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Wirtshaussterben
Stammtische in Gefahr: Bayerische Wirte fürchten um ihre Existenz
Wirte schlagen Alarm: Fällt die Steuervergünstigung für die Gastronomie Ende des Jahres weg, drohen Schließungen und höhere Preise für die Gäste.
Geschlossen.jpeg       -  Der Wegfall der Steuervergünstigung für die Gastronomie könnte den Ruin vieler Lokale bedeuten. Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) warnt vor einem Wirtshaussterben.
Foto: Kira Hofmann,dpa (Symbolbild) | Der Wegfall der Steuervergünstigung für die Gastronomie könnte den Ruin vieler Lokale bedeuten. Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) warnt vor einem Wirtshaussterben.
Matthias Kleber
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:49 Uhr

"Wo die Wirtschaft stirbt, stirbt der Ort", heißt es in einer Studie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Wirtshäuser seien "gelebte bayerische Kultur". Und doch kämpfen viele um ihre Existenz. Wachsende Energiekosten, fehlendes Personal - und jetzt droht Gaststätten ein Anstieg der Mehrwertsteuer. Um Betriebe am Leben zu halten, hat die Bundesregierung den Steuersatz auf Speisen während der Pandemie von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Ende des Jahres läuft diese Regelung aus - voraussichtlich. Die Branche, die seit Corona ohnehin extrem unter Druck steht, schlägt Alarm; der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) warnt vor einem Wirtshaussterben.

„Eine Mehrwertsteuererhöhung auf Speisen zum Jahreswechsel hätte fatale Folgen“, sagt dessen Präsident Guido Zöllick. Er sieht eine Benachteiligung der Wirte gegenüber Supermärkten und Discountern. "Diese treten mit ihrem umfangreichen Angebot verzehrfertiger Speisen längst in Konkurrenz zur klassischen Gastronomie. Warum sollten wir wieder steuerlich benachteiligt werden?", fragt Zöllick. Für die Zukunftssicherung der Restaurants und Wirtshäuser sei es "von zentraler Bedeutung, dass für Essen, egal wo und wie zubereitet und verzehrt, dauerhaft sieben Prozent Mehrwertsteuer gelten".

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger warnt vor "unsozialer Maßnahme"

Laut Statistischem Bundesamt hat die Gastro-Branche in Deutschland von Januar bis Ende Juni 2023 zwar 5,8 Prozent mehr Umsatz erwirtschaftet als noch im selben Zeitraum im Vorjahr. Doch liegt der Umsatz noch immer 10,4 Prozent unter dem Niveau aus Vorkrisenzeiten im ersten Halbjahr 2019. Die Rückkehr zum ursprünglichen Steuersatz komme aus Sicht des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger zur absoluten Unzeit. Er spricht gegenüber unserer Redaktion von einer "unsozialen" und "ungerechten" Maßnahme - sowohl Wirten als auch Besuchern gegenüber. 

"Eine Erhöhung auf 19 Prozent würde die Gäste massiv treffen", sagt Aiwanger. Essen gehen mit der Familie sei dann schnell einmal zehn Euro teurer. Der Freie-Wähler-Chef fordert daher: "Finanzminister Lindner muss jetzt die Fortführung der sieben Prozent Mehrwertsteuer ab Januar 2024 für die Gastronomie verkünden, nicht erst nach der November-Steuerschätzung."

Fehlende Planungssicherheit verunsichert Gastronomen

Mit besagter "November-Steuerschätzung" meint Aiwanger die parlamentarischen Beratungen zum Bundeshaushalt 2024. Dabei werde ein möglicher Erhalt der reduzierten Gastro-Mehrwertsteuer diskutiert, heißt es seitens des Bundesfinanzministeriums auf Anfrage. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass Restaurantbetreiber weiterhin auf die sieben Prozent bauen können, Planungssicherheit fehlt jedoch. 

Das weckt Verunsicherung, nicht nur bei Gastronomen, sondern auch in vielen Gemeinden. "Ein Restaurantbesuch bedeutet, gemütlich zusammenzusitzen und sich eine Auszeit vom stressigen Alltag zu nehmen", sagt Robert Pöschl, Bürgermeister der Stadt Buchloe im Ostallgäu. Wenn Wirtschaften schließen, hat das "maßgeblichen Einfluss auf das gesellschaftliche Leben im Ort." Langjährige Treffpunkte fallen weg, Stammtische sterben aus. Gerade Dörfer und Kleinstädte, in denen sich nicht Kneipe an Kneipe reiht, treffe es hart, wenn ein Lokal für immer seine Pforten schließt. 

Doch gehen die Konsequenzen über die Gastro-Branche hinaus. "Der ganze Handel und auch der Tourismus leiden, wenn Restaurants zumachen", sagt der Buchloer Bürgermeister. Weniger Besucher kommen in die Stadt, der Umsatz der Geschäfte schrumpft. Pöschl appelliert an den Bund: "Die sieben Prozent müssen bleiben, am besten unbefristet." Eine erneute Erhöhung wäre "ein Signal in die völlig falsche Richtung", das Gastronomen zwingen würde, ihre Preise weiter zu erhöhen, um die Steuerlast auszugleichen. 

"Die sieben Prozent müssen bleiben"

"Essen gehen darf nicht noch mehr zum Luxus werden, als es ohnehin schon ist", sagt Cathrin Herd, Kurdirektorin in Bad Wörishofen im Unterallgäu. Sie berichtet von den Sorgen der Wirte. "Viele Hoteliers und Gastronomen in der Stadt haben investiert und die Löhne angepasst, nur um jetzt wieder Angst vor Steuererhöhungen haben zu müssen." Stirbt ein Wirtshaus, falle auch immer ein "essenzieller Bestandteil des gesellschaftlichen Zusammenhaltes auf dem Land weg".

 
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