Dem Handwerk in Unterfranken ist das Lachen vergangen. Stuften zu Jahresbeginn 2023 noch 85 Prozent der 19.900 Betriebe ihre Geschäftslage als gut oder befriedigend ein, waren es im letzten Vierteljahr nur noch 79 Prozent. Einen derart deutlichen Dämpfer hat die Stimmung im seit Jahren erfolgsverwöhnten Handwerk schon lange nicht mehr bekommen.
Wie ist generell die Lage im regionalen Handwerk?
Wie die Handwerkskammer für Unterfranken am Donnerstag bei ihrem Jahrespressegespräch in Würzburg verdeutlichte, ist die Nachfrage nach Lehrlingen nach wie vor hoch. Was eigentlich als gutes Zeichen gesehen werden kann, denn: Wer einstellt, hat Zuversicht. Doch die Nachfrage nach Azubis werde in erster Linie von jenen Branchen getrieben, die nur mit Gebäudesanierung und Energie zu tun haben, sagten Präsident Michael Bissert und Hauptgeschäftsführer Ludwig Paul vor der Presse.
Dass der Jahresumsatz aller Betriebe in der Region 2023 gegenüber 2021 kontinuierlich um 18 Prozent auf insgesamt 13,3 Milliarden Euro gestiegen ist, sei auch nicht per se ein Funke der Hoffnung. Vielmehr sei der Grund, so Paul: Die Preise in Deutschland sind stark in die Höhe gegangen.
In welchen Bereichen des Handwerks ist es besonders kritisch?
In allen, die mit Bauen oder Ausbauen zu tun haben. Diese Gewerke bleiben nach Darstellung der Kammer zwar das Zugpferd des unterfränkischen Handwerks. Doch zum Jahresende gaben 26 Prozent (Vorjahr: 9,7) der Betriebe im Bauhauptgewerbe an, dass ihre wirtschaftliche Lage schlecht sei. 18 Prozent (7,8) waren es im Ausbaugewerbe.
"Das ist ein gewaltiger Einbruch", sagte Präsident Bissert. Dieser Einbruch hat Tragweite: Laut Kammer besteht das unterfränkische Handwerk zur Hälfte aus Bau- und Ausbau-Betrieben.
Was ist der Grund für die Minuszeichen im unterfränkischen Handwerk?
Teure Energie, Inflation mit gestiegenen Preisen vor allem auf dem Bau, Fachkräftemangel, brüchige Lieferketten: All diese Gründe kennt man auch aus anderen Bereichen der Wirtschaft. Insofern spiegle die Lage des regionalen Handwerks die "wirtschaftliche Entwicklung in ganz Deutschland", so Bissert.
Besserung ist nicht in Sicht: Den Kammerangaben zufolge gehen 30 Prozent der Unternehmen in der Region davon aus, dass ihre Geschäftslage in naher Zukunft schlechter wird. Solche Werte kannte das Handwerk in Unterfranken jahrelang nicht.
Wie sieht es mit der Ausbildung im regionalen Handwerk aus?
Seit vier Jahren liegt die Zahl neuer Lehrverträge bei jeweils etwa 2500. Es könnten deutlich mehr sein, meinte Hauptgeschäftsführer Paul. Doch die Zahl der Schulabgänger sinke und der Drang von Absolventen an die Hochschulen statt in eine Berufsausbildung sei nach wie vor groß.
Unterfranken gehört nach Pauls Worten in Deutschland zu jenen Regionen, in denen es im Handwerk die meisten unbesetzten Ausbildungsstellen gibt. Das sei schlecht für die Betriebe, aber gut für Schulabgänger: Wer eine Stelle suche, habe in der Region eine verhältnismäßig große Auswahl.
Knapp elf Prozent der Azubis in Unterfranken stammen laut Paul aus dem Ausland. Die Frauenquote liege bei 20 Prozent. Seit jeher kommen mit Abstand die meisten Neu-Lehrlinge aus Mittel- oder Realschulen. Doch der Anteil von Azubis mit Abitur hat sich in den vergangenen zehn Jahren auf nun 10,2 Prozent nahezu verdoppelt.
Was sind die beliebtesten Berufe?
Populärster Ausbildungsberuf bei den Männern ist nach wie vor der Kraftfahrzeugmechatroniker, gefolgt vom Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik. Bei den Frauen liegt die Friseurin vor der Kauffrau für Büromanagement.
Was läuft im unterfränkischen Handwerk beim Kampf gegen den Fachkräftemangel?
Der Mangel an qualifiziertem Personal ist in Deutschland seit Jahren ein ebenso gravierendes Problem wie im Handwerk von Unterfranken. Deswegen sei es wichtig, dass Fachkräfte aus dem Ausland hierzulande Fuß fassen, meinte Vize-Hauptgeschäftsführerin Andrea Sitzmann am Donnerstag in der Handwerkskammer.
Immerhin hätten bereits elf Prozent der Azubis in den Handwerksbetrieben der Region ausländische Wurzeln. Das geänderte Fachkräfteeinwanderungsgesetz sei ein gutes Mittel, um zum Beispiel die Qualifikation von Bewerberinnen und Bewerbern aus dem Ausland besser als bisher anzuerkennen, betonte Sitzmann.