
330 Pferdestärken hat der Koloss. Sein Schneidwerk ist fast sieben Meter breit. Bahn für Bahn erntet ein riesiger Mähdrescher zwischen Krautheim und Rimbach ein Getreidefeld. Am Steuer des 250 000 Euro teuren New Holland sitzt Fritz Horn. Der 75-jährige Landwirt von der Frankenwinheimer Weinbergsmühle fährt seit 60 Jahren Erntemaschinen. "Mähdrescher sind mein Lieblingsspielzeug", schwärmt der rüstige Senior mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht.

Horns Mähdrescherkarriere startete im Jahr 1961. Im Alter von 14 Jahren nahm er acht Tage lang an einem Mähdrescherlehrgang in Eschwege teil. Zwei praktische Fahrstunden mussten damals ausreichen. Mit 15 Jahren erhielt er die Erlaubnis zum Führen eines Mähdreschers. "Damals haben wir auf dem Hof unseren ersten Mähdrescher bekommen, einer der ersten in der Region", erinnert er sich. Als Jugendlicher fuhr Horn das riesige Erntegerät durchs Dorf auf den Acker. Er war der einzige auf dem Hof, der die "Höllenmaschine", wie sie sein Vater bezeichnete, fahren konnte.

Sechs Jahrzehnte später kribbelt es in seinem ganzen Körper, wenn die Getreideernte kurz bevorsteht – genauso wie damals. Fritz Horn kann es kaum erwarten, dass sein Sohn Thomas – in der Regel Mitte Juli – grünes Licht zur Ernte gibt. Im Jahr 2011 hat er Thomas und seiner Familie den "Hornshof", wie Einheimische den landwirtschaftlichen Betrieb mit 180 Hektar bewirtschafteten Flächen nennen, übergeben.
"Ich selbst habe den Hof von meinem Vater 1976 übernommen", sagt der Jubilar. Damals hatten die Horns gerade einmal 13,2 Hektar zu bewirtschaften. Bis heute haben sich die Hornschen Äcker mehr als verzehnfacht. Angebaut werden vor allem Raps, Durum (Hartweizen) und Braugerste für die benachbarte Brauerei in Krautheim. "Früher haben wir sechs Wochen gedroschen, heute sind es gerade einmal zehn Tage", bedauert Fritz Horn.

Schnell ist also die Spielzeit mit dem Boliden beendet, der wie eine Spielekonsole mit einem Joystick gesteuert wird. Seine fünf Enkel wird es dagegen freuen, dass der Opa dann wieder mehr Zeit hat. Mit dem kleinen Leo steht bereits die sechste Generation am Hornshof in den Startlöchern. Und auch Klein-Leo ist schon jetzt ein echter Mähdrescher-Fan. Wenn gedroschen wird, sitzt der Bub neben Opa oder Papa oft auf dem Mähdrescher.
Was Fritz Horn am meisten begeistert, ist der technische Wandel bei den Mähdreschern. "Unser erster Mähdrescher hatte nur einen Hebel und keine Servolenkung. Eine Quälerei beim Lenken. "Du hast dich geplagt wie der Teufel", erinnert sich der Senior an die fehlende Lenkhilfe. 20 Jahre lang verrichtete das Fahrzeug auf dem Hof seinen Dienst, verbunden mit unendlich vielen Reparaturen, die das Dreschen häufig zur Tortur werden ließ.

Anschließend war Fritz Horn bei einem Oberpfälzer Lohndrescher beschäftigt, verdiente sich seine Brötchen auf einer vier Meter breiten Erntemaschine. "Da war das Dreschen schon wesentlich einfacher", blickt er zurück.
Heute rangiert er das Gefährt mit dem Joystick zentimetergenau auf den Getreideäckern. Der Mähdrescher hat modernste Technik, darunter einen Computerbildschirm mit Mähsoftware und Kühlbox. Auch ein Radio ist installiert, doch der bleibt bei der Arbeit ausgeschaltet, um sofort auf unvorhergesehene, plötzlich auftretende Geräusche reagieren zu können.

Das Dreschen ist für Fritz Horn Routine. Doch wenn das Getreide nicht steht, sondern durch einen Sturm niedergedrückt wurde, heißt es aufpassen. Volle Konzentration, um das Schneidwerk nicht im Erdreich zu ramponieren. Und der Ackerboden darf nicht in das Innere des Mähdreschers gelangen. "Nach einem schweren Gewitter braucht man so die doppelte Zeit", plaudert der Landwirt aus dem Nähkästchen.
Die Feuchtigkeit spielt beim Ernten eine große Rolle. Bevor die erste Bahn auf dem Getreidefeld zurückgelegt wird, muss Horn den Wassergehalt in den Getreidekörnern messen. In diesem Jahr ist er mit der Qualität und dem Ertrag zufrieden. Vor allem bei der Braugerste könnte es kaum besser sein.

Viele Schrumpfkörner gibt es dagegen jetzt schon beim Winterweizen. Vom Klimawandel, der aktuell in aller Munde ist, hat Mähdrescherfahrer Horn noch nicht viel mitbekommen. "Bei uns ist alles wie früher, außer dass der Bach auch im Sommer mal über die Ufer tritt." Und Starkregen spült manchmal die Zeilen seiner Weinberge aus.
Horn bewirtschaftet als Hobby sieben Hektar Weinberge. Auch das Schnapsbrennen macht er im Alter weiter. Birnen-, Zwetschgen- und Mirabellenbäume sind auf den hofeigenen Nutzflächen reichlich vorhanden. Eine Imkerei betriebt er zusammen mit seiner Tochter.
Horn ist ein Naturliebhaber durch und durch. Beim Dreschen genießt er tierische Szenen, wenn ganze Wildschweinfamilien den Dreschvorgang beobachten oder wenn sich Füchse und Rehe schnell aus dem Getreidestaub machen.