Gegenwind sind Hermann (69) und sein Sohn Christian Reifenscheid (39) von der Firma Lenz Ziegler Reifenscheid (LZR) mit Hauptsitz in Kitzingen gewohnt. Beim Gespräch zieht der 69-jährige Geschäftsführer einen Artikel dieser Redaktion vom Februar 1988 aus einem Ordner. Die Überschrift vor 31 Jahren lautete: "Bringt Petition an den Landtag den Kiesabbau noch zu Fall?" Die Überschrift könnte man genau so heute noch verwenden, hat doch die Bürgerinitiative "Erhalt der Nordheimer Au“ auch aktuell eine Petition beim Umweltausschuss des Bayerischen Landtags eingereicht. Der hatte seine Entscheidung in der vergangenen Sitzung wegen fehlender Unterlagen allerdings vertagt. Mittlerweile wollen auch die Volkacher eine Verlängerung der Abbaugenehmigung am Elgersheimer Hof bei Fahr verhindern.
Was sagen Sie zu dem Aktionsbündnis, das sich aus Volkachern und Nordheimern gegen den Sand- und Kiesabbau an der Mainschleife formiert hat?
Hermann Reifenscheid (HR): Wir fragen uns, wie das weitergehen soll, wenn wir nirgends mehr Sand und Kies abbauen dürfen. In ganz Deutschland gibt's Bürgerinitiativen zu dem Thema.
Christian Reifenscheid (CR): Gegenfrage: Was glauben Sie, wie viel Sand und Kies verbrauchen wir pro Kopf täglich? Es ist viel mehr, als die meisten denken! Zehn Tonnen mineralische Stoffe werden in Deutschland pro Kopf und Jahr verbraucht, die Hälfte davon sind Sand und Kies. Runtergebrochen auf den Landkreis Kitzingen mit seinen 90 000 Einwohnern bedeutet das, nur hier werden 450 000 Tonnen pro Jahr benötigt.
Wie kommt es zu derart hohen Zahlen?
CR: Ein Beispiel: Allein für das neue Logistikzentrum von Puma, das jetzt bei Geiselwind gebaut wird, werden für den Beton rund 100 000 Tonnen Sand und Kies benötigt. Beim Ausbau der A 3 sprechen wir von mehreren Millionen Tonnen. Das müssten wir alles auf zehntausenden Lkw durch Deutschland fahren, wenn wir hier keine Rohstoffe mehr gewinnen dürfen. Das kann doch nicht im Sinn des Naturschutzes sein.
Liegen die Umweltschützer also falsch mit ihrer Kritik?
CR: Die Naturschützer schauen sich nur ein kleines Stück Land an, das ist ein Fehler. Man muss doch auch einmal das große Ganze sehen. Es ist kurzsichtig, wenn man versucht, den regionalen Abbau zu verhindern.
Aber wie kann es sein, dass sich der Abbau – wie am Elgersheimer Hof bei Fahr – über Jahrzehnte hinzieht, obwohl er längst beendet sein sollte?
CR: Drei große Punkte erklären solche Verzögerungen. Erstens können wir die Baukonjunktur und somit den Bedarf überhaupt nicht beeinflussen. Die Konjunktur boomt bei uns seit vier Jahren, aber das war nicht immer so. Zweitens gibt es heute ganz andere Methoden, das Vorkommen zu messen. Am Elgersheimer Hof haben wir deutlich mehr Kies gefunden, als damals vermutet worden war. Drittens wurden die Grenzwerte für das Material zur Verfüllung von Gruben seit dem Jahr 2000 extrem verschärft. Das erschwert unsere Arbeit. Zudem verkaufen manchmal Eigentümer ihre Flächen erst nach und nach.
Laut der letzten Genehmigung sollte der Abbau dort aber 2006 endgültig beendet sein. Und die Rekultivierung längst erledigt.
CR: Das stimmt, aber dort kam erschwerend hinzu, dass die Stadt Volkach das Gelände im Jahr 2000 an die Koppelfischerei, eine Art Genossenschaft, verkauft hat. Mit diesem neuen Eigentümer mussten wir erst einiges klären, da konnte der Bagger viele Jahre lang nur an einer Seite arbeiten, nicht im vollen Betrieb. Erst seit Mitte 2018 ist das wieder möglich.
Jetzt ist somit also ein schnelles Ende in Sicht, wie es sich das Aktionsbündnis wünscht?
CR: Am liebsten würden wir dort so lange arbeiten, bis alle Rohstoffe endgültig ausgebeutet sind, höchstens aber noch zehn Jahre. Die Grube am Elgersheimer Hof ist vermutlich die umweltverträglichste in ganz Unterfranken. 95 Prozent des Materials dort wird mit dem Schiff abgefahren.
SR: Genau, da geht überhaupt nichts durch Fahr durch. Der Sand und Kies von dort kommt per Schiff direkt nach Kitzingen.
An wie vielen Orten im Landkreis buddeln Sie aktuell?
CR: Von 19 Gruben, die wir betrieben haben, sind vier noch aktiv: Hörblach, die Bördleingrube bei Astheim, am Elgersheimer Hof bei Fahr und eine in Schwarzenau.
Warum braucht es denn überhaupt das neue Abbaugebiet in der Nordheimer Au?
HR: Natürlich brauchen wir die Rohstoffe, aber die Auen, die dort entstehen, will doch sogar der Bund Naturschutz (BN) haben. Und wir machen sogar umsonst, was der BN vom Staat fordert. Wir bekommen ja nicht umsonst die vielen Preise für Naturschutz.
Entlang des Mains bei Nordheim wird also keine wertvolle Landschaft zerstört?
HR: Vor sechs Jahren kamen Nordheimer auf uns zu und sagten, dass dort Sand und Kies im Boden sei. In diesem Gebiet haben die Leute jahrzehntelang ihr Obst angebaut und mit Spritzmitteln gearbeitet. Dann haben sie es aufgelassen und jetzt verbuscht es. 70 Grundstückseigentümer haben an uns verkauft, da mussten wir zum Teil erstmal Müll wegräumen. Wir denken, die Fläche dort ist hinterher höherwertiger für den Naturschutz als sie es jetzt ist.
CS: Bei dem Projekt gehen Wirtschaft und Naturschutz wirklich Hand in Hand. Nordheim wird dort einen Mehrwert haben: Einstige Obstplantagen werden zum Naturschutzgebiet.
Wie sieht Ihr weiterer Plan für Nordheim aus?
HR: Wir hätten uns von Anfang an gerne mit den Nordheimern an einen Tisch gesetzt, um einen Kompromiss zu finden. Das grundsätzliche Nein war nicht sinnvoll. Stattdessen hätten sie sagen können: Macht's doch lieber so und so.
CR: Genau! Wir hoffen noch, uns einigen zu können, aber notfalls läuft es auf eine Klage raus. Vor einer Umweltverträglichkeitsprüfung haben wir überhaupt keine Angst. Wir haben alle vorgeschriebenen Untersuchungen akribisch durchgeführt, im Fall Nordheim fand eine standortbezogene Vorprüfung statt. Weitere Untersuchungen kosten vor allem Zeit, würden aber das Ergebnis sicher nicht verändern.
Und wer garantiert, dass Sie in Nordheim diesmal den Zeitplan aus Abbau und Rekultivierung einhalten?
CR: Dort sind wir Eigentümer der abzubauenden Grundstücke und müssen keine Flächen verfüllen. Außerdem ist der Gedanke völlig falsch, dass wir Gruben offen lassen, um Kosten zu sparen. Das Landratsamt hat die Möglichkeit, eine monetäre Bürgschaft zu verlangen, die sie einbehalten darf, wenn wir uns an Auflagen nicht halten. Diese Bürgschaft ist in der Regel ein hoher fünfstelliger Betrag. Kurz gesagt: Wir müssen eine saftige Strafe zahlen, wenn wir eine gerechtfertigte Auflage nicht einhalten. Und ein weiterer Grund, für mich der wichtigste: Ich will noch viele Jahre Kies gewinnen. Und das geht nur, wenn wenigstens das Landratsamt zu mir Vertrauen hat, dass ich das ordentlich mache.
Herr Reifenscheid hat im Interview ausreichend erklärt, warum und weshalb sich die Sandausbeute derart verzögert hat und kann dies auch belegen.
Was geschied wirklich: Es werden Gruben gebaggert, wichtiges Material entnommen und der Bauwirtschaft zur Verfügung gestellt.
Die Gruben können teilweise wieder verfüllt werden, oder als Landschaftssee für Angler und Freizeitsport angelegt werden.
In Geiselwind ist man da nicht so engstirnig. Hier wird wertvoller Boden zubetoniert.
Wie stolz alle darauf sind, kann man den Bildern von schaufelten Politikern ersehen.
Geht doch auch." Kohle" , und Arbeitsplätze sind jedenfalls garantiert .
Übrigens; Alle Firmen " Im Sachsen" zwischen Marktsteft und Marktbreit sind auf sandlöchern gebaut. Da steht den Fahrern noch eine goldene Zukunft bevor.
Zu den Querulanten ist zu sagen, das es sich teilweise um nicht ausgelastet Rentner handelt. So wird man in einigen Jahren halt den Sand aus der Uckermark ,oder aus der Sahara her karren .
in einer Sulzfelder Wirtschaft hängt ein altes Bild. Das zeigt, wie der Maler *Albrecht Dürer* in einen kleinen Holznachen auf den Main an der Stadtmauerkulisse von Sulz-
feld vorbei fährt. A.D. würde sie gerne mitnehmen. Da bin ich mir sicher ...
Wollen sie mitfahren ? äh mitgleiten... ??
Darüberhinaus: Bauen mit hOLZ IST viel viel Klimafreundlicher. Holz für s Bauen nicht fürs Verbrennen benutzen.
Die Naturschützer denken weiter. Es geht um mehr als ein paar Quadratmeter Wiese. Es geht darum endlich aktiv zu werden.
In Bayern mit seiner rückwärtsgewandten CSU/FW Regierung wird sich auch nur dann was bewegen, wenns aus der Zivilbevölkerung entsprechenden Druck gibt.
Die Sand- Kies und Zementindustrie - und ich glaube die 3 muß man als eine Einheit sehen sind weltweit für knapp 10% der CO2 Emissionen verantwortlich.
Dabei gibt es Alternativen. Heute wird in Deutschland immer noch kaum alter Beton recycelt. Ein nicht unwesentlicher Teil des recycelten Sandes/Kieses könnte wiederverwendet werden. Ansetzten könnte man darüber hinaus aber auch beim Flächenverbrauch. Müssen wir immer mehr Autostraßen für riesige Geländefahrzeuge bauen, in denen meist nur der Fahrer sitzt. Dann wollen diese riesigen Blechkisten auch noch geparkt und in der Garage abgestellt werden. Riesige betonierte Flächen werden dafür verbraucht. Ein Umdenken und eine echte Verkehrswende könnte nicht nur den Flächen- und Kies/Sandverbrauch einschränken.