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Lohr
Kann sich Lohr seinen Stadtbus noch leisten?
Die Lohrer Stadtwerke rechnen für 2023 beim Betrieb des Stadtbus-Netzes "Lohrliner" mit einem Defizit von rund 580.000 Euro.
Foto: Johannes Ungemach | Die Lohrer Stadtwerke rechnen für 2023 beim Betrieb des Stadtbus-Netzes "Lohrliner" mit einem Defizit von rund 580.000 Euro.
Bearbeitet von Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 08.02.2024 14:15 Uhr

Kann sich die Stadt Lohr angesichts ihrer chronischen Geldnot ihr Stadtbussystem "Lohrliner" auf Dauer noch leisten? Und wenn ja, in welchem Umfang? Mit dieser Frage wird sich der Stadtrat über kurz oder lang wohl befassen müssen. Das wurde am Montagabend in der Sitzung des Werkausschusses des Stadtrats deutlich. Dort stand die Finanzplanung der unter anderem für den Stadtbus zuständigen Stadtwerke auf der Tagesordnung. Einmal mehr wurde dabei deutlich, dass die Stadtwerke bei fast all ihren Geschäftsfeldern große Defizite verzeichnen.

Dass am Ende des Jahres 2023 laut Plan dennoch unterm Strich ein Plus von 320.000 Euro stehen soll, ist zwei Faktoren zu verdanken: Zum einen erweist sich die Beteiligung der Stadt an der Energieversorgung Lohr-Karlstadt auch in Zeiten der Energiekrise als zuverlässige Geldquelle, die 2023 gut 1,1 Millionen in die Stadtwerkskasse spülen soll. Zum anderen erwirtschaften die Stadtwerke neuerdings mit ihrer Abwassersparte einen Überschuss, der fürs laufende Jahr auf rund eine halbe Million Euro veranschlagt ist.

Fast alle Sparten mit Defizit

Bei allen anderen Sparten, von der Trinkwasserversorgung über die Parkplatzbewirtschaftung und das städtische Nahwärmenetz bis zum Stadtbus, steht unterm Strich ein teils kräftiges Minus. Beim Trinkwasser beträgt es gut 400.000 Euro, bei den Parkeinrichtungen rund 300.000 Euro und bei der Nahwärme gut 66.000 Euro.

Für den Stadtbus prognostizierte Stadtwerkechef Otto Mergler für 2023 gar ein Defizit von gut 580.000 Euro. Das sind knapp 100.000 mehr als noch 2022. Umso mehr Sorgen macht den Verantwortlichen die Entwicklung. Erst Ende 2021 wurde das Stadtbussystem neu aufgestellt. Seither waren beispielsweise nur noch drei statt vier Busse unterwegs. Die Neuorganisation auch des Liniennetzes sollte mehr Fahrgäste bringen und das Defizit senken.

Nun schilderte Mergler, dass sich der Stadtbusbetrieb durch deutliche Anstiege bei Dieselpreis und Personalkosten spürbar verteuert habe. Die Einsparungen aus der Neustrukturierung des Lohrliner-Systems seien "aufgebraucht". 

"Es stellt sich die Frage der Zukunftsfähigkeit des Modells Lohrliner", folgerte Mergler. Die Stadt müsse sich fragen, wie lange sie sich das noch leisten könne. Bürgermeister Mario Paul sprach davon, dass dies eine "wichtige Diskussion" sei, die man führen müsse, allerdings nicht im Zuge der aktuellen Finanzplanung für das laufende Jahr, wohl aber perspektivisch.

Parkdeckersatzbau liegt auf Eis

Während die Frage, wie es mit dem Lohrliner weitergehen soll, offen ist, herrscht bei einem anderen Thema zumindest auf kurze Sicht Klarheit: Der über Jahre angestrebte Ersatzbau des maroden Parkdecks an der Ignatius-Taschner-Straße ist auf Eis gelegt. Grund ist zum einen der laut Mergler seit der Corona-Pandemie deutlich gesunkene Parkplatzbedarf. Zum anderen lägen die einst auf gut fünf Millionen Euro veranschlagten Kosten für ein Gebäude mit rund 300 Stellplätzen heute wohl deutlich höher.

Die gestiegenen Baukosten schlagen laut Mergler auch bei allen anderen Vorhaben der Stadtwerke durch. Insgesamt planen die Stadtwerke für 2023 Investitionen von knapp 4,8 Millionen Euro. Um das Programm finanzieren zu können, wird sich der Schuldenstand der Stadtwerke nach Jahren des Rückgangs 2023 unterm Strich um rund 2,5 Millionen Euro erhöhen.

Von den Investitionen fließen rund 3,4 Millionen in den Bereich Abwasser und knapp 1,2 Millionen in die Wasserversorgung. Als ebenso wichtige wie kostenintensive Einzelprojekte nannte Mergler unter anderem Kanaldruckleitungen zwischen Steinbach und Sendelbach sowie Rodenbach und Lohr.

Fahrbahnen werden nicht erneuert

Bürgermeister Mario Paul sprach angesichts der Investitionen von einem "eindeutigen Einstieg" der Stadtwerke in das Beseitigen des über Jahre aufgelaufenen Investitionsstaus. Auch Mergler, der diesen Investitionsstau immer wieder angeprangert hatte, sprach vom "richtigen Weg".

Er verwies allerdings auch darauf, dass die Stadtwerke diesen Weg aktuell weitgehend allein gehen. Denn der Stadt fehlt weiterhin das Geld für die in ihre Zuständigkeit fallende Sanierung von Straßenfahrbahnen. Dies führt dazu, dass die Stadtwerke beispielsweise in Fahrgasse, Kelterstraße oder Mühlweg Kanäle beziehungsweise Leitungen austauschen werden, ohne dass die Fahrbahnen erneuert werden.

Dieser Zustand sei zwar "nicht befriedigend", so Bürgermeister Paul, die Finanzlage der Stadt lasse jedoch keine andere Lösung zu. Die Stadt strebe an, den Zustand all ihrer Straßen erfassen zu lassen, um in Zukunft bei Sanierungen wieder stärker mit den Stadtwerken "synchron zu laufen".

 
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