"Zuhause ist, wo die Liebe wohnt", heißt es in kunstvoll geschwungenen Buchstaben auf einem rostfarbenen Blech, das zur Dekoration neben der Haustür von Bernd Brandt hängt. Doch so ein richtiges Zuhause hatte der 57-Jährige lange Zeit nicht. Der Maschineningenieur war 17 Jahre beruflich viel unterwegs, saß fast jede Woche im Flugzeug.
Zwischenzeitlich lebte er in Österreich, der Schweiz und Spanien. Dabei hatte er immer die Idee, eines Tages in das von ihm sanierte Fachwerkhaus in Eußenheim-Hundsbach zurückzukehren. Vor zwei Jahren ist er diesen Schritt gegangen. Das viele Reisen hat ihm gelangt. "Ich wollte ankommen."
Ideen und Anregungen zur Sanierung
Beim ersten "Dorfspaziergang" des Regionalmanagements des Landkreises Main-Spessart präsentierte Brandt seinen Hof rund 20 Gleichgesinnten, die sich dafür interessieren, alte Häuser wieder in Schuss zu bringen und zu ihrem neuen Zuhause zu machen. Mitorganisiert hat den Rundgang die ILE MainWerntal, es gab noch drei weitere Stopps im Ort.
Die Idee der Aktion: Das Regionalmanagement möchte Menschen dazu ermutigen, leerstehende Immobilien zu beleben – und damit auch Ortskerne. Bei den Spaziergängen im Landkreis sollen daher "gelungene Sanierungsbeispiele" demonstriert werden und als Anregungen dienen.
Haus in schlechtem Zustand gekauft
Bernd Brandt hat sein Haus direkt nach seinem Studium gekauft, das war 1989. Er hatte damals gerade beim Zementwerk Schwenk in Karlstadt angefangen. Warum es gleich eine eigene Immobile sein sollte? Zur Miete wohnen wollte er jedenfalls nicht. "Das Geld ist am Ende weg." Und für ein neues Haus hätte er damals einen Kredit aufnehmen müssen. Er hat sich daher für die aus seiner Sicht günstigste Variante entschieden.
Das vermutlich 1842 erbaute Gebäude war in einem schlechten Zustand. Das schöne Fachwerk des Hauses war damals nicht zu sehen, weil die Fassade mit einer Sandfarbe verputzt war. Aber das Haus war für "überschaubares" Geld zu haben. Außerdem ist das gesamte Grundstück immerhin 600 Quadratmeter groß, 238 Quadratmeter sind inzwischen Wohnfläche. Anfangs waren zwar nur zwei Zimmer bewohnbar, gestört hat das den damals jungen Mann aber nicht. Er hatte einen Holzofen, einen Herd und fließendes Wasser – zumindest kaltes. Mehr brauchte Brandt zu dieser Zeit nicht.
Außer Holz und Pflastersteinen keine Originalteile mehr
Im Zweifelsfall hätte er die Immobile vermutlich ohne Wertverlust auch wieder verkaufen können, meint er heute. Dazu ist es aber nicht gekommen. Über einen Zeitraum von 14 Jahren hat er Wohnhaus und Scheune wieder auf Vordermann gebracht. Fortgesetzt hat er die Renovierungsarbeiten immer dann, wenn er gerade finanziell flüssig war. Eilig hatte er es nicht. Ob er gleich eine Vision vor Augen hatte, wie das Haus am Ende aussehen soll? "Ganz am Anfang hatte ich keine Vorstellung", räumt der gebürtige Baden-Württemberger ein. Das habe sich Zug um Zug so entwickelt. Letztlich war die Erneuerung vollumfassend. Außer dem Holz und dem Pflaster des Innenhofs seien heute kaum originale Baumaterialien mehr übrig.
Egal ob Stromleitungen verlegen, Innenisolierung oder Fassade verputzen: Brandt ist stolz darauf, dass er das Haus ganz ohne Handwerker und Architekt saniert hat. Sein Vater war Referent für Bauphysik und konnte ihn gut beraten. Er selbst habe schon relativ früh auf dem Bau geholfen und kannte sich deshalb aus. Was er Leuten empfiehlt, die selbst einen Leerstand erneuern wollen? "Gewisse handwerkliche Grundkenntnisse sollte man schon haben." Wenn man nicht viel in Eigenleistung mache, dürfte ein Neubau billiger sein, glaubt der 57-Jährige.
Welche Vorzüge hat die Sanierung eines alten Hauses?
Doch die Kosten sind nur ein Faktor. Welche Vorteile die Sanierung eines Leerstands gegenüber einem Neubau sonst hat, erläuterte Architektin Sabine Adelmann zum Start des Spaziergangs. So würden anders als beim Bauen auf der grünen Wiese zum Beispiel keine Flächen versiegelt, was besser sei für die Natur. Ein Vorzug seien auch die kürzeren Wege zu Einkaufsmöglichkeiten, ÖPNV oder Gastronomie. "Man ist mitten im Geschehen."
Die Architektin merkte zudem an, dass es zahlreiche Zuschussmöglichkeiten gibt, wenn es um das Sanieren von Häusern in Dorfkernen geht. Das Regionalmanagement hat die Internetseite www.immobilienboerse.main-spessart.de eingerichtet. Dort findet sich eine Übersicht diverser Fördermaßnahmen. Außerdem bietet das Regionalmanagement Menschen, "die am Umbau eines älteren Bestandsgebäudes oder an der Nutzung einer Baulücke in älteren Baugebieten interessiert sind", eine Erstberatung durch Architekten an.
Ein Zuhause, in dem die Liebe wohnt
Brandt hatte seinerzeit keine Zuschüsse beantragt: "Auch weil ich davon nichts gewusst habe." Die Hauseigentümer waren sich beim Dorfspaziergang durch Hundsbach einig, dass es inzwischen deutlich mehr Unterstützung gibt für Bauherrinnen und Bauherren, die einen Leerstand beseitigen wollen. In gewisser Weise hat Brandt nun sogar schon zum zweiten Mal einen Leerstand beseitigt. Denn nach seinem Wegzug 2003 war sein hergerichtetes Haus die meiste Zeit unbewohnt. Er nutzte es nur im Urlaub und an Wochenenden als Ferienwohnung, hielt es in Schuss.
Nun ist es wieder ein echtes Zuhause, in dem auch die Liebe wohnt – so wie es auf dem Schild neben der Eingangstür steht. Denn Bernd Brandt wohnt dort zusammen mit seiner Frau, geheiratet haben die beiden erst vor eineinhalb Jahren. Mit der Entscheidung nach Hundsbach zurückzukehren, ist er glücklich: "Ich fühl mich sehr wohl hier."
Der zweite Dorfspaziergang findet am Freitag, 7. Oktober, 15 Uhr, in der Marktheidenfelder Innenstadt statt. Drei Gebäude können von außen besichtigt werden, Fotowände bieten Eindrücke ins Innere. Architekt Bernd Müller führt zu den Objekten und erläutert Fakten zur Orts- und Baugeschichte. Es wird um Anmeldung unter Regionalmanagement@Lramsp.de gebeten. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.