Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die bisherige Berechnungsgrundlage der Grundsteuer verfassungswidrig. Sie muss daher neu berechnet werden. Bayern und Baden-Württemberg nutzen Öffnungsklauseln für eigene Berechnungsgrundlagen. Allein in Bayern müssen nun über fünf Millionen Objekte neu bewertet werden. Was ändert sich dadurch für Eigentümer und Mieter? Wer muss wann aktiv werden? Und wie wird die Grundsteuer künftig berechnet? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was ist die Grundsteuer?
Die Grundsteuer ist eine Objektsteuer, die jeder Eigentümer eines Grundstückes unabhängig von seinem Einkommen bezahlen muss. Bislang unterschied der Gesetzgeber zwischen der Grundsteuer A und der Grundsteuer B. Die Grundsteuer A (agrarisch) gilt für land- und forstwirtschaftlich genutzte, unbebaute Grundstücke. Die Grundsteuer B (baulich) wird für bebaute und unbebaute Grundstücke angewendet, die nicht landwirtschaftlich genutzt werden. Durch die Reform kommt ab 2025 theoretisch noch die Grundsteuer C hinzu. Sie kann von Kommunen bei akuter Wohnraumnot auf baureife Grundstücke erhoben werden, die von den Eigentümern nicht bebaut werden. Die Grundsteuer C setzt Bayern in seiner Öffnungsklausel jedoch nicht um. Die Grundsteuer bleibt komplett in der Gemeinde.
Warum wird die Grundsteuer reformiert?
Das Bundesverfassungsgericht hat am 10. April 2018 entschieden, dass die alte Berechnungsgrundlage der Grundsteuer verfassungswidrig ist. Die bisherige Berechnung der Grundsteuer basiert auf Einheitswerten, die die Wertverhältnisse von 1964 (alte Bundesländer) beziehungsweise von 1935 (neue Bundesländer) zugrunde legten. Da sich die Werte von Grundstücken und Gebäuden seitdem sehr unterschiedlich entwickelt haben, kommt es zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung, die mit den rechtlichen Grundlagen der Grundsteuer nicht mehr zu vereinbaren ist. Wegen Übergangsfristen kann die bisherige Bemessungsgrundlage noch bis Ende 2024 nach den bisherigen Grundlagen ermittelt werden.
Was ändert sich und was bleibt gleich?
Das Grundprinzip der Berechnung bleibt gleich. Es gibt eine Bewertung des Grundvermögens, eine Steuermesszahl, die zum Bespiel Wohnraum von gewerblicher Nutzung abgrenzt, und den Hebesatz, den jede Gemeinde selbst festlegen kann. Neu ist lediglich die Bewertung des Grundvermögens. Den nehmen die Finanzämter vor. Dabei können auch mögliche Mieteinnahmen eine Rolle spielen. Die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft werden wie bisher mit dem Ertragswert bewertet. Hier wird in Bayern das Bundesrecht umgesetzt. Der Ertragswert sagt aus, wie ertragsfähig eine land- und forstwirtschaftlich genutzte Fläche ist. Bei der Grundsteuer B hat Bayern über eine Öffnungsklausel eine sehr einfache und immer gleiche Berechnungsformel gewählt. Es geht dabei ausschließlich um die Größe des Grundstücks und den Wohnraum.
Wie wird die Grundsteuer künftig ermittelt?
Zur Wertermittlung werden pro Quadratmeter Grundstück 0,04 Euro angesetzt. Für jeden Quadratmeter Nutzraum 0,50 Euro. Wird der Nutzraum ausschließlich für Wohnzwecke genutzt, werden nur 70 Prozent veranschlagt. Zudem gibt es weitere Ermäßigungen für landwirtschaftlich genutzten Wohnraum, Baudenkmäler und den sozialen Wohnungsbau. Der dann ermittelte Wert wird mit dem Hebesatz der Gemeinde multipliziert. Das Ergebnis ist die jährlich zu zahlende Grundsteuer.
Wie sieht eine Beispielrechnung aus?
Nehmen wir ein Einfamilienhaus mit 700 Quadratmeter Grundstück und 140 Quadratmeter Wohnfläche in Bad Neustadt, Sulzfeld am Main oder Höchberg bei Würzburg. Diese Gemeinden liegen mit einem Hebesatz von 350 Prozent bei der Grundsteuer B ungefähr im Durchschnittswert von Unterfranken. Die künftige Grundsteuer in Höhe von 269, 50 Euro errechnet sich wie folgt (siehe folgende Grafik):
In der Stadt Würzburg bei einem Hebesatz von 475 Prozent würde das Anwesen in dieser Beispielrechnung 365,75 Euro Grundsteuer im Jahr kosten. In Schonungen (Lkr. Schweinfurt), das mit 540 Prozent den höchsten Hebesatz Unterfrankens hat, würde es 415,80 Euro im Jahr kosten. Und in Großlangheim (Lkr. Kitzingen), das mit einem Hebesatz von 260 Prozent den niedrigsten Satz Mainfrankens hat, käme dieses Haus auf 200,20 Euro.
Wird die Grundsteuer durch die Reform steigen?
Bayerns Finanzmister Albert Füracker gibt sich zuversichtlich, dass durch den bayerischen Sonderweg einer Öffnungsklausel "regelmäßige Steuererhöhungen durch die Hintertür" vermieden werden. Die Umstellung an sich kann aber nach Meinung von Experten vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer zu deutlichen Steigerungen bei der Grundsteuer führen. In Bayern allerdings deutlich weniger stark als bei dem Bundesmodell. Zudem können die Kommunen ihre Hebesätze so anpassen, dass die Bürgerinnen und Bürger im Schnitt nicht mehr bezahlen müssen.
Zwei Beispielrechnungen aus der Region: Ein Haus im Landkreis Würzburg auf einem 705 Quadratmeter großen Grundstück mit einer Wohnfläche von 194 Quadratmeter in einer Gemeinde mit 350 Prozent Hebesatz (zum Beispiel: Erlabrunn, Höchberg, Ochsenfurt) kostet aktuell 228,45 Euro Grundsteuer. Nach der Reform würden 336,10 Euro fällig. Ein Haus mit 892 Quadratmeter Grund und 185 Quadratmeter Wohnfläche im Landkreis Main-Spessart kostet bei einem Hebesatz von 325 Prozent (Karsbach oder Neustadt am Main) aktuell 167,64 Euro im Jahr. Ab 2025 würden bei demselben Hebesatz 326,40 Euro fällig. Entscheidend dabei ist die Größe des Grundstücks und vor allem des Wohnraums.
Was gilt als Wohnfläche?
Hierzu verweist das Bayerische Grundsteuergesetz auf die Wohnflächenverordnung, die die Wohnflächen definiert und deren Berechnung regelt. Danach ist Wohnfläche alles, was zu einer Wohnung gehört. Dazu zählen auch Wintergärten, Balkone und Terrassen – und auch das häusliche Arbeitszimmer. Nicht zur Wohnfläche zählen grundsätzlich Kellerräume, Abstellräume, Waschräume, Heizungsräume etc. Garagen bleiben bis zu einer Fläche von 50 Quadratmeter außen vor, andere Nebengebäude werden bis zu einer Fläche von 30 Quadratmeter nicht berücksichtigt. Die Balkon- und Terrassenfläche zählen in der Regel ein Viertel oder höchstens zur Hälfte.
Welche Fristen sind zu beachten?
Auch wenn die Reform erst 2025 umgesetzt wird, die Neubewertung der Äquivalenzbeträge findet bereits in diesem Jahr statt. Hierzu wird ab April/Mai jeder Haus- und Grundbesitzer in Bayern informiert. Vom 1. Juli bis voraussichtlich 31. Oktober müssen Eigentümer die relevanten Grundstücksdaten durch eine Grundsteuererklärung bei ihrem zuständigen Finanzamt abgeben. Das Bayerische Finanzministerium weist darauf hin, dass vom 1. Juli bis 31. Dezember 2022 die für die Grundsteuererklärung benötigten Daten aus dem Liegenschaftskataster kostenlos online abgerufen werden können. 2024 werden dann die Kommunen ihre Hebesätze gegebenenfalls neu festlegen und anschließend die Gebührenbescheide für das Jahr 2025 verschicken.
Sind auch Mieter betroffen?
Vermieter können die Grundsteuer B bei den Nebenkosten auf ihre Mieter komplett umlegen.
Welche Vor- und Nachteile hat der bayerische Sonderweg?
Der bayerische Finanzminister Albert Füracker sieht im bayerischen Sonderweg eine unbürokratische Lösung. Im wertabhängigen Bundesmodell sieht er eine "verkappte Vermögenssteuer". Während beim Bundesmodell alle sieben Jahre die Neubewertung aller Immobilien erforderlich sei, gebe das wertunabhängige bayerische Modell Planungssicherheit und sei weniger bürokratisch. Für die SPD kritisiert deren Haushaltspolitiker Harald Güller, dass Grundstücke und Häuser in bester Lage und von hoher Qualität genau so bewertet werden, wie unsanierte Häuser an vielbefahrenen Straßen. Zudem verzichte man auf die Grundsteuer C, die Kommunen die Möglichkeit gegeben hätte, zusätzliche Steuern auf unbebaute Grundstücke zu erheben und damit Bodenspekulationen Einhalt geboten hätte.
Schäm dich Bayern! Man muss kein Freund der SPD sein um zu erkennen, dass Harald Güller recht hat. Die CSU in Verbindung mit den FW die das mitmachen schießt ein Eigentor nach dem anderen. Jeder frühere, bereits verstorbene CSU Politiker muss doch im Grabe rotieren!
700m² Grundstücksfläche, 140m² Wohnfläche
Werden die 140 von der Grundstücksfläche 700 abgezogen = 560m² zu besteuernde Grundfläche? Wenn kein Abzug erfolgt, werden die 140m² doppelt besteuert.
Jeder € der konsumativ aus gegeben wird, fehlt im Investitionshaushalt.
Unser Land wird gezielt und gewollt nicht mehr weiterentwickelt.
Ja unsere Infrastruktur verkommt , der Verfall unserer Lebensgrundlagen hat begonnen .