Bei Bestatterinnen oder Bestattern könnte man an Menschen denken, die fasziniert vom Tod sind und nur schwarze Kleidung tragen. Es ist ein Bild, das die 19-jährige Franca Keller aus Hundsbach, einem Ortsteil von Eußenheim, zum Schmunzeln bringt. Natürlich gebe es angehende Bestattungsfachkräfte, auf die diese Beschreibung zutreffe, aber sie seien eher die Ausnahme als die Regel. Keller macht sie bei der Karlstadter Firma Nicklaus Bestattungen eine Ausbildung zur Bestattungsfachkraft.
Auch in ihrem Fall trifft das Stereotyp nicht zu: "Mit dem Tod selbst habe ich mich noch nicht auseinandergesetzt, sondern eher mit dem Beruf Bestatter." Gedanken über ihren eigenen Tod mache sie sich eher dann, wenn Angehörige oder Bekannte beerdigt werden, selten im beruflichen oder privaten Alltag. "Das musst du auch, um den Beruf ausüben zu können", erklärt sie. Andernfalls "sitzt du am Ende nur noch daheim und gehst gar nicht mehr aus dem Haus", so die Auszubildende. Für sie sei der Tod – bedingt durch ihre Arbeit – etwas Alltägliches geworden.
Bereits in der Kindheit stand Franca Kellers Berufswunsch fest
Den Wunsch als Bestatterin zu arbeiten, hätte sie bereits als junges Mädchen gehabt. "Seit ich elf bin, bin ich mit meiner Mama bewusst auf Beerdigungen gegangen", sagt Franca Keller. "Ich fand es immer schön, wie sich die Angehörigen verabschiedet haben." Ihr ist bewusst, dass diese Aussage für den einen oder anderen ungewöhnlich klingt, auch ihre Freunde hätten in diesem Alter Beerdigungen eher gemieden. Sie sei aber noch damit aufgewachsen, dass sich nach dem Tod eines Gemeindemitglieds das ganze Dorf auf dem Friedhof versammelt, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Das sei zwar altmodisch, aber schön, findet sie.
Die würdevolle Verabschiedung eines Verstorbenen sei auch das, was ihr an ihrem Beruf besonders gut gefällt. "Du kümmerst dich um die Verstorbenen, du kleidest sie ein, du wäschst sie, richtest sie ein letztes Mal her", erklärt sie. Und weiter: "Ich begleite jemanden auf seinem letzten Weg." Das fiel Franca Keller zunächst gar nicht so einfach. "Es war ungewohnt, einen fremden Verstorbenen vor mir liegen zu haben. Ich konnte diesen auch nicht direkt anfassen und ankleiden, so wie ich es jetzt regelmäßig mache."
Daran hätte sie sich langsam herangetastet und zunächst Kolleginnen und Kollegen über die Schulter geschaut. Bei dieser Aufgabe nicht unter Druck gesetzt zu werden und sich Zeit nehmen zu können, sei wichtig, betont sie. Irgendwann käme dann die Routine und je öfter sie Verstorbene ankleide und schminke, umso alltäglicher werde es. Dazu gehöre auch Unfallopfer oder Personen, die Suizid begangen haben, herzurichten. "Ich hatte schon einmal einen Unfall", sagt sie. Diese Bilder würden "mehr im Kopf bleiben". Doch auch solche Fälle seien für sie mit der Zeit – auch aufgrund der Unterstützung in ihrem Ausbildungsbetrieb – einfacher geworden.
Ein kleiner Schnaps am Grab
Wie viele Beerdigungen sie während ihrer Ausbildung bereits begleitet hat, weiß Franca Keller nicht. "Da müsste ich nachzählen", sagt sie mit einem Lachen im Gesicht. Durchschnittlich zwei bis drei pro Woche könnten es jedoch schon sein, tippt sie. "Es gibt aber auch Wochen, wo ich entweder fünf Tage am Stück auf Beerdigungen bin, nur auf einer einzigen oder aber auch auf keiner." Das sei immer abhängig davon, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich gerade im Dienst befinden.
Bei der Frage, ob ihr bei ihrer täglichen Arbeit schon einmal ungewöhnliche Wünsche seitens der Angehörigen begegnet sind, muss die angehende Bestattungsfachkraft kurz überlegen. "Ich hatte einmal einen Sterbefall, da wurde jedem am Grab noch ein kleiner Schnaps gegeben, weil sie das anscheinend immer zusammen getrunken haben", erinnert sie sich. "Das war lustig, aber ich war schon kurz verwirrt, als die Schnäpse ausgeschenkt wurden."
Wesentlich häufiger komme es vor, dass ungewöhnliche Liedwünsche an sie herangetragen werden. Das sind dann Songs, die die Verstorbenen gerne gehört haben und die deshalb auf der Beerdigung gespielt werden sollen. Im Gegensatz zu Großstädten, wie Berlin oder München, wo viele in Alltags- oder Arbeitskleidung auf Beerdigung gehen oder nachhaltige Einäscherungssärge aus Pappe eine größere Rolle spielten, überwiege auf dem Land noch das Traditionelle. Dazu gehöre schwarze Trauerkleidung und ein Einäscherungssarg aus Holz.
Bei der täglichen Arbeit gehe es darum, die Distanz zu wahren
Damit alles glattläuft und sie den Wünschen der Angehörigen gerecht wird, arbeitet die Auszubildende mit Merklisten. Gewissenhaft geht sie die Listen durch und setzt einen Haken, sobald die Sterbebilder gedruckt, die Todesanzeige beauftragt oder das Kreuz beschriftet wurden. Das habe auch den Vorteil, dass im Krankheitsfall jemand anderes ihren Sterbefall übernehmen könnte.
Für ihre Arbeit erhält die 19-Jährige laut eigener Aussage viel Wertschätzung. Besonders freue sie, wenn Angehörige sich nach der Beerdigung für ihre Trauerbegleitung bei ihr bedanken. Trotzdem versuche sie stets die Distanz zu wahren, vor allem dann, wenn die Hinterbliebenen ihrer Trauer freien Lauf lassen. "Wenn ich mich zu den Angehörigen setzten und mitweinen würde, würde es keinem etwas bringen", erklärt sie. In welcher Stimmung sich die Angehörigen befinden, bemerke sie schon an der Art, wie sie das Bestattungsunternehmen betreten. Sie könne dann bereits erkennen, "ob sie eher Wut in sich tragen, ob sie glücklich sind, dass die Oma es endlich geschafft hat oder ob sie traurig sind und nur weinen möchten."
Die meisten Kunden seien kontrolliert, würden das Organisatorische der Reihe nach abhaken und erst später die Trauer zulassen. In besonders emotionalen Momenten zieht sich Franca Keller jedoch zurück und lässt den Angehörigen ihren Raum, erzählt sie. Sie geht dann nach draußen oder holt sich etwas zu trinken. All das erfordere zwar Mitgefühl, doch die Herausforderung für Auszubildende sei es, das richtige Maß zu finden. Es sei "ein schmaler Grat", auf dem sie sich bewege, so Keller. Trotzdem sehe sie ihre Zukunft als Bestatterin, dann aber in einer Großstadt.
Informationen zur Ausbildung als Bestattungsfachkraft
Die Ausbildungsvergütung variiert in den Betrieben. Der BDB empfiehlt ein Gehalt in Höhe von 590 Euro im ersten Jahr, 690 Euro im zweiten Jahr und 790 Euro im dritten Jahr.
Nach der Ausbildung können Bestattungsfachkräfte diverse Fortbildungen, beispielsweise im Bereich Kremationstechnik, absolvieren. Die Handwerkskammer Unterfranken stuft die beruflichen Perspektiven als "gut" ein, empfiehlt aber dennoch die Weiterbildung zur Meisterin beziehungsweise zum Meister.