Seit gut drei Jahren ist bekannt, dass das Bauunternehmen Glöckle im Maintal bei Grafenrheinfeld seine Sand- und Kiesabbauflächen massiv erweitern will. Genauso lange hält die Gemeinde ihren Widerstand dagegen aufrecht. Jetzt hat die Firma Glöckle den nächsten Schritt getan und beim Landratsamt Schweinfurt den Antrag auf das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren eingereicht.
Dazu ließ das Unternehmen etliche Gutachten zu den Themen Hydrologie, Grundwasserschutz, Artenschutz, Immissionsschutz, Bodenschutz, Abbauplanung und Verfüllung erstellen. Das Landratsamt überprüft derzeit, ob der Antrag vom 19. Mai vollständig und aussagekräftig ist, um alle Rechts- und Fachfragen beurteilen und entscheiden zu können, teilt Pressesprecher Andreas Lösch auf Anfrage mit.
Im Laufe des Verfahrens werden solche Themen sowie Flächenverbrauch, landwirtschaftliche Nutzbarkeit, oder Einschränkungen der Gemeinde vom Landratsamt bewertet, abgewogen und eine Abwägungsentscheidung getroffen. Anders als bei einem baurechtlichen Verfahren, bei dem der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung hat, wenn gesetzliche Vorgaben erfüllt sind, gibt es im wasserrechtlichen Verfahren diesen Anspruch nicht. In diesem Fall wird eine Ermessensentscheidung getroffen.
Ursprünglich hatte die Firma Glöckle 85 Hektar Abbaufläche im Anschluss an ihr Kies- und Baustoffwerk an der Gochsheimer Straße angepeilt. Aber die Regierung von Unterfranken hatte im Raumordnungsverfahren nur gut die Hälfte als raumverträglich gewertet. Der aktuelle Antrag auf Planfeststellung umfasst nach Angaben des Schweinfurter Landratsamtes nun eine Abbaufläche von 45,3 Hektar und eine Zwischenlagerfläche von 1,9 Hektar.
Bürgermeister Keller appelliert an Grundstückseigentümer, nicht zu verkaufen
Dreh- und Angelpunkt für einen Sand- und Kiesabbau ist, dass die Firma auch im Besitz der fraglichen Flächen ist. Bürgermeister Christian Keller appelliert immer wieder an die Eigentümer, bei etwaigem Verkaufswillen nicht an Glöckle, sondern an die Gemeinde heranzutreten. "Wir haben einige Grundstücke kaufen können", erklärt er auf Nachfrage. Ihm und der Gemeinde geht es darum, die verbliebenen 460 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche – von einst 1000 Hektar – in der Grafenrheinfelder Gemarkung zu erhalten.
"Wenn aktuell das Thema Rohstoffknappheit im Raum steht, muss man auch fragen, von welchen Rohstoffen man spricht", sagt Keller. Denn die Ackerflächen seien der Rohstoff, um Lebensmittel zu erzeugen. Was derzeit besonders wichtig sei.
Dass aber auch der Rohstoff Sand und Kies weltweit, in Deutschland und Unterfranken knapp ist, macht Glöckle geltend. Das Bauunternehmen führt an, das Material sei nicht nur für den Haus- oder Straßenbau nötig. Sand stecke auch in Fenstern, Trinkgläsern, Handys, WC-Schüsseln oder Zahnpasta.
Wie die Gemeinde so gibt auch die Firma Glöckle an, bereits einige Grundstücke im möglichen Abbaubereich erworben zu haben. Wie viele es sind und ob der Erwerb in Kauf oder Pacht lief, will sie nicht mitteilen. Für das Planfeststellungsverfahren ist es aber unerheblich, ob das Unternehmen als Antragsteller im Besitz der Fläche ist.
Unternehmenssprecherin: Bedarf für die Region soll aus der Region gedeckt werden
Warum es trotz des Widerstands auf genau dieser Fläche beharrt, erklärt Unternehmenssprecherin Lena Pfister: Der Bedarf für die Region sollte auch regional gedeckt werden, um die Verkehrswege nicht zu überstrapazieren. Regionale Verfügbarkeit von Rohstoffen bedeute zudem Unabhängigkeit und stabile Preise für die Region.
Der Standort in Grafenrheinfeld sei deshalb der bestmögliche, weil nur kurze Transportwege zum vorhandenen Kieswerk nötig seien. Bei alternativen Standorten würden zudem Bebauungspläne oder Naturschutzgebiete einen Abbau verhindern.
Um die Grafenrheinfelder Bürger zu informieren, hatte Glöckle im Mai eine Infoveranstaltung anberaumt. Allerdings nicht in der Gemeinde selbst, "weil uns trotz Nachfrage leider keine Räumlichkeit zur Verfügung gestellt wurde", wie Pfister erklärt. Sondern im Pfarrsaal in Bergrheinfeld. Neue Erkenntnisse für die Gemeinde habe es nicht gegeben, sagt Bürgermeister Keller.
Wichtiger Punkt ist die vom Bauunternehmen geplante Wiederverfüllung der ausgebeuteten Flächen. Während die Firma den gesamten Bereich zu 95 Prozent mithilfe eines Bodenschutzkonzepts füllen und der Landwirtschaft wieder zur Verfügung stellen will, glaubt Keller nicht an eine Wiederherstellung. "Wenn die Fläche einmal zerstört ist und der in Jahrtausenden erfolgte, schichtweise Aufbau des Bodens verändert ist, kann man das nicht mehr herstellen." Als Negativbeispiel führt er ein ehemals fruchtbares Feld hinter dem Sauerstücksee an, das nach der Verfüllung nicht mehr bebaubar sei. "Da wächst nur noch karger Rasen".
Glöckle widerspricht und verweist auf laufende Verfüllungen bei Oberndorf
Dagegen verweist Glöckle auf laufende Verfüllungen bei Oberndorf und Schmachtenberg nach den Kriterien des Bayerischen Eckpunktepapiers zur Nassverfüllung von Gruben und Steinbrüchen. Die Verfüllung laufe zur vollsten Zufriedenheit der Aufsichtsbehörden, in diesem Fall die Stadt Schweinfurt. In Oberndorf werde auf rekultivierten Flächen bereits wieder Ackerbau betrieben.
Manchmal mehr manchmal weniger wichtig
„Denn die Ackerflächen seien der Rohstoff, um Lebensmittel zu erzeugen.“
Da hat Bgm. Keller vollkommen recht. Aktuell kann man aber live mitverfolgen, wie am Bauernwehr ehemalige Getreideflächen und ein Baum-Hecken-Biotop für einen unnötigen Supermarkt nebst Riesenparkplatz zerstört wurden und genau diese Rohstoffe verbaut werden, die Glöckle gleich in der Nachbarschaft fördern will! Für den verschwenderischen Umgang mit unserer natürlichen Grundlage Boden ist Grafenrheinfeld eben selbst ein unrühmliches Beispiel. Demnächst gibt es ja noch eine Neubausiedlung und weitere überflüssige Großprojekte, die auch nicht ohne Verbrauch von Flächen, Sand und Kies auskommen.