
Vor einem halben Jahr kündigte Knauf überraschend den Ausstieg aus seinem Russland-Geschäft an, jetzt gibt es Zweifel an diesem Schritt des Baustoffkonzerns aus Iphofen bei Kitzingen. Medienberichten zufolge wird Knauf länger als gedacht Geschäfte in dem international geächteten Land machen, weil der Verkauf der Werke anders laufe als vorgesehen.
Wie zuerst die Wirtschaftswoche berichtete, habe das Putin-Regime dem weltweit agierenden Unternehmen verboten, die Niederlassungen an das lokale Management zu verkaufen. Vielmehr sollen sie an einen Oligarchen veräußert werden, also an einen kremlnahen Großunternehmer. Namen nennt das Magazin nicht.
Wann der Verkauf der Knauf-Werke in Russland vielleicht vonstatten geht
In der Chefetage von Knauf gehe man davon aus, dass der Verkauf der Werke in Russland nicht vor Mitte 2025 vonstatten gehen werde, will die Wirtschaftswoche aus Iphofen erfahren haben. Das würde bedeuten, dass Knauf länger als ursprünglich gedacht Umsätze in dem wegen des Ukraine-Krieges sanktionierten Land machen kann.
Knauf hält sich mit Blick auf den Bericht bedeckt. Offenbar haben die Iphöfer bei den Verkaufsverhandlugen aber nicht alles in der eigenen Hand. Denn Sprecherin Sandra Kühberger teilte auf Anfrage mit, dass "der Verkaufsprozess – nach allem, was wir bisher wissen – kompliziert und langwierig ist". Er hänge von Kriterien ab, "die wir nicht beeinflussen können". Zu Einzelheiten äußere sich Knauf nicht.
Wie viel Umsatz Knauf in Russland offenbar macht
Unbeantwortet ließ Kühberger auch die Frage, um wie viele Knauf-Werke in Russland es mittlerweile geht. Im April war noch von 14 Werken mit zusammen 4000 Beschäftigten die Rede gewesen. Der Jahresumsatz des Konzerns in dem Land wird auf 1,3 Milliarden Euro geschätzt.
Offiziell bestätigt wird das von Knauf nicht. Der weltweite Umsatz habe 2023 gut 15 Milliarden Euro betragen. Der Anteil des Russland-Geschäftes habe sich im vergangenen Jahr verringert.
Und dann die Sache mit der Rückkaufoption für Knauf
Knauf war mit seinem Festhalten am Russland-Geschäft in die Kritik geraten. Nachdem Iphofen im April den Rückzug angekündigt hatte, wurde im Juni bekannt, dass das Unternehmen die Möglichkeit habe, seine russischen Werke innerhalb von zwei Jahren wieder zurückzukaufen. Eine solche Option räume das Putin-Regime "in der Regel allen Unternehmen" ein, so Kühberger.
Der Konzern ist seit mehr als 30 Jahren in Russland aktiv. Nach dem Überfall von Machthaber Wladimir Putin auf die Ukraine im Februar 2022 geriet Knauf unter moralischen Druck. Die Kritik wurde noch lauter, als im April der Vorwurf aufkam, der Gips-Weltmarktführer helfe dem Kreml beim Wiederaufbau der von den Russen besetzten Stadt Mariupol in der Ukraine. Knauf bestritt dies.
Was hätte Knauf hiervon? Erfolgreiche Konzerne agieren nach anderen Maßstäben.
Das ist die Taktik von Knauf. Irgendwann wird die nächste Sau durchs Dorf gejagt und keiner fragt mehr kritisch nach.
Meanwhile in Russia: die Geschäfte laufen wie gewohnt weiter.
das dürfte zutreffen.
Gehen Sie mal davon aus, dass Putin bestimmt, was gemacht wird und wie, und was nicht. Und wenn Sie wissen wollen, was Leuten passiert, die da nicht mitmachen wollen: die Liste ist lang. Sie können bei Alexej Nawalny anfangen und werden vmtl. bei Michail Chodorkowski noch nicht am Ende angelangt sein.
Ich habe ehrlich gesagt ein wenig das Gefühl, dass es in der so genannten westlichen Welt Leute gibt, die sich so etwas gar nicht vorstellen können, obwohl gerade wir in Deutschland das erst vor ca. 80 Jahren selber hatten.
"Da einfach rauskommen" wird "Knauf" vmtl. schon können, aber nur um den Preis, alles über Jahrzehnte aufgebaute ersatzlos zurücklassen zu müssen. An "nach Hause abzutransportieren" dürfte jedenfalls im Leben nicht zu denken sein. Zumindest unter den derzeitigen Voraussetzungen.