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Main-Spessart
Wie die Volkshochschule Lohr-Gemünden ukrainischen Kriegsflüchtlingen helfen will
Bald soll es neue Kurse für Geflüchtete geben. Zwei Dozentinnen mit ukrainischen Wurzeln berichten, wie sie den Krieg wahrnehmen und warum solche Angebote jetzt dringend nötig sind.
Eine Botschaft für den Frieden: Die Leiterin der Volkshochschule Lohr-Gemünden Dr. Susanne Duckstein (Mitte) zusammen mit den beiden Dozentinnen Oksana Chaikivska (links) und Natalia Wieser vor der Scherenberghalle.
Foto: Corbinian Wildmeister | Eine Botschaft für den Frieden: Die Leiterin der Volkshochschule Lohr-Gemünden Dr. Susanne Duckstein (Mitte) zusammen mit den beiden Dozentinnen Oksana Chaikivska (links) und Natalia Wieser vor der Scherenberghalle.
Corbinian Wildmeister
Corbinian Wildmeister
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:57 Uhr

Viele Menschen fliehen gerade vor dem Krieg aus der Ukraine. Um ihnen schnell zu helfen, will die Volkshochschule Lohr-Gemünden ihr Kursangebot erweitern. Integrationskurse sind dort zwar keine Neuheit. Doch für den Zugang zu diesen Angeboten brauche es Berechtigungsscheine und diese müssten die Geflüchteten erst beantragen, erklärt die Leiterin der Einrichtung, Dr. Susanne Duckstein.

Bis diese vorliegen, könne es jedoch noch einige Zeit dauern. "Deswegen haben wir uns hier im Landkreis dazu entschieden, sofort Initiative zu ergreifen", so Duckstein. In Lohr soll es vom 25. April an einen sogenannten Erstorientierungskurs geben, am Standort Gemünden soll dieser im Mai beginnen. Der Zugang zu diesen Kursen sei für Geflüchtete mit unklarer Bleibeperspektive – übrigens nicht nur für Menschen aus der Ukraine – "wirklich problemlos", sagt die Vhs-Chefin. Für die Anmeldung brauche es nur einen Ausweis, eine Adresse und Kontaktdaten. Die Teilnahme ist kostenlos.

Die Geflüchteten wollen zurück zu ihren Familien

Oksana Chaikivska ist eine der Dozentinnen, die künftig Integrationskurse für ukrainische Kriegsflüchtlinge an der Volkshochschule in Gemünden geben wird. Sie lebt seit vier Jahren in Deutschland und stammt selbst aus der Ukraine. "Meine Eltern sind jetzt bei mir", berichtet Chaikivska. Doch viele ihrer Freunde und Verwandten blieben trotz der russischen Invasion in ihrem Heimatland. "Wir bleiben in Kontakt. Die Situation ist für uns alle aber sehr schwer und stressig." Eine gute Freundin von ihr wohne zum Beispiel in Kiew und habe wegen der Luftangriffe einige Tage und Nächte mit ihren Kindern im Keller verbringen müssen.

Integrationskurse für Ukrainerinnen und Ukrainer seien in der jetzigen Situation "sehr hilfreich und notwendig", meint die Kursleiterin. Dem stimmt ihre Kollegin Natalia Wieser zu. Sie ist ebenfalls in der Ukraine geboren und 1995 nach Deutschland gezogen. "Die Sprache ist der Schlüssel, wenn man in ein fremdes Lands kommt – ob freiwillig oder wie in diesem Fall nicht freiwillig." Wieser betont, dass sie niemanden unter den Geflüchteten kenne, der lange bleiben wolle. "Die meisten hoffen, dass sie bald zu ihren Familien zurückkehren können." Trotzdem seien Sprachkenntnisse enorm wichtig, um soziale Kontakte zu knüpfen und den Alltag zu meistern.

Orientierungskurse als Ablenkung von den schlechten Nachrichten

"Im Moment haben wir das Glück, dass wir meine Schwester und meinen Neffen hier haben", berichtet die Karlstadterin. Ihre Eltern seien hingegen schon zu alt, um die Flucht zu überstehen. Der Krieg sei "sehr schlimm" für ihre Verwandtschaft in der Ukraine, sagt Wieser. "Aber auch wir leiden mit. Diese Angst und diese Hilfslosigkeit machen einen wirklich kaputt. In den ersten Tagen habe ich mich gefühlt wie versteinert."

"Du denkst: Oh Gott, die rennen jetzt. Und dann rennst du innerlich mit und hoffst, sie schaffen es rechtzeitig."
Natalia Wieser, Vhs-Dozentin

Anfangs stand die Vhs-Lehrerin in ständigem Kontakt mit ihrer Familie und behielt über eine App im Blick, wo es gerade einen Luftalarm gab. "Du denkst: Oh Gott, die rennen jetzt. Und dann rennst du innerlich mit und hoffst, sie schaffen es rechtzeitig." Inzwischen versuche sie, nur noch zweimal am Tag die Nachrichten zu lesen, um ein bisschen Abstand zu gewinnen. Wieser: "Sonst geht man zu Grunde."

Susanne Duckstein sieht die Erstorientierungskurse daher auch als eine gewisse Ablenkung: "Es ist eine Maßnahme, die angeboten wird, damit die Menschen nicht verzweifeln. Sie treffen auf andere Leute. Das soll sie auf andere Gedanken bringen als die schrecklichen Nachrichten aus dem Kriegsgebiet." Insgesamt sollen die Kurse 300 Unterrichtsstunden umfassen, verteilt auf drei bis vier Monate.

Kostenloser Ukrainisch-Sprachkurs für Helferinnen und Helfer

In erster Linie gehe es darum, den Menschen elementare Sprachkenntnisse zu vermitteln und ihnen einige grundlegende Informationen über Deutschland zu geben, berichtet Duckstein. Unter anderem bestehen die Kurse aus Modulen zu den Themenbereichen Gesundheit, Wohnen oder Einkaufen. "Der Kurs unterscheidet sich von allgemeinen Integrationskursen auch dadurch, dass wir viele Exkursionen anbieten können. Es ist sehr wichtig, Dinge vor Ort zu erklären." Die Dozentinnen können zusammen mit den Geflüchteten zum Beispiel den Bahnhof, die Stadtverwaltung oder Supermärkte besuchen.

Die Mindestteilnehmerzahl liegt bei zwölf Personen, maximal dürfen 25 Menschen dabei sein. Duckstein: "Der Lohrer Kurs ist fast voll und in Gemünden kommen die ersten Anmeldungen." Sie ist zuversichtlich, dass beide Kurse ausgebucht sein werden. Darüber hinaus wird die Vhs Lohr-Gemünden einen Ukrainisch-Sprachkurs für Helferinnen und Helfer anbieten, die sich persönlich um Geflüchtete kümmern. Dieser soll am 26. April beginnen und vorerst sechs Unterrichtseinheiten umfassen. Duckstein: "Nach Bedarf können wir den Kurs natürlich verlängern." Aus Dankbarkeit für den Einsatz der Ehrenamtlichen biete die Vhs den Kurs umsonst an.

Weitere Informationen gibt es in Vhs-Geschäftsstelle Lohr, Ludwigstr. 16, unter Tel.: 09352/848-500 oder im Internet unter www.vhs-lohr.de.

 
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