zurück
Iphofen
Ein halbes Jahr später: Was aus der Ankündigung von Knauf geworden ist, sich aus Russland zurückzuziehen
Im April hatte der Gipskonzern Knauf verkündet, sich von dem kritisierten Russland-Geschäft zu trennen. Doch nun gibt es Zweifel, ob den Worten auch passende Taten folgen.
Der Iphöfer Gipskonzern Knauf macht nach wie vor in Russland Geschäfte.
Foto: Thomas Obermeier (Symbolbild) | Der Iphöfer Gipskonzern Knauf macht nach wie vor in Russland Geschäfte.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 27.10.2024 02:29 Uhr

Vor einem halben Jahr kündigte Knauf überraschend den Ausstieg aus seinem Russland-Geschäft an, jetzt gibt es Zweifel an diesem Schritt des Baustoffkonzerns aus Iphofen bei Kitzingen. Medienberichten zufolge wird Knauf länger als gedacht Geschäfte in dem international geächteten Land machen, weil der Verkauf der Werke anders laufe als vorgesehen.

Wie zuerst die Wirtschaftswoche berichtete, habe das Putin-Regime dem weltweit agierenden Unternehmen verboten, die Niederlassungen an das lokale Management zu verkaufen. Vielmehr sollen sie an einen Oligarchen veräußert werden, also an einen kremlnahen Großunternehmer. Namen nennt das Magazin nicht.

Wann der Verkauf der Knauf-Werke in Russland vielleicht vonstatten geht

In der Chefetage von Knauf gehe man davon aus, dass der Verkauf der Werke in Russland nicht vor Mitte 2025 vonstatten gehen werde, will die Wirtschaftswoche aus Iphofen erfahren haben. Das würde bedeuten, dass Knauf länger als ursprünglich gedacht Umsätze in dem wegen des Ukraine-Krieges sanktionierten Land machen kann. 

Knauf hält sich mit Blick auf den Bericht bedeckt. Offenbar haben die Iphöfer bei den Verkaufsverhandlugen aber nicht alles in der eigenen Hand. Denn Sprecherin Sandra Kühberger teilte auf Anfrage mit, dass "der Verkaufsprozess – nach allem, was wir bisher wissen – kompliziert und langwierig ist". Er hänge von Kriterien ab, "die wir nicht beeinflussen können". Zu Einzelheiten äußere sich Knauf nicht.

Wie viel Umsatz Knauf in Russland offenbar macht

Unbeantwortet ließ Kühberger auch die Frage, um wie viele Knauf-Werke in Russland es mittlerweile geht. Im April war noch von 14 Werken mit zusammen 4000 Beschäftigten die Rede gewesen. Der Jahresumsatz des Konzerns in dem Land wird auf 1,3 Milliarden Euro geschätzt.

Offiziell bestätigt wird das von Knauf nicht. Der weltweite Umsatz habe 2023 gut 15 Milliarden Euro betragen. Der Anteil des Russland-Geschäftes habe sich im vergangenen Jahr verringert.

Und dann die Sache mit der Rückkaufoption für Knauf

Knauf war mit seinem Festhalten am Russland-Geschäft in die Kritik geraten. Nachdem Iphofen im April den Rückzug angekündigt hatte, wurde im Juni bekannt, dass das Unternehmen die Möglichkeit habe, seine russischen Werke innerhalb von zwei Jahren wieder zurückzukaufen. Eine solche Option räume das Putin-Regime "in der Regel allen Unternehmen" ein, so Kühberger.

Der Konzern ist seit mehr als 30 Jahren in Russland aktiv. Nach dem Überfall von Machthaber Wladimir Putin auf die Ukraine im Februar 2022 geriet Knauf unter moralischen Druck. Die Kritik wurde noch lauter, als im April der Vorwurf aufkam, der Gips-Weltmarktführer helfe dem Kreml beim Wiederaufbau der von den Russen besetzten Stadt Mariupol in der Ukraine. Knauf bestritt dies.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Iphofen
Jürgen Haug-Peichl
Russische Regierung
Stadt Kitzingen
Umsatz
Verkäufe
Wladimir Wladimirowitsch Putin
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Stefan Wolz
    Aus dem Verkauf von Knauf sollten unbrdingt Waffen angeschafft werden. Dann sind die ganzen moralischen Bedenken auch wieder geheilt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Jochen Freihold
    Verehrter Herr Wolz, plädieren Sie etwa für Knauf-Enteignung durch den russischen Staat und daraus Waffenkäufe durch Putins Regime?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Stefan Wolz
    Nein natürlich nicht. Den Erlös des Verkaufs sollte Knauf an den deutschen Staat abgeben, damit der dann Waffen für die Ukraine kaufen kann. Das wäre doch dann moralisch vertretbar, finden Sie nicht?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Jochen Freihold
    Guter Herr Wolz, Wunschdenken!
    Was hätte Knauf hiervon? Erfolgreiche Konzerne agieren nach anderen Maßstäben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Jürgen Huller
    Spiel auf Zeit...Ankündigen, damit die Kritiker erst mal ruhig sind und dann Abwarten.

    Das ist die Taktik von Knauf. Irgendwann wird die nächste Sau durchs Dorf gejagt und keiner fragt mehr kritisch nach.

    Meanwhile in Russia: die Geschäfte laufen wie gewohnt weiter.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Georg Ries
    Wer glaubt, man könnte in Russland einen Konzern so einfach verkaufen, den halte ich für ziemlich ahnungslos. Dass der Diktator Putin macht was er will, sieht man doch. OK, ausser verblendte Putinfreunde 👎🏼
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Bernd Schuhmann
    Ist die Firma Knauf nicht einer der größten Arbeitgeber und Steuerzahler des Landkreises Kitzingen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Edgar König
    Bitte geben Sie ihren vollen Namen an, wenn sie nicht unter Ihrem Klarnamen kommentieren.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Udo Albrecht
    Abschöpfung der Gewinne hat ja leider noch nie funktioniert.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Christine Gerhardt
    Wie kann es denn sein, dass das Putin Regime Knauf diktieren kann, an wen sie verkaufen?? Konsequent wäre es dann dort alles zusammenzupacken, zu demontieren, und nach Hause abzutransportieren, aber wahrscheinlich stelle ich mir das wohl zu einfach vor.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Frank Stößel
    Weil Putin glaubt, er kann - gemessen am laissez-faire-Stil der übrigen Welt - sich alles, aber auch alles, nehmen, wie es ihm gefällt. Das glaubten andere Größenwahnsinnige der Geschichte auch, bis das Kartenhaus in sich zusammen brach, leider mit sehr schlimmen Folgen für Menschen und Länder auf Jahrzehnte hinaus.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Klaus Kiesel
    @Christine Gerhardt: Dem stehen doch wohl erhebliche wirtschaftliche Interessen entgegen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hans-Martin Hoffmann
    Zu einfach - @ Christine Gerhardt -

    das dürfte zutreffen.

    Gehen Sie mal davon aus, dass Putin bestimmt, was gemacht wird und wie, und was nicht. Und wenn Sie wissen wollen, was Leuten passiert, die da nicht mitmachen wollen: die Liste ist lang. Sie können bei Alexej Nawalny anfangen und werden vmtl. bei Michail Chodorkowski noch nicht am Ende angelangt sein.

    Ich habe ehrlich gesagt ein wenig das Gefühl, dass es in der so genannten westlichen Welt Leute gibt, die sich so etwas gar nicht vorstellen können, obwohl gerade wir in Deutschland das erst vor ca. 80 Jahren selber hatten.

    "Da einfach rauskommen" wird "Knauf" vmtl. schon können, aber nur um den Preis, alles über Jahrzehnte aufgebaute ersatzlos zurücklassen zu müssen. An "nach Hause abzutransportieren" dürfte jedenfalls im Leben nicht zu denken sein. Zumindest unter den derzeitigen Voraussetzungen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ralf Eberhardt
    Wer Etwas anderes glaubte, dem ist nicht zu helfen. Kommerz geht vor Moral. Als ich dies das letzte Mal schrieb - in Verbindung mit der PR von Knauf vor vielen Monaten - wurde dieser Kommentar gesperrt. Mal schauen, was jetzt passiert. Aber jetzt hat man ja bei der MP selbst recherchiert.....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Jochen Freihold
    Der Artikel lässt ernsthaftes Interesse der Firmenleitung an einem baldigen Verkauf der Knauf-Filialen in Russland vermissen. Solange die Geschäfte florieren.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Gerhard Zwierlein
    Matthäus (19,24) hat Recht: in Iphofen geht ein Kamel durchs Nadelöhr!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Frank Stößel
    Die Frage wäre doch eher, in wessen Händen "stinkt das Geld", welches sich demnächst im Kreise von Knauf, Putin/Russland und einem gewissen Oligarchen in welcher Höhe bewegen soll. Dass Erdschätze quasi Personen als Eigentum "gehören" dürfen ist noch eine ganz andere Sache. Sehr, sehr viel Geld passt erfahrungsgemäß auch ohne Matthäus' Gleichnis durch jeden noch so kleinen Briefkastenschlitz, wenn Putin das will.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten