Den deutschen Unternehmen fehlt der Nachwuchs. Immer mehr Betriebe in Industrie und Handwerk finden nicht genügend Auszubildende. Laut der Deutschen Industrie- und Handelskammer sind davon deutschlandweit knapp die Hälfte der Ausbildungsbetriebe betroffen. Ein Trend, der sich auch in Ochsenfurt und Umgebung niederschlägt. Wenn am 1. September das Ausbildungsjahr beginnt, bleiben wohl auch hier in einigen Betrieben Stellen unbesetzt.
"Wenn wir noch zehn Bewerber für den Beruf Feinwerkmechaniker finden würden, würden wir sie nehmen", sagt Sabine Breunig, Personalerin beim Ochsenfurter Spezialmaschinenbauer Kinkele. Doch so einfach ist es nicht. Dafür seien einfach zu wenige Bewerbungen eingegangen.
Unternehmen müssen Anforderungen senken
Insgesamt neun Azubis starten laut Breunig nach aktuellem Stand im September bei dem Unternehmen in den Ausbildungsberufen Feinwerkmechanikerin oder -mechaniker, Industriekauffrau oder -kaufmann sowie Technischer Produktdesigner oder -designerin. Einige wenige Bewerbungsverfahren seien noch nicht abgeschlossen. Kapazitäten hätte der Betrieb für etwa insgesamt dreimal so viele neue Azubis, sagt Breunig.
Nachwuchsprobleme kennt auch die Ochsenfurter Zuckerfabrik. Im September starten dort nach Angaben des Unternehmens zehn Auszubildende. Allerdings gebe es von Jahr zu Jahr weniger Bewerberinnen und Bewerber mit geeigneten Qualifikationen, schildert Lena Hess aus der Personalabteilung des Südzucker-Werks: "Wir können kaum noch unter den Bewerbern filtern oder verlangen, dass alle Anforderungen gegeben sind, die wir eigentlich voraussetzen." Das gelte besonders für die Ausbildungen zum Elektroniker oder zur Elektronikerin sowie zum Industriemechaniker oder -mechanikerin.
Selbst auszubilden sei für Südzucker auch ein Versuch, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit den benötigten Qualifikationen auszustatten und dann in der Firma zu halten.
Allerdings ist auch das kein Selbstläufer: "Mittlerweile muss man als Arbeitgeber viel mehr in Marketing und vor allem die Online-Präsenz investieren sowie auf die potenziellen Auszubildenden aktiv zugehen", so Hess. Trotzdem sei in den vergangenen Jahren auch schon mal ein Ausbildungsplatz unbesetzt geblieben.
Wenig Interesse am Beruf Maurer
Im Baugewerbe sieht es nicht besser aus. Bei dem Bauunternehmen Rudolf Hoos aus Gelchsheim wird im September voraussichtlich kein einziger Azubi eine Ausbildung zum Maurer oder zur Maurerin beginnen. "Wer will das denn noch machen", sagt Geschäftsführer Roland Hoos. Seiner Ansicht nach liege das an einem zu Unrecht schlechten Image des Berufs.
"Man ist den ganzen Tag an der frischen Luft und hat viel Abwechslung", zählt Hoos die positiven Seiten auf. Die versuche das Unternehmen auch zu vermitteln, sagt er. Auch in diesem Jahr habe der Betrieb etwa die Mittelschule in Gaukönigshofen besucht, um sichtbar zu sein für potenzielle Azubis. Doch erfolglos. Dabei wäre Nachwuchs für den Betrieb mit aktuell 20 Festangestellten wichtig. Denn auch ausgebildete Maurer seien schwer zu finden. "Und wenn ich keine Leute habe, kann ich auch nichts machen", sagt Roland Hoos.
Die versuche das Unternehmen potenziellen Azubis unter anderem durch Besuch an Schulen zu vermitteln. Trotzdem habe der Ausbildungsberuf seit Jahren mehr und mehr mit einem schlechten Image zu kämpfen.
Kfz-Werkstatt Zehnder hofft auf einen Azubi fürs nächste Jahr
"Wir würden wieder jemanden ausbilden, wenn sich denn jemand bewerben würde", sagt auch Kfz-Meisterin Juliane Zehnder. "Aber dass von selbst eine Bewerbung kommt, ist sehr, sehr selten." Früher hätten Interessenten angerufen und nachgefragt, ob ihr Betrieb ausbilde, so die Geschäftsleiterin der Kfz-Werkstatt Thomas Zehnder im Giebelstadter Ortsteil Eßfeld. Das sei heute nicht mehr so.
Auch sie führt die Nachwuchsprobleme im Handwerk zum Teil auf ein negatives Image des Wirtschaftszweigs zurück. Kleine Betriebe hätten zudem oft Nachteile gegenüber bekannten Unternehmen. "Wir haben viele Firmen mit großen Namen in der Umgebung. Da wollen die meisten Azubis lieber hin", sagt Zehnder. Für das neue Ausbildungsjahr rechne sie nicht mehr damit, einen Azubi für den Familienbetrieb zu finden. Ihre Hoffnungen liegen auf dem nächsten Jahr.