
Man braucht bloß einen Blick auf die Schlagzeilen der vergangenen Jahre zu werfen: "Lehrlingsmangel geht weiter" (2022), "Handwerkermangel erreicht Rekordniveau" (2023), "Ausbildungen: Ein deutsches Erfolgsmodell wankt" (2024) oder ganz aktuell "Düstere Lage im bayerischen Handwerk" – schon weiß man, wo der Schuh drückt.
In Unterfranken und auch im Landkreis Kitzingen sieht Wirtschaftsförderer Frank Albert das Handwerk zwar immer noch solide aufgestellt. Die Geschäftslage sei stabil und habe sich zuletzt "erfreulicher" entwickelt als in der Industrie und im Einzelhandel. Aber eine Insel der Seligen ist die Region keineswegs. Denn auch im Handwerk klafft eine deutliche Lücke zwischen dem verfügbaren Personal und dem Bedarf der Betriebe. Fast überall fehlen Azubis.
Wenige Handwerker erwarten 2025 einen Aufschwung

Besonders ausgeprägt ist dieser Saldo laut Albert im Kfz-Gewerbe, der Nahrungsmittelbranche und im Gesundheitssektor. Nicht zuletzt deshalb blickt das unterfränkische Handwerk skeptisch nach vorne: Fast 30 Prozent der Betriebe befürchteten für 2025 eine Verschlechterung der Lage, einen Aufschwung erwarteten nur sechs Prozent. Das legen Daten der Handwerkskammer für Unterfranken nahe, auf die Albert sich jetzt in der Sitzung des Kreis-Wirtschaftsausschusses berief.
Seit vier Jahren ist Albert der Mann, der im Kitzinger Landratsamt die Fäden der regionalen Wirtschaft zusammenhält, der Zahlen und Fakten deutet und in Botschaften packt. Eine davon lautet: "Es muss aufhören, dass die Hälfte eines Jahrgangs zum Studieren geht." So hat es Albert vor den Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses formuliert – und Landrätin Tamara Bischof saß daneben auf dem Podium und widersprach nicht.

Man muss es als Zeichen von Trotz und Mut sehen, dass der Landkreis gerade 27 Millionen Euro in die Sanierung der Kitzinger Berufsschule steckt – eine Investition auch in die Zukunftsfähigkeit der Region. Denn bei aller Schwarzmalerei ist Albert überzeugt: "Handwerk hat goldene Zeiten." Und: "Handwerker sind die Ingenieure von morgen."
Die Wirtschaft in Mainfranken investiert weiter spärlich
Insofern könnte auch die mainfränkische Wirtschaft davon profitieren, die sich nach Alberts Worten weiterhin in einer Phase der Unsicherheit und Zurückhaltung befindet. Geld fließt im Wesentlichen in Ersatzbeschaffungen, nicht in Innovationen. Jedes vierte Unternehmen wird wohl weniger investieren, 17 Prozent der Betriebe planen 2025 nach der IHK-Konjunkturanalyse überhaupt keine Investitionen in den jeweiligen Standort.
Das deckt sich in etwa mit der Einschätzung der Geschäftslage: Nur ein Viertel der Unternehmen bezeichnet die eigene Situation als gut, der Konjunkturklimaindex liegt mit 97 Punkten weiterhin unterhalb der Wachstumsschwelle.
Eine Trendwende erwarten die Betriebe nicht. "Die mainfränkische Wirtschaft stagniert und steckt in einer Strukturkrise", erklärt Albert. Um so wichtiger sei nun, dass die neue Bundesregierung wieder Vertrauen schaffe. Denn mangelnde politische Stabilität sei derzeit das größte Risiko und vielerorts ein Hemmnis für Investitionen.
Zehn Prozent mehr Arbeitslose binnen eines Jahres
Die von Albert vorgelegten Arbeitsmarktdaten lassen den Schluss zu, dass sich auch im Landkreis Kitzingen die Lage eintrübt. Die Zahl der Arbeitslosen ist binnen Jahresfrist um knapp zehn Prozent auf 1754 gestiegen, die Quote lag im Februar bei 3,2 Prozent. Gleichzeitig ging die Zahl der gemeldeten offenen Stellen kontinuierlich zurück, Tendenz weiter sinkend. 1136 Stellen sind demnach im Landkreis unbesetzt.
Der Saldo zwischen Arbeitssuchenden und offenen Stellen ist vielerorts schwer auszugleichen, weil die Profile oft nicht deckungsgleich sind. "Dem Zahnarzt", sagt Albert, "ist ja nicht mit einem angelernten Lageristen gedient."
Es liegt nicht an der Politik, Industrie, Handwerk, usw., sondern am ungezügelten, frühkindlichen Zugang zu den Bildschirmen.
Aktuell drängt deshalb auch die zweite Generation Bildschirmsüchtiger bedeutend massiver an die Hochschulen, als die erste Generation.
Die meisten jungen Leute kann auch kein Handwerksbetrieb mehr gebrauchen, weil im Handwerk mit den Händen gearbeitet werden muss, was sehr vielen der letzten Generation zu fremd ist.
Das bildet sich derzeit auch schon gut in den aktuellen Stundenlöhnen und sozialen Arbeitszeiten der jungen Handwerker ab, von denen die meisten zukünftigen Jungakademiker nur träumen können.
gez. R.König
ich glaube aber, die Sache mit den Bildschirmen hat weniger was mit der Berufsentscheidung zu tun als die Tatsache, dass die Leute rechnen können (auch wenn die PISA-Tests gefühlt immer verheerender ausfallen). Denn wer ständig in den (un)sozialen Netzwerken oder wo auch immer abhängt, wird deswegen auch in einem akademischen Beruf nicht besser. Insgesamt führt mich die Situation eher zu der Befürchtung, dass aufgrund von immer mehr Bildschirm-Sucht (die durchaus auch von außen gelenkt werden könnte...) das ganze Land weiter ins Hintertreffen gerät und andere ihre Vorteile daraus ziehen (nicht jeder Krieg muss mit Schusswaffen geführt werden...).
Die Sache ist kompliziert und kann sicher nicht mit einfachen Rezepten oder 1000-Zeichen-Kommentaren (zurück) ins richtige Fahrwasser gesteuert werden - da müssten wohl eher gesellschaftliche Dogmen überdacht und entsprechend umgebaut werden.
es ist halt nur das Problem, dass ich von meinem Gehalt erstens meinen Lebensunterhalt bestreiten und mir zweitens ab und zu auch mal was Unvernünftiges gönnen will. Wenn damit spätestens in dem Moment Schluss ist, wo ich eine Familie gründe und das Geld schon für Miete, Nebenkosten, Lebensmittel draufgeht, darf ich mir ja wohl meine Entscheidung gründlich überlegen, denn sonst heißt es nur "tja, Augen auf bei der Berufswahl".
Könnte es vielleicht sein, dass in diesem Land irgendwas schiefläuft und diejenigen die die Leistung erbringen (statt sie zu tragen) irgendwie diskriminiert werden?
https://www.dzhw.eu/publikationen/pub_show?pub_id=7922&pub_type=kbr#:~:text=An%20den%20Universit%C3%A4ten%20bel%C3%A4uft%20sich,sowie%20in%20Mathematik%20und%20.
Mit wieviel Verschwendung von Talenten und Geld diese "Lateralschäden" des "Akademikerwahns" verbunden sind, kann man sich ausrechnen. Wohl dem, dem nach Studienabbruch in Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistung, die seinen Möglichkeiten angemessene Chance doch noch geboten werden kann. Die Kluft zwischen Löhnen/Gehältern für Berufe ohne akademische bzw mit akademischer Bildung/Ausbildung ist der Treiber manch toxischen Streben nach ganz oben.
Viele Universitäten ächzen inzwischen unter den nicht studierfähigen Abiturienten, die bei ihnen auflaufen. Und manche haben inzwischen deswegen eigene Eingangstests eingeführt, oder bereiten das vor, da das Abitur in Hinsicht auf Studierfähigkeit wertlos geworden ist.
Das Handwerk aber hat auch seine eigenen Baustellen, z.B. wenn eine Frau Maurer lernen will. Oder andere Dinge, die nach wie vor als Männer-Domäne angesehen werden. Da herrscht noch häufig eine veraltete Denke vor, und anstelle dass man es probiert, erfahren viele Ablehnung.
Allerdings gehört auch zur Wahrheit, dass am schlechten Ruf das Handwerk selber einen sehr großen Anteil hat. So wie da häufig mit den Azubis rumgesprungen wird, dazu noch diese ausgebeutet werden, ist es kein Wunder, dass viele keine Lust mehr darauf. Dazu kommt in vielen Berufen die sehr schlechte Bezahlung.
Es ist doch kein Wunder, dass niemand mehr Koch, Bäcker oder Metzger werden will, so schlecht, wie das bezahlt wird. Im Pflegebereich sind es dagegen die menschenverachtenden Arbeitsbedingungen.
https://www.kitzingen.de/buergerservice/aktuelles/aktuelles-2021/frank-albert/
Es ist doch die demographische Entwicklung, welche die größten Probleme bei der Suche nach Mitarbeitern darstellt.
In Kombination mit teilweise unattraktiven Ausbildungs- bzw. Arbeitsbedingungen sowie angekratztem Image, eine ungünstige Basis für eine Trendwende.
das einem Zuhause in der Familie
Handwerksberufe schon madig gemacht werden...
der Filius und Filia muss ja unter allen Umständen studieren!
was sagen den sonst die Nachbarn...
Handwerksberufe schon madig gemacht werden...“ ist ja nicht aus Jux und Tollerei entstanden.
Denn man sollte sich schon bei der Berufswahl ausgiebig damit beschäftigen, ob ich in bestimmten Berufen, in den nächsten Jahrzehnten eine Familie gründen und halbwegs davon leben kann.
Wie auch hier schon geschrieben hat ja so manche Handwerksbranche zum Teil, durch nicht zeitgemäße Entlohnung diese Situation, selbst über Jahrzehnte herbeigeführt.
Man sollte schon in der Lage sein all die Kosten die in einem Leben entstehen (Miete inklusive Nebenkosten, Einkäufe und was noch alles so dazu gehört) durch seine Arbeit erwirtschaften können.
Das in solch präkeren Arbeitsplätzen dann im Alter wiederum der Steuerzahler mit Zuschüssen zur Rente, Heiz- bzw. Mietkosten einstehen muß ist doch nach einem Arbeitsleben, daß meist mehr als die Hälfte des eigenen Lebens umfasst, doch mehr als nur beschämend.