Drei Scheunenbrände in sieben Tagen im Landkreis Kitzingen. Nicht nur die Häufigkeit der Ereignisse lässt aufhorchen, sondern auch der besonders tragische Fall eines Stallbrands in Nenzenheim, bei dem 120 Schweine im Feuer verendeten. Hängen die Brände zusammen? Und hätten Frühwarnanlagen größere Schäden verhindern, in Nenzenheim vielleicht Tiere retten können?
So viel vorneweg: Bisher liegen nach den Bränden in Schernau, Neuses am Berg und Nenzenheim keine Erkenntnisse über Brandstiftung vor. Die Ermittlungen zu den Ursachen laufen allerdings noch, wie das Polizeipräsidium Würzburg auf Anfrage mitteilt. Damit rücken sogenannte technische Defekte in den Mittelpunkt der Untersuchungen. Klar ist allerdings, dass jeweils sechsstellige Schadenssummen entstanden. In Nenzenheim ist gar von einer Viertelmillion Euro Schaden die Rede.
Wilfried Distler, Geschäftsführer des Bauernverbands Würzburg, selbst von Nenzenheim, kennt den Hof gut, der am Sonntagabend Feuer fing. Es handele sich um einen von alters her gewachsenen Betrieb, einen Stall-Scheunen-Komplex. "Unten werden die Schweine gehalten – oben lagert das Stroh." Bei dem Brand sei "nichts mehr zu retten gewesen". Distler sagt mit Blick auf die 120 verendeten Schweine: "Da trifft den Tierhalter keine Schuld." Das Feuer sei so heftig gewesen, dass man die Tiere nicht mehr hätte ins Freie treiben können.
26 Schweine waren im sicheren Nebengebäude untergebracht
Dass überhaupt 26 Schweine gerettet werden konnten, habe nur daran gelegen, dass sie in einem Nebengebäude untergebracht waren, erklärt Distler. Eine Menschenkette aus Feuerwehrleuten und Nachbarn wollte sie schon befreien, doch letztlich habe die Wehr das Nebengebäude vor den Flammen bewahren können und folglich sei es das Beste gewesen, die Tiere unter Aufsicht in ihrem Stall zu lassen.
Der tragische Fall dort hat allerdings grundsätzliche Fragen zum vorbeugenden Brandschutz aufgeworfen, denen die Redaktion nachgegangen ist: Was man aus Häusern und Wohnungen kennt, nämlich die Pflicht, Rauchmeldeanlagen zum Schutz der Bewohner zu installieren, ist für Tierställe nicht vorgeschrieben. Vielmehr liegt der Brandschutz bei Ställen unter 1600 Quadratmetern Größe – so wie in Nenzenheim – sogar völlig in der Eigenverantwortung des Landwirts, erklärt das Landratsamt Kitzingen auf Anfrage. Zwar müssten Landwirte auch für kleinere Ställe ein Brandschutzkonzept erstellen, das aber nicht behördlich geprüft wird. Erst ein Stall mit mehr als 1600 Quadratmetern Größe gilt als "Sonderbau". Dann muss der Betreiber sein Brandschutzkonzept vorlegen und prüfen lassen.
Unterm Strich bedeutet das: Bei kleinen Ställen liegt es allein am Landwirt, ob er freiwillig Frühwarnsysteme installiert. Und das geschieht offensichtlich selten. Der Grund: Einfache und billige Rauchmelder, wie man sie von zuhause kennt, taugen nicht für die schwierigen Umgebungsbedingungen im Stall. Wilfried Distler vom Bauernverband erklärt, dass klassische Rauchmelder dort oft Fehlalarme auslösen würden. Gerade in Schweineställen würden solche Anlagen durch Aerosole der Tiere, aufgewirbelten Staub oder Dreck beeinträchtigt. Entweder verschmutzen sie und werden wirkungslos oder lösen Fehlalarme aus. Die Folge: Der genervte Landwirt schaltet die Rauchmelder ab oder installiert sie erst gar nicht.
Brand-Frühwarnanlagen für kleine Betriebe nicht vorgeschrieben
Moderne Alarmanlagen, die über Batterien oder Akkus gepuffert sind und zudem einen Alarm ans Telefon absetzen, gibt es laut Kreisbrandrat Dirk Albrecht für die Lüftungstechnik. Hier ist eine frühzeitige Alarmierung nötig, wenn die Lüftungsanlage ausfällt, damit die Tiere nicht ersticken. Ein solcher tragischer Fall hat den Landkreis Kitzingen erst vor zwei Jahren beschäftigt, als 357 Schweine in einem Stall qualvoll verendeten. Während aber die Lüftung und eine entsprechende Überwachungs- und Alarmierungstechnik vorgeschrieben sind, gilt das nicht für Frühwarnanlagen im Fall eines Brandes.
Auf Nachfragen dauert es, bis Behördenvertreter auf den Punkt kommen: Letztlich schreibe der Freistaat Bayern den Landwirten deshalb keine Rauch-Frühwarnsysteme vor, weil die auf dem Markt existierenden Systeme nicht zertifiziert sein sollen, sagt ein Vertreter der Landesanstalt für Landwirtschaft in Grub bei München. Sprich: Man möchte vermeiden, dass sich Landwirte für viel Geld Anlagen installieren, die störungsanfällig sein könnten und damit dem Ärger mit der Branche aus dem Weg gehen.
Die Firma Telenot im schwäbischen Aalen kennt diese Diskussion. Sie vertreibt solche Anlagen, die nach Aussage des Unternehmens extra für "schwierige Umgebungsbedingungen" hergestellt werden, wie sie in Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft vorkommen, wo staub-, öl- oder anders belastete Luft detektiert werden soll. Und ihre Anlagen sind zertifiziert nach Europäischer Norm (EN) und nach den Normen der Schadensverhütung GmbH (VdS). Das von Telenot vermarktete System besteht aus Rohrleitungen, die zum Beispiel im Stall verlegt werden. Über Löcher in den Leitungen wird die Luft angesaugt und auf Rauchpartikel untersucht. Aufwendige Filter sollen Fehlalarme ausschließen.
Das Unternehmen verkauft zwischen 100 und 200 Stück davon pro Jahr in Deutschland; der Markt dafür ist klein. Nicht zuletzt wegen der Kosten: Immerhin muss man für eine professionelle Rauchgas-Ansauganlage vier- bis fünfstellige Beträge investieren. Am ehesten lassen sich Pferdebesitzer das in den Ställen einbauen. Warum? Pferde seien teuer und oft hätten die Besitzer eine enge emotionale Bindung zu ihnen, vermutet der Unternehmenssprecher.
Tierschutzorganisation Peta stellt Strafanzeige
Manche Gesprächspartner haben Verständnis für die Haltung der Landwirte. In der Schweinehaltung gebe es häufige Änderungen der Vorschriften; alles sei sehr schnelllebig, sagt Rainer Mense, Bauberater beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Coburg. Das verursacht Kosten. Dazu im Kontrast stünden fallende Erlöse aus der Tierhaltung sowie steigende Preise für Energie, Dünger, Baumaterial. "Manche Schweinezüchter lassen inzwischen ihre Ställe leer stehen", sagt Mense, weil sich die Aufzucht nicht mehr lohne. Dennoch betont auch er: Brandschutz müsse immer das Wohl von Menschen und Tieren im Blick haben. Deshalb appelliere er in Schulungen an die Landwirte: "Achtet bitte aus eigenem Interesse auf den Brandschutz."
Das Eigeninteresse ist für die Tierschutzorganisation Peta eine zu geringe Motivation. Ihre Pressestelle in Stuttgart hat auf den Brand in Nenzenheim reagiert und Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Würzburg gegen den Verantwortlichen gestellt. Peta erinnert daran, dass ihren Informationen zufolge jährlich Zehntausende Tiere bei Stallbränden sterben würden, "weil die gesetzlichen Vorgaben unzureichend sind".
"Um die Tiere vor dem Verbrennen zu schützen und auch den Schaden für die Landwirte möglichst gering zu halten, ist auch die Politik gefragt, gesetzliche Regelungen zu verschärfen“, sagt Lisa Kainz, Agrarwissenschaftlerin und Peta-Fachreferentin für Tiere in der Ernährungsindustrie. Letztlich könnten alle Menschen durch ihre Ernährungsweise Einfluss auf das Tierwohl nehmen.
Warum ein vorbeugender Brandschutz für Tiere und Menschen wichtig ist, zeigt das Beispiel der drei Brände aus den vergangenen Tagen. Sie alle fanden in dicht bebauten Ortskernen statt und nur durch die schnellen und konsequenten Einsätze der Feuerwehren wurde Schlimmeres verhindert.
Kreisbrandrat Dirk Albrecht erinnert daran, dass es zum Beispiel in Nenzenheim eine große Brandlast gegeben habe und in unmittelbarer Nähe des betroffenen Hofes Kirche, Gemeindehaus und Wohnhäuser der Nachbarn stehen. Aus Sicht des Kreisbrandrats war es daher eine große Hilfe, dass über eine nahe Wasserentnahmestelle schnell und ausreichend Löschwasser zur Verfügung stand. Im Nachhinein sagt Albrecht: "Das war ein großes Glück."
Es gibt heute sehr ausgeklügelte Brandschutz-Systeme, die ich auch schon von 1982 an kennengelernt und in verschiedensten Unternehmen Deutschlands eingebaut habe, wie z.B. auch bei der Main-Post! Die war da übrigens mein größten Projekt derart.
Die Melder für einen drohenden Brand sind heute einfach so sehr differenziert, dass da eigentlich kein Brand mehr unentdeckt bleibt!
Und ich rede da nicht von Solo-Brandmeldern, die nur Krach Schlagen, wie sie in Wohnungen mittlerweile vorgeschrieben sind!
Ich rede von sehr ausgefuchsten Meldern, die auch die Feuerwehr alarmieren können...
Doch sowas kostet halt auch richtig Geld.
Hier wird halt der Wert der Tiere ins Verhältnis gesetzt, zu dem Aufwand, diese vor Unheil zu beschützen.
Und offensichtlich kann man den Verlust der Tiere einfacher verschmerzen, weil da mögliche Versicherungen greifen, als dass man eine effektive Feuermelde-Anlage einbaut.