Der Steigweg ist auch ein Hohlweg. Wer ihn von der Kitzinger Westtangente aus befährt, wird flankiert von mächtigen grünen Wänden aus Büschen und Bäumen. Der Steigweg aber ist vor allem eines: eine Illusion. Denn er ist längst kein Weg mehr, sondern eine bestens ausgebaute Straße, eine Schneise für den Schwerverkehr.
Wer an ihren Ausläufern wohnt, findet – in einer der letzten grünen Lungen der Stadt – keine Ruhe mehr. Heike Seitz sagt: "Bei uns im Haus wummern die Scheiben." Wolfgang Lechner sagt: "Ich schlafe mit Ohrenstöpseln, aber selbst die helfen wenig."
Seit Jahren nimmt der Verkehr dort stetig zu, und das hat einen Grund, der weiter oben zu suchen ist, im Gewerbegebiet Innopark, das – so heißt es auf der Homepage – für "ökologische wie ökonomische Nachhaltigkeit steht". Für viele Lastwagen ist der Steigweg der Weg zum Ziel. Und da der Innopark nach eigenen Angaben erst zu 70 Prozent ausgelastet ist, befürchten Anwohner wie Heike Seitz oder Wolfgang Lechner, dass alles noch viel schlimmer wird. So lange wollen sie nicht warten.
Wie der Name sagt, liegt der Steigweg an einer Steigung; sie beträgt im steilsten Bereich neun Prozent, und von der Talsohle bis hoch zum Innopark überwindet die Straße auf 500 Metern Länge einen Höhenunterschied von 35 Metern. Ein normales Fahrzeug schafft das ohne Probleme, aber den vielen Lastwagen, Tiefladern und Sattelschleppern, die seit Jahren zum Straßenbild gehören, hört man an, wie sie sich quälen. Wie sie im niedrigen Gang den Berg hinauf zuckeln und bei Glatteis im Winter Gas geben.
Es dröhnt und brummt, und Heike Seitz sagt: "Ich kann schon am Motorengeräusch erkennen, ob das ein polnischer oder litauischer Lkw ist." Seitz hat an diesem Berg einiges erlebt. "Ich wurde überholt, mir wurde der Mittelfinger gezeigt, und vor einiger Zeit gab es hier einen schweren Unfall." Ein Autofahrer krachte gegen den querstehenden Hänger eines Lkw, dessen Fahrer wohl zu schnell unterwegs war.
Dass es einmal so kommen würde, hätten sich Heike und Udo Seitz genauso wenig ausgemalt wie Elisabeth und Wolfgang Lechner. Die Lechners wohnen seit 1993 am Oberbäumle, die Seitzens seit 1996. Sie sind Nachbarn, und ihre Gärten gehen nach hinten raus, zum Steigweg. Als sie hierherzogen, wollten sie dem Trubel der Stadt entfliehen, wollten am Wochenende im Garten sitzen und bei flirrender Sommerhitze mit offenem Fenster schlafen. Lange Zeit war das auch möglich. Es gab zwar die Amerikaner oben auf dem Berg, in den Larson Barracks, aber bei 3500 stationierten Soldaten waren es vor allem Pkws, die morgens den Steigweg rauf und abends wieder runter krochen.
Nachdem 2006 die letzten amerikanischen Soldaten abgerückt waren und die US-Armee das Gelände an die Bundesrepublik zurückgegeben hatte, lag die Kaserne jahrelang brach. Die Natur hatte zum Teil Besitz von dem Areal ergriffen, als 2011 der Pionier Bernhard Beck kam und die fast 53 Hektar für den Fortschritt erschließen sollte. Sein in Kitzingen angesiedeltes Unternehmen für Elektrotechnik verwaltete und betreute von Oktober 2010 an das Gelände mit seinen mehr als 100 Gebäuden. Beck sollte sich über den Dächern der Stadt um die Ansiedlung von Firmen kümmern.
Im Stadtrat herrschte Goldgräberstimmung, von "Kitzingens Silicon Valley" war die Rede, nur halt nicht im Tal, sondern auf dem Berg. Geplant war ein "Gewerbegebiet mit Schwerpunkt Photovoltaik und Elektromobilität", so liest man es in Zeitungsartikeln aus dieser Zeit, und auch ein Name ist rasch gefunden: Innopark. Im Herbst 2011 sprach einer der damaligen Geschäftsführer von "Gedankenspielen und Visionen": von Platz für Forschungseinrichtungen und Flächen, auf denen Jungunternehmer ihre Start-up-Ideen umsetzen können. Vieles scheint möglich, auch ein Sondergebiet für Hotel, Studentenwohnungen, Catering, Kneipen, Schulungs- und Büroräume.
Im Innopark sollte sich Forschung und Entwicklung ansiedeln
Im Herz der Anlage waren zwar auf 14 Hektar Produktionsstätten vorgesehen, doch um sie herum sollten sich laut Bernhard Beck "weniger lärmintensive Gewerbeflächen" gruppieren: Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen, ein Gründerzentrum, auch das Staatsarchiv sollte einmal hierher. Es gehe, so hieß es, um den "Wissensaustausch zwischen innovativen Köpfen, Wissenschaft und Produktion" – ein Ziel, das derzeit der Landkreis Kitzingen mit der potenziellen Ansiedlung einer FH-Außenstelle weiterverfolgt.
Von großen Logistikzentren war nicht die Rede. Wieso auch? Es würde nicht viel Sinn ergeben, am äußersten Zipfel der Stadt Lastwagen einen Berg rauf und wieder runter zu jagen. So dachte man.
Nicht nur die Familien Seitz und Lechner glaubten damals den Versprechen, die man ihnen auf einer Versammlung im Kitzinger Rathaus gemacht hatte. "Deshalb", so sagen sie heute, "haben wir auch keine Einsprüche angemeldet." Tatsächlich, so heißt es in einem damaligen Bericht dieser Redaktion, seien die Sorgen der Anwohner in den Gebieten rund um die Larson Barracks, beispielsweise vom Oberbäumle und vom Winterleitenweg, "offensichtlich gering".
Inzwischen nutzen etliche Logistiker den Innopark als Umschlagplatz
Gut zehn Jahre später, an einem sonnigen Nachmittag im Juni, sitzen Elisabeth und Wolfgang Lechner mit Heike und Udo Seitz in ihrem Garten und berichten über den "Wahnsinn": dass inzwischen nicht nur eine Handvoll Transport- und Logistikunternehmen den Innopark als Umschlagplatz nutzen, sondern neuerdings auch noch ein Verleiher von Schwerstkränen. Der Innopark Kitzingen wirbt mit der verkehrsgünstigen Lage am Autobahnkreuz Biebelried und der Anbindung an das europäische Straßennetz. Dass die Lastwagen ein Wohngebiet passieren und einen Berg erklimmen müssen, steht da nicht. Die Stadt ging einmal von etwa 200 Lkws am Tag aus, inzwischen dürften es deutlich mehr sein.
Im Herbst 2021 haben die Lechners Zivilklage beim Landgericht Würzburg eingereicht und die Betreiber des Innoparks auf Unterlassung verklagt. Die Klage wurde im April abgewiesen. Im Urteil heißt es, der Innopark sei für die Umtriebe der Lkw-Fahrer nicht verantwortlich zu machen. Gleichzeitig läuft eine Verwaltungsklage der Interessengemeinschaften Seitz und Lechner gegen die Stadt, die am 13. Juli vor dem Verwaltungsgericht Würzburg verhandelt wird. Sie wollen erreichen, dass die Stadt den Lärm unterbindet und ein Durchfahrtsverbot für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen am Steigweg verhängt, wie es hier schon einmal galt. "Das Minimalziel ist", sagt Lechner, "dass wir nachts und an den Wochenenden unsere Ruhe haben."
Ein Durchfahrtsverbot hält die Stadt für nicht zu rechtfertigen
Für die Stadt ist ein solches Durchfahrtsverbot "in der Gesamtschau aller zu berücksichtigenden Interessen" nicht zu rechtfertigen. Heißt: Im Rathaus gewichtet man die Interessen des Innoparks offenbar stärker als die der unmittelbar vom Lärm betroffenen etwa 20 Anwohner im Wohngebiet am Oberbäumle. Fragt man bei der Stadt nach Erkenntnissen oder Gutachten zur aktuellen Verkehrsbelastung, erhält man wenige Tage später die schriftliche Antwort: Aussagen zur Zahl der täglich verkehrenden Fahrzeuge habe die Stadt aus jüngeren Tempomessungen (wie viele es sind, teilt sie nicht mit); und was den Lärm betrifft, beruft man sich im Rathaus auf den mehr als zehn Jahre alten Bebauungsplan. Aus der damaligen Schallimmissionsprognose gehe hervor, dass der "zu erwartende Verkehr alle zu berücksichtigenden Lärmwerte" einhält.
Unverständlich für die Anlieger bleibt auch, warum 70 Prozent des Verkehrs zum Innopark über den Steigweg fahren und nur 30 Prozent über die Johann-Adam-Kleinschroth-Straße, die doch mit Ampel und zweiter Abbiegespur viel besser an die Westtangente angeschlossen sei. Die Stadt kann auf Nachfrage nicht erklären, wie es 2011 zu dieser Festlegung gekommen ist, beruft sich vage auf eine "verkehrsgutachterliche Stellungnahme". Vor zwei Jahren hat die Stadt entlang des Steigwegs Tempo 30 angeordnet und hat einen Fahrradschutzstreifen auf die Straße pinseln lassen. "Weitere verkehrsrechtliche Regelungen", heißt es, "sind hier nicht angezeigt." Genau das wird nun ein Gericht klären.
Als ob der MAN oder Mercedes anders klingt, wenn er ein Kennzeichen von dem Staat oder dem anderen Staat angebracht hat . So ein Schmarrn
aber richtig ist, dass sich die Anwohner damals haben einlullen lassen und nicht in der vorgesehenen Frist Einspruch erhoben haben.
Typisch Stadt Kitzingen, die Anwohner sind jetzt die Deppen. Auf das Staatsarchiv gehofft und den Lärm und die Abgase bekommen.
Man kann doch die Straße über 3,5 tons doch sperren, damit der Schwerlastverkehr hinten rum über die Straße hochfährt. Sind da aber nicht auch Wohnhäuser ??
Ausserdem fahren auf polnischen LKW schon sehr oft Fahrer aus z. B. Lutauen, Lettland und Estland. Wie lässt sich deren Fahrstul unterscheiden ????
Einfach nur Schmarrn - und sowas druckt die MAIN-Post auch noch als "Zwischenüberschrift" ab ?
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
und trotzdem haben Sie dieses Zitat der Anwohnerin, in der Druckausgabe der Main-Post besonders hervorgehoben. Ich habe das laienhaft "Zwischenüberschrift" genannt.
Das brauchen Sie jetzt nicht wegdiskutieren.
Es geht darum, dass die aussage da fährt ein polnischer oder litauischer LKW einfach "Schmarrn" ist wie ich mehrfach ausgeführt habe.
oder kann man am Motorengeräusch auch erkennen, welche Schuhgröße der Fahrer hat ?
Nicht mehr und nich weniger
Darüber hinaus ist die "Alternativstrecke"kurvig, Autos parken links und rechts, bei Gegenverkehr nicht lustig.