schulen gibt es Jugendliche, die Ukrainisch oder Russisch sprechen können. Mit ihnen können sich die Geflüchteten in ihrer Muttersprache unterhalten. Dass sie "ein Leben so normal, wie in dieser Situation möglich", haben, ist für Mackenrodt das Wichtigste. Er merke, dass der Kontakt zu den Mitschülerinnen und Mitschülern oder den Jugendlichen im Ort "wahnsinnig wichtig" ist.
Grundschule Thüngen: Geflüchtete als Hilfspersonal eingestellt
An der Grundschule in Thüngen werden derzeit sechs Ukraine-Flüchtlinge unterrichtet. Zwei Mütter, die selbst geflüchtet sind, wurden in der Schule als Hilfspersonal eingestellt. "Eine kann sehr gut Deutsch", sagt Schulleiterin Doris Weinmann. Nach den Osterferien werden zwei weitere Lehrkräfte Deutsch unterrichten. Die Schulmaterialien haben die Kinder von Oksana Schall erhalten. Die gebürtige Ukrainerin, die seit vielen Jahren in Thüngen wohnt, hat hierzu eine Spendensammlung organisiert.
Auch in der Mittelschule Marktheidenfeld haben die Kinder ein Willkommenspaket enthalten: Einen Beutel mit einem Block, einem Kalender, Stiften, einem Spitzer und Süßigkeiten. "Es sind lauter nette, motivierte und lernwillige Kinder, die sich in kürzester Zeit integriert haben", sagt Rektorin Hettiger über die Neuen an ihrer Schule. Doch "als sie angekommen sind, waren sie verständlicherweise teilweise noch richtig traurig", so Hettiger. Manche Kinder sind "noch so traumatisiert, dass sie sich noch nicht in die Schule trauen", weiß sie.
Neue Freundschaften zwischen einer Ukrainerin und zwei Russinnen entstanden
Nach den Osterferien erhalten die ukrainischen Kinder an der Marktheidenfelder Mittelschule zusätzliche Willkommensstunden. Dort sollen sie Alltagssituationen kennenlernen, zum Beispiel, wie das Einkaufen in Deutschland abläuft. Aber auch Sport, Basteln, oder Wandern gehören dazu. Ziel ist es, dass die Kinder "gut ankommen, Freunde finden, sich wohlfühlen und einleben", sagt Hettiger.
Das klappt schon ganz gut. "Ich habe bereits einen deutschen Freund gefunden", sagt Danylo. Und auch die Ukrainerin Diana erzählt, dass sie in ihrer Klasse neben zwei deutschen Freundinnen zwei russische Freundinnen gefunden hat. "Sie helfen mir sehr viel", sagt Diana, die in eine Ganztagsklasse geht und deshalb nachmittags sehr müde ist. Dennoch ist sie froh, "nicht den ganzen Tag zu Hause sitzen zu müssen".
Auch ihrer Mitschülerin Anna macht der Unterricht Spaß, "obwohl es teilweise sehr schwierig ist". Und auch zu Hause hat Anna noch eine Aufgabe: Da kocht sie das Abendessen, da ihre Mutter bereits Arbeit in einer Reinigungsfirma gefunden hat.