
Gegenüber der Gemündener Altstadt hat der Regionale Planungsverband Würzburg auf der Hofstettener Mainseite ein Vorranggebiet für den Sand- und Kiesabbau vorgesehen. Das Gebiet erstreckt sich von der ICE-Brücke im Westen bis fast zur Klingenmühle im Osten. Die Stadt, aber auch Bürgerinnen und Bürger sind seit dem 22. November aufgerufen, zu dem Vorhaben Stellung zu nehmen.
Wie Bürgermeister Jürgen Lippert (BfB) in der Stadtratssitzung am Montag bekannt gab, haben die Stadtratsfraktionen der Freien Wähler, der SPD und des BfB der Stadt bereits Vorbehalte gegenüber dem geplanten Vorranggebiet vorgebracht. Die Stadtverwaltung habe diese für die Formulierung einer eigenen Stellungnahme gegen die geplante Maßnahme berücksichtigt.

Mit Ausnahme von Matthias Kübert (BfB) stimmte das Gremium geschlossen gegen die Ausweisung des Vorranggebietes Sand und Kies im Bereich "östlich Hofstetten" und unterstrich damit die folgenden sechs Argumente, die aus Sicht der Stadt gegen die Maßnahme sprechen:
1. Rohstoffabbau würde Landwirtschaft, Jagd und Naturschutz beeinträchtigen
Das Vorranggebiet umfasst Ackerflächen mit guter Bodenqualität, die durch den Rohstoffabbau zerstört würden und der Landwirtschaft verloren gingen. Auch hochwertige, naturschutzrechtlich relevante Wiesen wären betroffen. Für die Jagd- und Schäfereigenossenschaft Hofstetten ist die Bewirtschaftung dieser Fläche essenziell. Sie unterhält mit dem Erlös die Wirtschaftswege in der gesamten Gemarkung.
Die ertragreichen Böden gleichen die geringeren Erträge im Westen des Dorfes aus, wo Landwirtschaft allein nicht rentabel ist. Gehen diese guten Felder verloren, wäre das gleichbedeutend mit der Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung insgesamt. Das dörfliche Umfeld, geprägt von Nebenerwerbs- und Hobbylandwirtschaft, würde sich stark verändern. Jagd wäre nicht mehr möglich und auch der Naturschutz wäre betroffen. Das Gebiet ist reich an Flora und Fauna, wie dem Biber, Fischlaichplätzen und seltenen Pflanzen. Ein Rohstoffabbau wäre ein massiver Eingriff in das Ökosystem, besonders durch die Lage im Landschaftsschutzgebiet.
2. Sorge vor Abgasen, Lärm und Staub
Der Abbau von Bodenschätzen kann erhebliche immissionsrechtliche Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt haben, insbesondere durch deren Abtransport auf Verkehrswegen. Abgase, Lärm und Staub wären das Resultat und würden Mensch und Tier erheblich beeinträchtigen.
3. Das Gebiet ist reich an Bodendenkmälern

Das Gebiet ist reich an Bodendenkmälern, von denen einige noch nicht erfasst sind. Ein aktueller Fund ist eine Bronzefibel aus frühgermanischer Zeit. Die linksmainisch gelegenen "Stadtäcker" zeigen Funde aus verschiedenen steinzeitlichen, keltischen und frühmittelalterlichen Epochen. Archäologische Funde westlich der Mainbrücke stammen aus dem Paläolithikum. Ein bedeutender Fund ist eine Fibel aus der römischen Kaiserzeit, der bislang einzige germanische Siedlungsbeleg auf Gemündener Gemarkung. Die Erhaltung dieser Flächen ist deshalb wichtig für das Verständnis der Geschichte von Gemünden.
4. Geplantes Vorranggebiet liegt im Überschwemmungsgebiet
Das Vorranggebiet liegt im Überschwemmungsgebiet des Mains, das bei einem hundertjährlichen Hochwasserereignis bis zur Kreisstraße MSP 11 reicht. Es ist davon auszugehen, dass Abbauflächen im abflusswirksamen Bereich des Mains liegen würden, was die Umsetzung eines Abbaugebiets fraglich macht. Da die Stadt Gemünden hier keine baulichen Entwicklungsmöglichkeiten hat, wäre eine Genehmigung von Abbauflächen nicht nachvollziehbar.
5. Möglichkeit einer Ortsumfahrung soll nicht verbaut werden
Für die Stadt Gemünden ist im Bundesverkehrswegeplan eine linksmainische Ortsumfahrung mit vordringlichem Bedarf vorgesehen. Ein Vorranggebiet und ein möglicher Abbau von Bodenschätzen dürfen die Straßenbauentwicklung zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger nicht beeinträchtigen.
6. Schutz des denkmalgeschützten Altstadtensembles

Die Ausweisung eines Vorranggebietes für Sand und Kies in Sichtweite von Gemündens historischer Innenstadt würde das denkmalgeschützte Ensemble "Altstadt Gemünden am Main" erheblich beeinträchtigen.
Ablehnung durch Stadt und Stadtrat bedeutet nicht das Aus für das geplante Vorranggebiet
Die beschlossene Ablehnung und die ablehnende Stellungnahme der Stadt bedeuten nicht automatisch, dass der Regionale Planungsverband auch tatsächlich von dem Vorhaben abrücken wird. Die vorgetragenen Einwände werden in der nächsten Planungsphase jedoch eingehend geprüft und können dafür ausschlaggebend sein, dass das Vorranggebiet "östlich Hofstetten" am Ende nicht realisiert wird.
Bürgerinnen und Bürger, die der Stellungnahme der Stadt noch Argumente für oder gegen das vorgesehene Vorranggebiet hinzufügen möchten, haben dazu aktuell noch die Möglichkeit. Im Hinblick auf den offiziellen Einreichungstermin am 22. Dezember (einem Sonntag) empfiehlt Bürgermeister Lippert, die Eingabe rechtzeitig und möglichst als E-Mail einzuschicken an poststelle@gemuenden.bayern.de