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Volkach
Nach Rechtsextremen und dem Drohbrief gegen den Torbäck: Volkach setzt ein Zeichen für die Demokratie
In Volkach schien die Demokratie jüngst bedroht, da wirkt eine 200 Jahre alte Rede aktueller denn je. Gehalten hat sie Wilhelm Joseph Behr  – nun wird ihm eine besondere Ehre zuteil.
Die Konstitutionssäule in Gaibach ist ein wichtiger Ort der Demokratie. Dass diese immer wieder verteidigt werden muss, erlebt Volkach auch heute noch.
Foto: Frank Weichhan (Archivbild) | Die Konstitutionssäule in Gaibach ist ein wichtiger Ort der Demokratie. Dass diese immer wieder verteidigt werden muss, erlebt Volkach auch heute noch.
Barbara Herrmann
 |  aktualisiert: 09.12.2024 02:32 Uhr

Es ist eine besondere Verbindung: Volkach und die Demokratie. In jüngster Vergangenheit war diese eher mit negativen Schlagzeilen verknüpft. Da standen plötzlich Rechtsextreme vor der Tür, als der Stadtrat über einen Bauantrag für ein Flüchtlingswohnheim diskutierte. Mit einer "Gemeinsamen Erklärung" wehrten sich die Stadtratsmitglieder daraufhin gegen diese "antidemokratischen Personen".

Vor kurzem dann erschreckte ein Drohbrief gegen das Volkacher Gasthaus Torbäck die Stadt. Dessen Pächter Christina und Martin Neye setzten sich öffentlich zur Wehr – und bekamen dafür viel Unterstützung. Auch der Stadtrat kehrte nach seine Sitzung in der Weinstube ein.

Demokratische Ideen schon vor 200 Jahren verteidigt

Dabei ist Volkach, genauer gesagt die Konstitutionssäule in Ortsteil Gaibach, ganz offiziell ein "Ort der Demokratie" – als einer von 13 in Bayern. Denn dort wurden bereits vor rund 200 Jahren demokratische Ideen verteidigt. Damals war Bayern zwar noch eine konstitutionelle Monarchie, doch bereits 1808 wurde eine Verfassung entwickelt. Diese erließ König Maximilian I. Joseph von Bayern 1818. Und Wilhelm Joseph Behr verteidigte sie bekanntlich mit seiner Rede beim Gaibacher Fest 1832.

Die SPD bei einer Ortsbesichtigung am neu gestalteten Platz zwischen Spitalstraße und Prof.-Jäcklein-Straße, der nun nach Wilhelm Joseph Behr benannt wird. Zu sehen sind unter anderem Stadträtin Barbara Nikola-Bier und Landtagsabgeordneter Volkmar Halbleib (beide links) und der Krautheimer Ortssprecher Dieter Söllner (Zweiter von rechts).
Foto: Maria Söllner | Die SPD bei einer Ortsbesichtigung am neu gestalteten Platz zwischen Spitalstraße und Prof.-Jäcklein-Straße, der nun nach Wilhelm Joseph Behr benannt wird.

Da hatten sich an der Konstitutionssäule in Gaibach rund fünf- bis sechstausend Menschen versammelt und Behr zugejubelt, der demokratische Reformen in Bayern forderte. Der 1775 in Sulzheim bei Gerolzhofen geborenen Staatsrechtler und Publizist war unter anderem Professor an der Uni Würzburg und später Erster Bürgermeister von Würzburg. Ehrenbürger der Stadt wurde Behr bereits 1819, ebenso in Volkach.

Neu gestalteter Platz wird nach Wilhelm Joseph Behr benannt

Gut 200 Jahre später nun wird ihm eine weitere Ehre zuteil: Der neu gestaltete Platz zwischen der Professor-Jäcklein-Straße und der Spitalstraße soll künftig Wilhelm-Joseph-Behr-Platz heißen. Dieser liegt nur 200 Meter vom Marktplatz entfernt.

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Damit folgte der Volkacher Stadtrat am Montagabend einem Antrag der SPD-Fraktion. In deren Begründung hieß es: "Wer die Anfänge der Demokratie in Unterfranken im kulturellen Gedächtnis behalten will, muss Erinnerungsarbeit leisten." Im Stadtrat traf der Antrag auf große Zustimmung. "Es ist gut, wenn wir damit ein demokratisches Zeichen setzen", sagte etwa Simon Rinke (CSU).

Der Platz bekommt noch ein Kunstwerk

Vorab hatten sich der SPD-Ortsverein Volkach, Kreisverband und Kreistagsfraktion an dem Platz getroffen, heißt es in einer Pressemitteilung. Ortsvereinsvorsitzende und Stadträtin Barbara Nikola-Bier erläuterte bei der Gelegenheit den vorgeschlagenen Standort: "Der neu gestaltete Platz ist schön, wird gut angenommen, liegt zentral und ist bisher namenlos. Eine Benennung nach Wilhelm Joseph Behr wäre hier ideal." Kreisrätin Margit Hofmann informierte über das Leben und die wichtigsten Stationen Wilhelm Joseph Behrs.

Der Stadtrat folgte der Idee der SPD geschlossen. Bürgermeister Heiko Bäuerlein informierte zudem, dass der Wilhelm-Joseph-Behr-Platz noch mit einem Kunstwerk bereichert werde. Die "Unendlichkeit" soll im Frühjahr aufgestellt und der Platz offiziell benannt werden. Dessen Namensgeber bekam sein Eintreten für Reformen und demokratische Ideen übrigens teuer zu stehen: Behr wurde wegen Majestätsbeleidigung und versuchten Hochverrats verurteilt und saß nach dem Gaibacher Fest jahrelang im Gefängnis.

 
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  • Erich Spiegel
    Noch besteht Hoffnung. Auch Deutschland hat mit dem Wiederaufbau der neuen Bundesländer etwas geleistet. Leider auf Pump, weil man mit Steuererhöhungen dem Wähler nicht vergraulen wollte. Auch Deutschland kann schnell sein wie die in Rekordtempo gebauten LNG Terminals in Norddeutschland und das Tesla Werk in Brandenburg zeigen. Das gelang nur, weil auf überzogene Bürgerbeteiligung und bürokratische Genehmigungsverfahren verzichtet wurde. Das demokratische System muss wirtschaftlich mit Diktaturen mithalten können sonst wird es untergehen wie der Sozialismus in der DDR und UDSSR.
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  • Erich Spiegel
    Ob demokratische Staaten mittel- und langfristig überleben ist nicht klar. Die Feinde der Demokratie gewinnen weltweit an Macht. In 10 bis 20 Jahren wird China die USA als Weltpolizist abgelöst haben. China hat dann vermutlich das Sagen. Wie China mit Demokratien umgeht kann man am Beispiel Hongkongs nachlesen. Um sich eine Vorstellung von der wirtschaftlichen Dynamik Chinas zu machen muss man nicht Ökonomie studiert haben. Beispiel Shenzen. Laut Wikipedia hatte Shenzen 1979 vor dem Umbau zur Sonderwirtschaftszone 30.000 Einwohner. Im Jahre 2017 fast 12 Mio. Die Einwohner brauchen Krankenhäuser, Schulen, Bahnhöfe, Flughäfen, etc. Das alles wurde seit 1979 aus dem Nichts erschaffen. Für den 3-Schluchten Staudamm wurden tausende Städte und Dörfer aufgegeben und ca. 1,8 Mio. Bewohner umgesiedelt. Da kann Europa nicht mithalten. Man sieht es daran, dass chinesische Firmen beginnen die europäische Industrie platt zu machen (siehe Medien Berichte über den Abbau tausender Stellen).
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