
Idyllisch könnte es sein auf der leichten Anhöhe südlich von Krautheim (Lkr. Kitzingen). Klare Luft, Ruhe, Wintersonne im Gesicht. Doch Landwirt Thomas Horn ärgert sich zu sehr, um diese Idylle zu genießen. Dabei liebt er seinen Job, besonders die langen Tage auf dem Acker, "wenn das Wetter passt". Seitdem er seine Grundsteuerbescheide bekommen hat, ist ihm die Lust allerdings ein Stück weit vergangen.
Als er davon berichtet, steht er auf einem Feldweg zwischen zwei Äckern, beide frisch gegrubbert. "Gleicher Boden, gleicher Regen, gleicher Ertrag", sagt der 43-Jährige. Für die Krautheimer Seite westlich des Wegs, Volkacher Stadtgebiet, zahlt Thomas Horn mit der neuen Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke im Jahr nun allerdings gut 30 Euro pro Hektar. Der östliche Acker auf Frankenwinheimer Gemarkung (Lkr. Schweinfurt) kostet ihn 18 Euro pro Hektar.
Thomas Horn nennt das "eine richtige Abzocke" und hat dafür einen Schuldigen ausgemacht: die Stadt Volkach. Sein Aussiedlerhof, die Weinbergsmühle, gehört zwar zu Frankenwinheim, doch die von ihm bewirtschafteten 200 Hektar Ackerland verteilen sich ringsherum. Ortsgrenzen waren da bislang zweitrangig.
Dem Landwirt geht es nicht um 200 Euro, sondern ums Prinzip
Nun soll der Landwirt aber pro Jahr rund 800 Euro statt 600 Euro Grundsteuer für seine Flächen auf Krautheimer Gemarkung zahlen. Das ärgert ihn: "Mir geht's nicht um die 200 Euro, sondern ums Prinzip." Mindestens fünf Gemeinden außen herum seien ihm bekannt, bei denen die Grundsteuer A nicht gestiegen sei. So auch in Frankenwinheim, das den Hebesatz bei 310 Prozent belässt. "Nur in Volkach ist die Grundsteuer A hochgegangen ohne Ende", sagt Thomas Horn. "Die Rechtfertigung möchte ich mal wissen."
Zeit für eine Nachfrage bei Kämmerin Christina Gehring: Warum hat Volkach den Hebesatz der Grundsteuer A um satte 60 Prozent erhöht? Von 350 auf 560 Prozent ist er gestiegen. Dennoch versichert Christina Gehring: "Wir haben uns nicht bereichert an dieser Reform." Vielmehr habe Volkach die Grundsteuer A so anheben müssen, "um unsere Aufkommensneutralität zu wahren".
Die Stadt hat einen "Unsicherheits-Puffer" von 15 Prozent eingerechnet
Ihre Rechnung sieht tatsächlich vor, dass die Einnahmen daraus für die Stadt gut 150.000 Euro betragen. Vor der Reform waren es 133.000 Euro. Die Differenz sei nur der "Unsicherheits-Puffer" von 15 Prozent. Das betont auch Volkachs Bürgermeister Heiko Bäuerlein: "Wir wollen die Leute nicht abzocken." Zwar gebe es "individuell große Abweichungen", doch habe man die Berechnung schnöde an den bisherigen Einnahmen festgemacht.

Ähnlich sieht es in Volkach bei der Grundsteuer B aus. Da hat die Stadt ihren Hebesatz von 395 auf 355 Prozent gesenkt. Ärger gab es deswegen dennoch reichlich. "In der ersten Woche ging's rund von 8 bis 16 Uhr", sagt die Kämmerin.
Zum einen hätten sich die Menschen vorab damit nicht ausreichend beschäftigt, zum anderen sei die Datenlage seitens des Finanzamts nach wie vor "sehr schwierig". Die Folge davon erlebt Christina Gehring täglich im Rathaus: "Bei uns stehen die Bürger, aber wir setzen nur das Gesetz um."
Landwirtschaftsreferent nennt die Grundsteuerreform "ein heißes Thema"
In puncto Landwirtschaft sieht Thomas Jäcklein, Landwirtschaftsreferent des Stadtrats, ein weiteres Problem: Es sei nicht ersichtlich, wie die Zahlen des Finanzamts zustande gekommen sind.
Dazu muss man wissen, wie sich die Grundsteuer A überhaupt berechnet. Die Steuerberatung des Bayerischen Bauernverbands (BBV) hat genau das aufgedröselt – keine leichte Kost! Vereinfacht heißt es darin: Die Finanzämter ermitteln einen Grundsteuerwert (vorher: Einheitswert), der sich aus den Reinerträgen (Grundbetrag, Ertragsmesszahl und Hofflächen) zusammensetzt. Dann kommen noch Kapitalisierungsfaktor und neue Messzahl ins Spiel und führen zum Messbetrag. Multipliziert man diesen mit dem Hebesatz, hat man die Grundsteuer A.

So weit, so kompliziert. Wobei sich Bayern bei der Grundsteuer A weitgehend am vom Bund vorgeschlagenen Modell orientiert, anders als beim vielfach kritisierten Flächenmodell für B. Und bei A gibt es Tabellen, in denen jede Nutzungsart zu einem unterschiedlichen Reinertrag führt. Weinberge zum Beispiel sind deutlich teurer eingestuft als Weizenfelder.
Für Thomas Horn ist das eine Fehleinschätzung. "Da verdient man nichts mehr mit dem Weinbau", lautet seine düstere Prognose. Er warnt insgesamt vor einer zu hohen Belastung der Landwirte.
Stadtratsmitglied Thomas Jäcklein weiß: Wenn Messbetrag und Hebesatz steigen, "dann beißt es". Er verspricht, sich die endgültigen Einnahmen Volkachs genau anzuschauen und "einen entsprechenden Antrag zu stellen", sollten sie höher ausfallen als erwartet.
Und Landwirt Thomas Horn? Bei ihm steht jetzt das minutiös gesteuerte Düngen auf dem Zeitplan. Auf den beiden gegrubberten Äckern wird übrigens Sommergerste wachsen. Diese liefert er als Braugerste an die Brauerei Düll in Krautheim – auf die teurere Seite also.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/38390/umfrage/hoechststeuersatz-in-ausgewaehlten-laendern/
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Aber daran gemessen sollte der Feldweg in Volkach besser in Schuss sein, als der in Frankenwinheim! Wenn nicht, ist nicht das Grundsteuergesetz falsch, sondern die Satzung. Da sollte man den Hebel ansetzen! Auch wenn die Stadt München den Hebesatz im Verhältnis zu Volkach mit 824 % zwar das 2,5fache festsetzt, so wäre an der "äquivalent" wohl eher das 10fache.
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Also das Gesetz ist nur richtig, wenn die Hebesätze äquivalent sind! Volkach und Frankenwinheim - fällt schon auf!