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Geiselwind
"Freie Wähler rein, Grüne raus aus der Regierung": Hubert Aiwanger will Minister in Berlin werden
Geiselwind im Blickpunkt des bundespolitischen Interesses: 700 Freie-Wähler-Mitglieder kürten Aiwanger zum Spitzenkandidaten. Was seine Pläne sind.
Einmütig nominierten die 700 Freien Wähler am Samstag in Geiselwind (Lkr. Kitzingen) Hubert Aiwanger zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl.
Foto: Silvia Gralla | Einmütig nominierten die 700 Freien Wähler am Samstag in Geiselwind (Lkr. Kitzingen) Hubert Aiwanger zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 22.11.2024 02:40 Uhr

Sogar einzelne "Hubsi, Hubsi"-Rufe waren zu vernehmen. Mit einem einmütigen Votum und viel Beifall nominierten gut 700 Mitglieder der Freien Wähler in Geiselwind (Lkr. Kitzingen) den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl. Außerdem wählten sie den Niederbayern mit rund 93 Prozent erneut zum Bundesvorsitzenden. 

Aiwanger hatte sich zuvor in seiner knapp 50-minütigen, frei vorgetragenen Rede gewohnt kämpferisch gegeben. Ziel der Freien Wähler (FW) sei es, auch auf Bundesebene Verantwortung zu übernehmen, sagte er: "Die Grünen müssen raus, die Freien Wähler rein in die Bundesregierung." Ohne seine Partei ändere sich in Berlin nämlich nicht die Politik, sondern nur der Kanzlername, so der 53-Jährige - "von Olaf zu Fritz".

Aiwanger: "Die Ampel hat das Land gegen die Wand gefahren"

Schon Angela Merkel habe die Weichen für Deutschland "falsch gestellt", sagte Aiwanger, die Ampel aber habe "das Land gegen die Wand gefahren". Statt sich um die Wirtschaft und die Sicherheit zu kümmern, sei vor allem über Cannabis-Legalisierung und das Selbstbestimmungsrecht diskutiert worden. Nun brauche es die Freien Wähler, "um Deutschland wieder vom Kopf auf die Beine zu stellen".

Konkret forderte Aiwanger unter anderem Steuerfreiheit für alle Einkommen bis zu monatlich 2000 Euro, die Abschaffung der Erbschaftssteuer, maximal 25 Prozent Unternehmenssteuer und nur sieben Prozent Mehrwertsteuer für die Gastronomie. Menschen, die "zumutbare Arbeit" ablehnten, dürften kein Bürgergeld mehr erhalten, Kürzungen sollte es auch für Migrantinnen und Migranten geben. Straftäter ohne deutschen Pass müssten umgehend abgeschoben werden. 

Das von der Europäischen Union beschlossene Verbrenner-Aus oder das Heizungsgesetz aus Berlin nannte Aiwanger "ideologische Traumtänzerei". Deutschland und Europa seien mit mehr Planwirtschaft unterwegs als das kommunistische China. Statt respektvoll von "made in Germany", spreche man vielerorts von den "Maden", die die deutsche Wirtschaft zerfräßen, sagte Aiwanger - und hatte Lacher und Beifall auf seiner Seite.   

Kämpferisch gab sich Hubert Aiwanger in seiner Rede in Geiselwind.
Foto: Silvia Gralla | Kämpferisch gab sich Hubert Aiwanger in seiner Rede in Geiselwind.

Laut dem Vize-Ministerpräsidenten muss die Politik wieder mehr auf die Praktiker, die "Leistungsträger" hören, auf  "fleißige Arbeitnehmer" und engagierte Unternehmer. Eine Lanze brach er dabei für die "alten weißen Männer und Frauen". Diese hätten das Land aufgebaut und deshalb Spott und Kritik nicht verdient. 

Der erstmalige Einzug in den Bundestag soll über Direktkandidaten gelingen

Dass es die Freien Wähler bei der Wahl am 23. Februar über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen, glauben angesichts von Umfrage-Resultaten von bundesweit maximal drei Prozent selbst eingefleischte Aiwanger-Fans nicht. Gelingen soll der erstmalige Einzug in den Bundestag stattdessen durch den Gewinn von mindestens drei Direktkandidaten, allen voran in den Hochburgen Niederbayern und in Schwaben. Dort hatten sich am Freitag prominente Landräte und Bürgermeister als FW-Direktkandidaten für den Bundestag präsentiert. 

"Die Idee dahinter ist, Abgeordnete nach Berlin zu schicken, die wissen, wo den Bürgern der Schuh drückt, wie bürgernahe Politik funktioniert", stellte sich der schwäbische FW-Bezirksvorsitzende Fabian Mehring hinter die Strategie Aiwangers. Der bayerische Digitalminister sprach von einer "totalen Aufbruchstimmung" in der Partei.

Den Bundestag "zu einem großen Rathaus umzubauen", das ist eine Idee, die auch Mehrings Kabinettskollegin, Kultusministerin Anna Stolz, gefällt. "Ich freue mich auf einen spannenden Wahlkampf", sagte die Vorsitzende der Freien Wähler in Unterfranken. Auch wenn sich in ihrer Heimat kein prominenter FW-Bürgermeister oder gar eine Landrätin fand, die für den Bundestag kandidieren, zeigte sich Stolz optimistisch, dass es die Freien Wähler im vierten Wahl-Anlauf auch im Bund schaffen können.

Parteitag in Geiselwind begann mit einer Stunde Verspätung

An der Basis der Partei machte sich am Samstag jedenfalls Euphorie breit. Der Andrang im Eventzentrum Strohofer in Geiselwind war so groß, dass der Parteitag erst mit einer Stunde Verspätung beginnen konnte. Schließlich mussten alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor dem Zugang in die Halle erst noch Sicherheitskontrollen passieren. Das sorgte für lange Warteschlangen. Am Ende sprachen die Verantwortlichen vom bislang größten Parteitag in der Geschichte der Freien Wähler.

Selfie mit Aiwanger beim Bundesparteitag der Freien Wähler am Samstag in Geiselwind
Foto: Silvia Gralla | Selfie mit Aiwanger beim Bundesparteitag der Freien Wähler am Samstag in Geiselwind

Der Niederbayer Hubert Aiwanger steht seit 2006 an der Spitze der Freien Wähler in Bayern, seit 2010 führt er auch die Bundesvereinigung. In beiden Funktionen folgte der studierte Landwirt auf den langjährigen Main-Spessart-Landrat Armin Grein.  

2008 führte Aiwanger die Freien Wähler erstmals in den bayerischen Landtag. Seit 2018 bildet er mit der CSU von Ministerpräsident Markus Söder eine Regierungskoalition im Freistaat. Er amtiert darin als Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident.

 
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  • Christa Bullmann
    Bitte, lasst Aiwanger in Bayern. Da kann er nicht viel falsch machen. In der Bundesregierung sehe ich ihn jetzt nicht.

    MfG

    Johannes Bullmann, MPA
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  • Thomas Kron
    Wenns schief geht, kann er immer noch sagen: Es war sein Bruder!
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  • Alfred Holler
    Des wärs doch😏. Wenn ich so betrachte, was für Leute zuletzt in der sog. Zukunftskoalition am Werkeln waren, kanns sogar mit ihm nur besser werden😌
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  • Johannes Metzger
    Bei aller Kritik an der Ampel, mit der Dauerbremse FDP, aber auf das unterirdische Niveau der Partei des Rechtspopulisten Aiwanger ist die Ampel dann doch nicht gefallen.
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  • Johannes Metzger
    Spricht ausserhalb von Bayern eigentlich von dem Phrasendrescher Aiwanger noch jemand? Sein Wirtschaftministerium hat er jedenfalls nicht im Griff. Ein Versagen auf breiter Front.
    zu wünschen wäre ja,daß die Aiwangertruppe der CSU so viele Stimmen in Bayern (auf Bundesebene versteht den Opflsoftchaoten ja eh niemand und die CSU tritt nur in Bayern an) abnimmt, daß die CSU zwar heftig gerupft, aber die Opflsoftpartei doch nicht in den Bundestag kommt.
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  • Georg Wohlfart-Mitznegg
    In Bayern gibt es eine krasse Auswahl an populistisch-ewiggestrigen, konservativen Parteien.
    Da sind die Schwesternpartei , die afd und Freie Wähler, FDP, falls die noch jemand ernst nimmt, und dann obendrein noch die Brombär*innen namens Wagenknecht.
    Und auch wenn das Bayernvolk gar ängstlich auf die Zukunft blickt und sich gern vorgaukeln lässt, die gute alte Zeit käme postwendend zurück, wenn man denn bloß den dreistesten Versprechungen glaubt: das Reservoir der Wähler*innen für rechte Randparteien ist nicht unendlich, bei einigen Wählenden werden schon noch Vernunft und Zuversicht und der Sinn für Realität auch eine Rolle spielen.
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  • Alfred Holler
    Allein schon wegen des vom Gericht kassierten Versuchs der unsäglichenWahlrechtstrickeserei der Vergangenheitskoalition wäre dem Versuch Aiwangers Erfolg zu gönnen
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  • Marc Stürmer
    Das wohl kaum, aber sein Auftritt seinerzeit bei Markus Lanz wo er das übliche Spiel des Niedermachens nicht mitmachte, sondern Lanz ständig gehörig Kontra gab, brachte Aiwanger seinerzeit viel Respekt ein.
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  • Gerlinde Conrad
    Ja reden kann er, der "Hubsi" und manche verstehen ihn sogar, aber die Klimakrise braucht keine Schönredner, sondern Kämpfer gegen die Klimaerwärmung! Die Erde hat sich schon Jahrmillionen vor der Menschheit gedreht und sie wird das auch danach ohne Menschen wieder problemlos tun! K.-H. Conrad
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  • Dietmar Eberth
    Sicherheitshalber sollte Hubert Aiwanger bei seinen Wahlkampfreden außerhalb Bayerns immer einen Dolmetscher mitnehmen.
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  • Johannes Metzger
    Darauf einen Opflsoft
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