Dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz auf Speisen in Restaurants seit Jahresbeginn wieder auf die regulären 19 Prozent zurückgedreht ist, nährt in der Gastronomie Frust und Unmut. Dabei war von vornherein bekannt, dass die in Corona-Zeiten eingeführte Hilfsmaßnahme nur für einen begrenzten Zeitraum gelten würde. Die Ampel-Regierung hatte die Unterstützung schon mehrmals verlängert. Und Steuern bedeuten Umverteilung. Woher also sollte man die Differenz nehmen, würde man den Gastwirten einen dauerhaften Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent zugestehen?
Die Frage erübrige sich, meint Thomas Dauenhauer, Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Kitzingen. "Es ist eine Milchmädchenrechnung, wenn die Regierung glaubt, dass durch die 19 Prozent mehr Steuern zusammenkommen." Weil die Gäste seiner Meinung nach über kurz oder lang ausbleiben, werde der Staat unterm Strich sogar weniger einnehmen. Zwar kann Dauenhauer bislang noch keinen Rückgang der Kundschaft in den Restaurants des Landkreises feststellen. Hierzu sei es zu Jahresbeginn noch zu früh. Doch gehe er davon aus, dass die Rückführung der Mehrwertsteuer – insbesondere bei Betrieben auf dem Land – viele Existenzen kosten wird.
Gastro-Verband rechnet mit 15.000 Schließungen in diesem Jahr
Bereits im vergangenen Jahr habe die Branche unter den stark gestiegenen Verbraucherpreisen einen deutlichen Rückgang an Kundschaft hinnehmen müssen. Das spontane Einkehren würden sich immer weniger Menschen leisten wollen. Umfragen des Verbands gingen laut Dauenhauer bundesweit von rund 15.000 Schließungen im laufenden Jahr aus.
Auch wenn einige Betriebe sich noch gegen Preiserhöhungen stemmen: Die nun wieder höhere Mehrwertsteuer werde ab den kommenden Wochen auf die Kunden umgelegt werden müssen. Daran führe kein Weg vorbei, glaubt Dauenhauer. "Niemand kann zwölf Prozent einfach aus der Hosentasche bezahlen, oder von den Mitarbeitern abziehen."
Die Steuersenkung kostet den Bund jährlich 3,4 Milliarden Euro
Markus Hümpfer, SPD-Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Kitzingen, widerspricht: Damit durch die Rückkehr zur alten Mehrwertsteuer keine höheren Steuereinnahmen entstehen würden, müsste der Umsatz in der Branche um mehr als 60 Prozent einbrechen. Das sehe er nicht kommen, so Hümpfer. Schon seit 2021 seien die Preise in der Gastronomie um mehr als 20 Prozent gestiegen. Und selbst das habe sich nicht weiter auf das Konsumverhalten ausgewirkt, erklärt der Abgeordnete.
Die Senkung der Mehrwertsteuer sei ein "Krisen-Instrument" zu Corona-Zeiten gewesen, mit dem man Gastronomen ermöglicht habe, zwölf Prozent Mehrgewinn zu erwirtschaften. In der Ampelkoalition habe man sich intensiv darüber beraten, ob Spielraum für eine weitere Verlängerung bestehe. Angesichts der angespannten Haushaltslage sei das allerdings "leider" nicht der Fall gewesen, sagt Hümpfer.
Würde man den niedrigeren Steuersatz beibehalten, so entgingen dem Bund jährlich rund 3,4 Milliarden Euro. Außerdem sei es ökonomisch nicht gerechtfertigt, die Gastronomie gegenüber anderen Branchen dauerhaft zu bevorzugen. "Die zeitliche Befristung wurde von Anfang an klar kommuniziert."
Gastwirte empfinden unterschiedliche Steuersätze als unfair
Dass die zeitliche Befristung bekannt war, bejaht Ralph Neuhauser, Inhaber des Hotels Neuhauser in Volkach. Doch hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zwischenzeitlich erklärt, dass es mit ihm keine Rückkehr zu den 19 Prozent geben werde – das ärgert den Gastwirt. Die Besteuerung empfindet er als unfair. Damit meine er nicht grundsätzlich die 19 Prozent, sondern vor allem die unterschiedlichen Steuersätze.
Denn während auf Speisen im Restaurant 19 Prozent aufgeschlagen werden, sind es etwa bei Imbissen oder Lieferdiensten, wo die Kunden nicht vor Ort konsumieren, lediglich sieben Prozent. "Mit den 19 Prozent werden wir gegenüber Imbissen oder Lieferdiensten bestraft", sagt Neuhauser. Zumal Gastwirte ihre Speisen zwar mit 19 Prozent ausweisen müssen, jedoch nur sieben Prozent wieder vom Finanzamt rückerstattet bekommen. "Für Handwerker ist die Steuer ein durchlaufender Posten. Das müsste man für alle Branchen angleichen."
Drohende Schließungen: "Irgendwann hat man keine Lust mehr"
Auch Neuhauser scheut sich bislang davor, seine Preise zu erhöhen. Er rechnet aber ebenfalls damit, dass er spätestens in der Tourismus-Hauptsaison ab Mai nachziehen muss. Sollte die Nachfrage dann nachhaltig einbrechen, werde er sein Restaurant schließen, sagt er. "Irgendwann hat man keine Lust mehr." Er selbst arbeite aktuell rund 80 Stunden in der Woche – und rechnet dabei mit einem Stundenverdienst von 15 bis 16 Cent.
Für sein Empfinden greift die Regierung zu sehr in die freie Marktwirtschaft ein, etwa durch "ständige" Mindestlohnerhöhungen. "Wenn ich durch politische Aktionen wirtschaftlich hingerichtet werde, kann ich das System nicht mehr unterstützen. Oder kriege ich dann einen Orden vom Finanzamt, als Steuerzahler des Jahres?", fragt Neuhauser zynisch.
Auch wenn er sich als Geschäftsmann eigentlich nicht gerne politisch äußert, komme er inzwischen nicht mehr darum herum, öffentlich kundzutun, dass er mit der Arbeit der Ampelkoalition nicht mehr einverstanden ist.
Der Patrizierhof hat seine Preise bislang nur moderat erhöht
Etwas unaufgeregter beschreibt Björn Grebner vom Patrizierhof in Großlangheim seine Lage: "Ob das unfair ist, darüber bin ich mir uneins", sagt er. Was heute aus der Politik komme, habe wenig Halbwertszeit, den Betroffenen bleibe kaum Planungssicherheit. Aber: "Das ist halt Politik. Es hilft nichts, wenn ich jetzt nur jammere", sagt Grebner. Sorgenlos ist auch er nicht. Aus Angst, dass ihm die Gäste ausbleiben, habe er seine Preise bislang um lediglich drei bis vier Prozent erhöht.
Existenzgefährdend sei die Lage für seinen Betrieb nicht – allerdings auch deshalb nicht, weil in seinem Restaurant maßgeblich die eigene Familie beschäftigt ist, die folglich die finanziellen Einbußen mitträgt. Investitionen bleiben zudem aus. Auf lange Sicht, sagt Grebner, werde er die nur geringe Preiserhöhung wohl nicht beibehalten können.
Aber jeder Gastronom klagt, dass keine Fachkräfte zu finden sind. Sollen die Leute unter Mindestlohn arbeiten und sich trotzdem einen Restaurantbesuch davon leisten leisten können?
Nach Corona hat man doch ohne Reservierung bei den Wirtschaften mit einem vernünftigen Preis-Leistungsverhältnis keine Chance mehr. Das zeigt es funktioniert, wenn die Leistung stimmt.
Und in Volkach treten sich die Touris ab Ostern eh wieder über die Füsse, dann stimmt der Umsatz wieder.
Wer dann 80 Stunden für 12,- Euro die Woche schafft, dem ist eh nicht zu helfen.
Das ergibt bei einer 40 Stunden Woche (170 Stunden/Monat) brutto € 2110 Monatslohn. Einer alleinstehenden Person ohne Kinder bleiben davon netto € 1527.
Die derzeit billigste angebote Mietwohnung in Volkach kostet € 795 warm, mit Strom und Wasser sicher € 850. Bleiben der Niedriglohnkraft € 677 für sonstige Bedürfnisse.
Ja, es werden noch viele Gaststätten schließen. Aber nicht wegen der wieder regulären Umsatzsteuer, sondern wegen immer mehr fehlender Mitarbeiter.
Als Politiker kann man für die nächste Krise nur den Schluß ziehen, dass man einzelne Wirtschaftsbereiche nicht mehr zeitlich befristet unterstützen sollte, weil das Auslaufen der Unterstützung für extreme Unruhe sorgt, statt des Bedankens für die milliardenteure Unterstützung, die die Allgemeinheit, wir alle, aufgebracht haben.
Wenn Herr Neuhauser wöchentlich 80 Stunden arbeitet, dann zolle ich ihm dafür meinen größten Respekt. Wenn er einen Stundenverdienst von 15-16 Cent angibt, dann glaube ich ihm das schlichtweg nicht, das wären 12 Euro Verdienst/Woche.