Dass Karlstadt einen Bürgerbus bekommen soll, hat der Stadtrat bereits im vergangenen Jahr beschlossen. Unklar ist bisher aber das Wie und Wann. In der jüngsten Sitzung des Verkehrsausschusses wurde über den aktuellen Stand informiert. Das Gremium beauftragte die Verwaltung, das Projekt gemeinsam mit einem gemeinnützigen Verein umzusetzen.
Wer soll den Bürgerbus nutzen?
Der Bus soll die Verbindung der Altstadt mit der Siedlung sowie der Kernstadt mit den Stadtteilen stärken. "Er ist vor allem für Menschen gedacht, die kein Auto haben, aber darauf angewiesen sind. Oder die ganz bewusst auf die Fahrt mit dem Auto verzichten wollen", sagte Bürgermeister Michael Hombach (CSU). Groß ist das Interesse vor allem bei älteren Personen. Das hatte 2022 eine Umfrage gezeigt. 67 Prozent der rund 200 Befragten waren zwischen 61 und 80 Jahre alt.
Wer wird für den Bürgerbus verantwortlich sein?
Bürgerinnen und Bürger haben in zwei Arbeitskreisen geschaut: Wie kann die Stadt das Projekt – anders als die 2018 aufgestellten und wenig genutzten Mitfahrbänke im Stadtgebiet – erfolgreich umsetzen? Am 31. Juli soll ein Verein gegründet werden, der sich um Organisation und Betrieb des Busses kümmern wird. Darüber informierte Uli Heck, geschäftsführender Beamter der Stadt. Einige der künftigen Mitglieder waren zur Sitzung am Dienstagabend gekommen. 15 ehrenamtliche Fahrer wurden bisher gewonnen.
Doch warum will die Stadt den Bürgerbus nicht selbst betreiben? Laut Stadtrat Harald Schneider (SPD) ist ein Verein die günstigste Möglichkeit. Er verweist im Gespräch mit dieser Redaktion auf den Lohrer Stadtbus, der in diesem Jahr laut Prognose 580.000 Euro Miese machen wird. Eigentlich sollte der Verein bereits vor einem Monat gegründet werden. Aber: "Es waren noch einige Fragen mit dem Finanzamt zu klären, etwa zur Gemeinnützigkeit", so Heck. Auch die Stadt wird im Verein vertreten sein. Dies kollidiere nicht mit der Gemeinnützigkeit.
Die Karlstadterinnen und Karlstadter sollen den Namen des Bürgerbusses bestimmen. Über ein Formular im kommenden Mitteilungsblatt sowie im Internet können laut Heck Vorschläge gemacht werden. Er hofft auf einen "pfiffigen Namen".
Wie viel soll eine Fahrt kosten?
Die Fahrt soll kostenlos sein. Um das Projekt am Laufen zu halten, ist der Verein auf Spenden angewiesen. Dafür ist die Gemeinnützigkeit wichtig. "Ich hoffe, dass er in zwei Jahren in der Lage ist, die Betriebskosten selbst zu tragen", so Schneider. Beim Vorbild aus Hammelburg funktioniere das gut.
Wohin fährt der Bürgerbus?
Die Arbeitskreise haben bereits Fahrpläne und Haltestellen in Abstimmung mit dem bestehenden ÖPNV im Landkreis erarbeitet. Aktuell sei geplant, mit sechs Linien alle Ortsteile von Karlstadt mit dem Bürgerbus anzufahren. Zwei Linien seien beispielhaft ausgearbeitet worden (siehe Grafik), sie könnten sich aber noch einmal ändern.
- Linie 1: Karlstadt Bahnhof- Wiesenfeld - Rohrbach - Karlburg - Karlstadt Bahnhof
- Linie 2: Karlstadt Bahnhof - Stadelhofen - Laudenbach - Mühlbach - Karlstadt Bahnhof
- Linie 3: Karlstadt Bahnhof - Karlburg - Karlstadt Bahnhof
- Linie 4: Karlstadt Bahnhof - Gambach - Karlstadt Bahnhof
- Linie 5: Karlstadt Bahnhof - Heßlar - Stetten - Karlstadt Bahnhof
- Linie 6: Karlstadt Stadtrunde (steuert auch Supermärkte in der Würzburger Straße an)
Rainer Schäfer (CSU) wollte wissen, ob auch eine Rufbereitschaft oder Sonderfahrten für Vereine denkbar wären. Dies müsste laut Heck die Praxis zeigen. Fahren müssten auch dann die Fahrer mit entsprechender Erlaubnis. Hombach: "Rufbereitschaft muss auch geleistet werden, das ist ja ein ehrenamtliches Projekt." Eine Vergütung erhalten die Fahrer nicht, jedoch die Ehrenamtskarte.
Wann könnte der Bürgerbus starten?
"Im Herbst muss es losgehen", appelliert Harald Schneider. Je länger sich das ganze hinziehe, desto schneller sinke die Motivation. Als nächster Schritt müssen jetzt die Fahrgastbeförderungsscheine beantragt werden. Dafür sind Gesundheitstests aller Fahrer nötig, zudem ein Führungszeugnis und die Auskunft über Punkte in Flensburg – "das zieht sich rund drei Monate".
Wie viel soll das Projekt Bürgerbus kosten?
Die Stadt rechnet mit rund 95.000 Euro für ein neues und geeignetes Fahrzeug mit maximal neun Sitzplätzen. Dieses kann noch mit einem "normalen" Führerschein gefahren werden. Gebrauchtfahrzeuge, die Anforderungen wie die Stehhöhe zum komfortablen Ein- und Aussteigen, eine elektronische Schiebetüre und Rampe erfüllten, seien rar. Auch Gehilfen sollen transportiert werden können.
Hinzu kommen mindestens 24.000 Euro für neue Haltestellen, Werbung oder die Fahrerlaubnisse zur Fahrgastbeförderung. Zudem wird mit rund 9500 Euro pro Jahr an laufenden Kosten gerechnet, etwa für Sprit, Unterhalt und Versicherungen.
Wie wird das Angebot finanziert?
Die Stadt hat sich bereit erklärt, die Kosten im Zuge einer Anschubfinanzierung für die ersten beiden Jahre zu tragen. Zudem hat der Freistaat eine Fraktionspauschale in Höhe von 80.000 Euro zugesichert. Diese geht auf eine Initiative des CSU-Landtagsabgeordneten Thorsten Schwab zurück. Das Geld ist jedoch an eine staatliche Einmal-Förderung geknüpft, für die die Stadt bis Ende dieser Woche mit einer Zusage rechnet, so Heck. Für das Projekt sind zudem 80.000 Euro im städtischen Haushalt eingestellt.
Woher stammt die Bürgerbus-Idee?
Das Projekt war Teil des 2020-Wahlprogramms der Karlstadter CSU und SPD. "Wir wollten das offensiv angehen", sagt SPD-Stadtrat Harald Schneider, für den der Bürgerbus ein Herzensprojekt ist. Er selbst warb "beim Sport oder Einkaufen" um Mitstreiterinnen und Mitstreiter für den Verein. "Wir sind jetzt eine Truppe rüstiger Rentner in der Altersgruppe 65 plus." Auch sieben künftige Vorstände für den Verein sind bereits gefunden: "Ich habe Wert darauf gelegt, dass sowohl Bürger als auch Leute aus allen Parteien dabei sind."
Vergleichbar sein soll das Projekt mit dem Bürgerbus in Hammelburg. Gegründet wurde der Verein vor 13 Jahren von Ehrenamtlichen, eine staatliche Förderung hat dieses Projekt allerdings nicht erhalten. Der Bus dort fährt von 8.30 bis 17 Uhr im Zwei-Stunden-Takt, dafür stehen 20 Fahrer zur Verfügung. Diese seien laut Schneider alle 14 Tage für je einen halben Tag im Einsatz.
Wie viele Fahrgäste sollen den Bürgerbus im Jahr nutzen?
In Hammelburg, einer Stadt mit rund 11.000 Einwohnern, seien es zu Spitzenzeiten 6000 Fahrgäste pro Jahr gewesen, so Schneider. Für Karlstadt könne er noch keine genauen Wunschzahlen nennen. Er rechnet aber damit, dass die Menschen wohl etwas brauchen werden, um zu erkennen: "Das ist ein gutes Angebot". Hat es sich dann einmal eingespielt, könnte es auf angrenzende Gemeinden erweitert werden, so Schneider. Mit Thüngen sei man bereits im Gespräch.