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Sommerach/Schwarzach
Neue Grube vor Sommerach geplant: Heidelberger Sand und Kies will eine zwölf Hektar große Fläche ausbeuten
Die Weininsel Sommerach könnte bald noch mehr Wasser bekommen: Heidelberger Sand und Kies will dort buddeln – und einen See hinterlassen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Am Sommeracher Ortsrand baut die Heidelberger Sand und Kies GmbH bereits auf einer kleinen Fläche die Rohstoffe ab. Dieses Gebiet möchte die Firma auf rund zwölf Hektar ausweiten, bis zur Abzweigung des Sportplatzes Gerlachshausen.
Foto: Barbara Herrmann | Am Sommeracher Ortsrand baut die Heidelberger Sand und Kies GmbH bereits auf einer kleinen Fläche die Rohstoffe ab.
Barbara Herrmann
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:54 Uhr

Wäre der Kampf um Land ein Spiel wie bei "Siedler von Catan", dann hätten die Bürgerinnen und Bürger Sommerachs ihrem Gegenspieler zu Spielbeginn immerhin gewissen Respekt abgenötigt. Denn die Heidelberger Sand und Kies GmbH (HSK) hatte bei ihrer Infoveranstaltung zu einer neuen Grube direkt neben dem Ort Spielregeln mitgebracht, die den rund 40 Anwesenden, inklusive Bürgermeisterin Elisabeth Drescher, nicht gefielen.

Der Bürgersaal des Sommeracher Rathauses war gut gefüllt, als HSK-Regionalmanager Dirk Berger einen sehr kurzen Überblick über den geplanten Abbau von Sand und Kies gab. Anschließend sollten sich die Leute an den verschiedenen Stehtischen verteilen, um den Fachleuten einzeln ihre Fragen zu stellen. Ein Ablauf, der vielen nicht gefiel – und HSK gab dem Drängen der Bürgermeisterin nach.

Mehrere Expertinnen und Experten hatte die Heidelberger Sand und Kies GmbH zur Infoveranstaltung nach Sommerach mitgebracht. Norbert Weiß (rechts), Leiter des Bergbauamtes Nordbayern, erläuterte im Bürgersaal, wie das Genehmigungsverfahren abläuft.
Foto: Barbara Herrmann | Mehrere Expertinnen und Experten hatte die Heidelberger Sand und Kies GmbH zur Infoveranstaltung nach Sommerach mitgebracht.

Anschließend lauschten die Bürgerinnen und Bürger so diszipliniert den kurzen Fachvorträgen der Expertinnen und Experten, wie es Drescher versprochen hatte. Zudem hakten sie kritisch nach zu dem Projekt allgemein, dem aufwendigen Genehmigungsverfahren, Emissionen aus Lärm und Staub, Auswirkungen auf das Grundwasser, Hochwasserschutz, Rekultivierung und Artenschutz. Hier kommen die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was plant HSK vor dem Ortseingang von Schwarzach kommend?

Die Tochterfirma von Heidelberg Materials holt bereits direkt vor Sommerach von Schwarzach kommend auf einer Fläche von gut zwei Fußballfeldern (1,6 Hektar) Sand und Kies aus dem Boden, allerdings im Trockenabbau. Dieses Areal soll entlang der Schwarzacher Straße erweitert werden auf insgesamt gut zwölf Hektar, bis zur Abzweigung des Sportplatzes Gerlachshausen. Das dann aber im Wasser, da deutlich tiefer gebuddelt wird.

Untersuchungen haben ergeben, dass dort ein Rohstoff-Vorrat von 1,7 Millionen Tonnen zu finden ist, der im Lauf von sechs Jahren in mehreren Abschnitten abgebaut werden soll. Währenddessen und bis fünf Jahre nach Abbauende soll die fast 17 Fußballfeder große Fläche rekultiviert werden.

Darf dort nach dem Abbau wieder Ackerbau betrieben werden?

Nein. Etwa zwei Drittel des Gebiets sollen zwar wieder verfüllt werden, doch soll danach artenreiches Grünland entstehen statt landwirtschaftlich genutzter Flächen. Das kritisierte eine Bürgerin mit Verweis auf kommende Generationen. Und ein Eigentümer zeigte sich mit der ihm angebotenen Ersatzfläche nicht einverstanden.

Neue Grube vor Sommerach geplant: Heidelberger Sand und Kies will eine zwölf Hektar große Fläche ausbeuten

Auf einem Drittel der Fläche soll ein rund vier Hektar großer See entstehen, den Sommerach eines Tages eventuell für die Bewässerung seiner Weinberge nutzen könnte. Vom Artenschutz her sahen zwei Expertinnen bis auf die Feldlerche wenig Probleme. Eidechsen könnten umgesiedelt werden, von Ausgleichsmaßnahmen für diese profitierten auch die Rebhühner. Und ein weiterer Fachmann versicherte, dass die Grabungen sich weder auf den Hochwasserschutz noch auf das Grundwasser negativ auswirkten.

Wem gehört die Abbaufläche überhaupt?

Aktuell ist HSK im Besitz von rund 70 Prozent des geplanten Abbaugebiets. Theoretisch, erklärte Norbert Weiß vom Bergbauamt Nordbayern auf Nachfrage, gebe es die Möglichkeit der Enteignung. Laut Michael Hoffeins, Leiter Rohstoffsicherung Deutschland bei HSK, hat man sich "immer gütlich einigen" können. Doch neben den Eigentumsverhältnissen muss dringend noch über die Wünsche der Gemeinden selbst gesprochen werden. Denn das Abbauvorhaben liegt zwar viel näher am Sommeracher Wohnort, aber zum Großteil auf Schwarzacher Gemarkung. Und der Nachbarort hat angesichts der großen Baggerseen in Hörblach und Schwarzenau keinerlei Interesse an noch mehr Wasserflächen, wusste ein Zuhörer.

"Wenn das Sommerach helfen würde, kann ich mir vorstellen, dass mein Gemeinderat das mit dem See nochmal überdenken würde."
Volker Schmitt, Bürgermeister Schwarzach

Warum weiß der Schwarzacher Bürgermeister noch nichts von den Plänen?

Schwarzachs Bürgermeister Volker Schmitt bedauerte am Tag nach der Veranstaltung, von HSK nicht dazu eingeladen worden zu sein. Er bestätigte auf Nachfrage dieser Redaktion, dass Schwarzach auf seinem Gemeindegebiet eine Wiederauffüllung lieber wäre als ein weiterer See: "Wasserflächen wollen wir auf keinen Fall mehr." Allerdings sehe er in einem möglichen Reservoir für die Beregnung einen großen Nutzen für Sommerach und betonte den "sehr guten Draht" zur Nachbargemeinde.

Der Bürgermeister zeigte sich gesprächsbereit: "Es ist an der Zeit, dass wir uns zu dritt an einen Tisch setzen." Und das letzte Wort, ob See oder nicht, habe sowieso der Gemeinderat, ergänzte Schmitt: "Wenn das Sommerach helfen würde, kann ich mir vorstellen, dass mein Gemeinderat das mit dem See nochmal überdenken würde."

Laster, Lärm, Staub: Was kommt da auf Sommerach zu?

Was Lärm und Staub angehe, werden alle Grenzwerte eingehalten, versicherte ein Experte den Anwesenden. Der Regelbetrieb läuft von Montag bis Freitag. Abgebaut werden darf dort von 6 bis 17 Uhr. Die normale Arbeitszeit, ergänzte Jürgen Popp, sei zwischen 7 und 16 Uhr. Der Werkleiter von HSK in Dettelbach rechnete auch bei der Anzahl der Laster ähnlich: Im Antrag stehen zwar durchschnittlich acht Transporte pro Stunde; das passiere aber höchstens stoßweise.

Das schaffe die Anlage in Dettelbach sonst nämlich gar nicht. Denn verarbeitet wird der Sand und Kies nur dort im Kieswerk. Eine mobile Aufbereitungs- oder Sortieranlage wird es in Sommerach nicht geben. 300.000 Tonnen Material sollen pro Jahr nach Dettelbach gefahren werden. Ein Wohnort muss dafür nicht durchquert werden.

"Wie profitieren denn Sommerach oder Schwarzach davon? Mir fehlt, dass die Firmen da was zurückgeben."
Daniel Pataky aus Sommerach

Was sind die negativen Auswirkungen des Projekts?

Auf den Punkt brachte es der Sommeracher Daniel Pataky: "Mehr Lärm, mehr Staub, mehr Verkehr und die Straßen werden unter dem Bergbau leiden." Das sei ein großes Risiko für die Gemeinde und seine Frage dazu lautete: "Wie profitieren denn Sommerach oder Schwarzach davon? Mir fehlt, dass die Firmen da was zurückgeben." Darauf bekam er zwei eher ernüchternde Antworten.

Von Bürgermeisterin Elisabeth Drescher: "Die Gemeinde hat keinen Profit; es ist ja auch nicht unser Grund und Boden." Und von Norbert Weiß vom Bergbauamt: "Ohne Zweifel kommen da Erschwernisse auf Sie zu, aber der Rohstoff kann nur da gewonnen werden, wo er ist." Allerdings verwies nicht nur Drescher darauf, dass auf dem Gebiet hinterher ein Naherholungsgelände entstehen könnte, und HSK bat um Anregungen dafür.

Können die Gemeinden das Abbauvorhaben überhaupt ablehnen?

Eigentlich nicht. Denn der Regionalplan als grundlegender Spielplan soll unter anderem die Versorgung mit heimischen Rohstoffen sicherstellen. Wobei das Landschaftsschutzgebiet Mainschleife – also auch die aktuelle Fläche – darin nicht unter den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten aufgelistet ist.

Neue Gruben sind dennoch möglich und müssen fallweise geprüft werden. Deren Notwendigkeit scheint unstrittig, da die vorhandenen Vorkommen zur Neige gehen. Das Material in Dettelbach reicht laut HSK noch maximal für vier Jahre. Dort müsse heute schon für die Herstellung von Beton Kies zugekauft werden. Und wie heißt es schon in der Anleitung der "Siedler": "Wer bauen will, braucht dazu Rohstoffe."

 
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  • sauer.paul.nordheim.de@web.de
    Bei jeder Baumaßnahme und Flächenversiegelung (z.B. durch neue Wohn- und Gewerbegebiete, Straßen- Autobahnbau) muss genauestens hinterfragt werden, ob diese wirklich notwendig ist.

    Sofern ja, muss geprüft werden ob tatsächlich ein Neubau nötig ist oder ob eine Sanierung die umweltfreundlichere Alternative ist.

    Für jedes Bauvorhaben werden Sand (für Beton) und andere Rohstoffe benötigt.

    Eine Möglichkeit, die erforderlichen Rohstoffe auf nachhaltiger zu gewinnen, entwickelte eine Forschergruppe im Rahmen des Fraunhofer-Verbundprojekts BauCycle. Die Idee: Bauschutt recyceln und daraus einen nachhaltigen Wertstoff herstellen.

    Die in den letzten Jahrzehnten weltweit sehr stark gewachsene Flächenversiegelung, Waldrodung, usw. ist eine der vielen Ursachen des Klimawandels sowie von Hochwasserschäden.

    Verantwortlich dafür ist die Politik, die auf Konsumanreize setzte, immerwährendes Wachstum und immer größeren Luxus versprach und die Welt ökonomisch in Gewinner und Verlierer spaltete.
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  • MMartin
    ... und immer wieder kommen Stimmen auf, dass der regional abgebaute Sand nicht regional verarbeitet wird, sondern per Schiff in Baugebiete verkauft wird, in denen der Rohstoff fehlt (z.B. Dubai).
    Wenn diese Wege/ Aussagen stimmen finde ich es schon schade wenn wir hier bei uns Hörblachs produzieren und Naturzonen zerstören, um Häuser und Straßen jn Dubai zu bauen...
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  • sabbel
    Aber wenn der Sand und Kies bei Sommerach abgebaut wird, ist das doch kein Heidelberger Sand und Kies mehr ??
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  • mail@marc-stuermer.de
    Jede Wette, dass es nicht lange dauern wird, bis eine Bürgerinitiative gegen diese Pläne zu Felde treten wird. Das ist ja in Nordheim nicht anders gelaufen, als dort eine neue Grube geplant wurde.

    Die Leute sehen einfach die Gruben bei Hörblach und Schiffmühle, und wollen das nicht vor ihrer Haustür haben.
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