In einem beliebten Spiel heißt es: "Ich packe meinen Koffer und nehme mit..." Dabei sollen sich die Beteiligten merken, was jede und jeder Einzelne mit auf die Reise nehmen möchte. Bei Marcus Grech aus Eltmann müsste der Spruch lauten: "Ich packe mein Fahrrad und nehme mit..." Denn der 40-Jährige bricht am Montag, 9. Mai, mit seinem Drahtesel zu einer Weltreise auf, die ihn – nicht in 80 Tagen, aber in fünf Jahren – um den Erdball führen soll.
Keinesfalls fehlen dürfe dabei seine Espressokanne, sagt Grech, der schon Erfahrung als Weltenbummler gesammelt hat, und fügt an: "Es gibt nichts Schöneres als früh aufzustehen und mitten im Nirgendwo, wenn es arschkalt ist, einen Espresso zu trinken." Ebenfalls mit ins Reisegepäck geschafft hat es die alte Kamera seines Opas, die ihm seine Großmutter mit auf den Weg gegeben hat. Eingepackt ist auch das "OhneWörterBuch", ein Wörterbuch, in dem wichtige Begriffe als Zeigebilder aufgemalt sind. Universell einsetzbar sozusagen und damit genau das Richtige für eine Weltreise.
Die ersten Stationen sind in Europa, dann folgt Afrika oder Asien
Los geht es zunächst in Richtung Bodensee. "Zum Aufwärmen", wie Grech sagt. Dort will er seine Tante besuchen, danach einen Arbeitskollegen in Kroatien und schließlich seine Verwandten in Italien, genauer: auf Sizilien. Wäre alleine diese Strecke mit dem Rad für die meisten wohl schon gefühlt eine halbe Weltreise, geht es für Grech dann erst so richtig los. Je nach der aktuellen politischen sowie gesundheitspolitischen Lage wolle er dann Afrika umrunden oder entlang der Seidenstraße in Richtung Asien aufbrechen, erklärt der Eltmanner.
Er sei aufgeregt, Angst habe er aber keine, erzählt Grech im Vorfeld seiner Weltreise bei einem Treffen im heimischen Garten in Eltmann. Im Gegenteil: Er sei froh, mal wieder rauszukommen. Denn den 40-Jährigen hat das Fernweh gepackt, oder wie auf seinem T-Shirt auf Englisch – frei übersetzt – steht: "Es ist schwer, meine Reiselust unter Kontrolle zu halten." Es habe ihn schon immer in die Ferne gezogen, berichtet Grech, der unter anderem bereits fünf Jahre in Thailand lebte.
"Ich wollte immer schon Abenteuer erleben, war aber zu faul", erzählt der Eltmanner weiter und lacht. Als er sich Mitte der 2000er Jahre freiwillig beim Bund meldete und in der Bundeswehr zu den Gebirgsjägern kam, habe sich das geändert. Dadurch sei er quasi gezwungen gewesen, Sport zu machen. "Und es hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich den Reiz gefunden habe, mehr zu machen als nur zuhause zu sitzen", fügt Grech an.
Von München nach Istanbul gelaufen
Bis vor Kurzem war der Eltmanner dabei zu Fuß unterwegs. So führte ihn sein Fernweh 2013 zum Beispiel auf eine längere Wanderung: Er lief von München aus bis in die Türkei nach Istanbul. Ein halbes bis dreiviertel Jahr war Grech damals nach eigenen Angaben unterwegs. Er sei nur mit einer Plastiktüte mit Wechselkleidung und Socken gestartet, erinnert er sich. "Es ist total schön, wie die Menschen auf einen reagieren."
Grech war ohne Geld unterwegs. Er habe zum Beispiel eine Isomatte oder auch eine Abspannplane geschenkt bekommen und sei von den Leuten, die er auf seiner Wanderung traf, fast immer eingeladen geworden, berichtet er. "Manchmal habe ich auch gearbeitet und zum Beispiel geholfen, die Ernte mit reinzubringen, gegen Kost und Logis."
"Stress und Überforderung", nennt er als Beweggründe für seine damalige Fußreise. Den Entschluss zu einer Weltreise mit dem Fahrrad wiederum habe er durch die Corona-Pandemie gefasst. "Für eine Radtour muss man Geld investieren", erklärt er dazu. Etwa 3000 Euro für Fahrrad – übrigens kein E-Bike – und Ausrüstung. Nachdem er seinen eigentlich geplanten Urlaub aufgrund der Pandemie hatte streichen müssen, nutze Grech das Geld und seinen Lohn zum Kauf und startete im Anschluss auf seine erste Radtour.
Zum Bodensee, an Rhein und Main entlang zurück in die Haßberge
Die pandemiebedingten Grenzschließungen führten dazu, dass der Eltmanner damals nur bis zum Bodensee kam. Entlang an Rhein und Main ging es schließlich wieder zurück nach Hause. "Das hat mich so gepackt, dass ich gesagt habe: Das mache ich!" Gemeint ist seine Idee, die Welt mit dem Rad zu umrunden. Zu Fuß wäre eine Weltreise nicht in der gleichen Form möglich gewesen. Denn aufgrund der Visabestimmungen in manchen Ländern müsse er diese innerhalb von 30 Tagen durchqueren. "Das funktioniert nicht mit Laufen." Wohl aber mit dem Rad.
Extra trainiert hat der 40-Jährige für seine Weltreise mit dem Fahrrad nicht. Er bewege sich ohnehin viel und sei oft draußen unterwegs, erklärt Grech. Auch zur Arbeit – die Stelle als Lagerarbeiter hat er nun aufgrund seiner Reisepläne gekündigt – sei er immer mit dem Rad gefahren. Aktuell spüre er allerdings noch die Nachwirkungen einer Corona-Infektion. Als er jüngst zu einer für ihn organisierten Abschiedsfeier in den Betrieb radelte, habe er gemerkt, dass ihm noch die Kraft fehle.
Grech ist jedoch guter Dinge, dass er das unterwegs mit der Zeit wieder aufarbeiten kann. Auch der Ukraine-Krieg und die damit verbundene unsichere Lage weltweit halten ihn nicht von seinen Reiseplänen ab. Im Gegenteil: "An dem Punkt wollte ich am liebsten sofort los", erzählt der Eltmanner mit Blick auf den Angriff Russlands Ende Februar. Es könne nicht lange dauern, bis einer den roten Knopf drückt, habe er sich gedacht. "Und dann sitzen wir alle in einem Boot."
Doch Grech war familiär eingespannt, er kümmerte sich seit einiger Zeit schon um seine Großeltern und konnte daher nicht einfach von heute auf morgen los. Apropos, was sagen eigentlich seine Familienangehörigen zu den Weltreiseplänen? "Sie sind natürlich sehr traurig. Aber gleichzeitig freuen sie sich auch für mich und sind froh, dass ich meine Ziele und Träume erreiche. Sie haben mir kleine Geschenke als Erinnerung gemacht und mich vor allem auch mental unterstützt."
Weltreise mit insgesamt 55 Kilogramm Reisegepäck
Zur Frage, auf welche Länder er sich bei seiner Weltreise besonders freue, sagt Grech: "Georgien und Iran." In Georgien solle die Landschaft unglaublich schön sein, erklärt er dazu. "Und im Iran sind die Menschen unglaublich freundlich." Außerdem freue er sich natürlich auf den Besuch bei seinen Verwandten in Italien.
Die Radreise um die Welt soll Grech neben Europa, Afrika und Asien auch nach Australien und Amerika führen. Warum er dafür genau fünf Jahre geplant hat? "Das ist der maximale Zeitraum, für den man die Reisekrankenversicherung buchen kann", erklärt er und lacht. Ob er nach den fünf Jahren tatsächlich wieder zurückkommt, steht in den Sternen. "Vielleicht gefällt es mir zum Beispiel in Nicaragua oder Nepal so gut, dass ich dort bleibe", überlegt der Eltmanner.
"Vielleicht bin ich aber auch schon nach einem Jahr wieder zurück, weil es mir nicht gefällt", fügt er dann mit einem Schmunzeln an. Dass das tatsächlich der Fall sein könnte, scheint bei einem Weltenbummler wie Grech unwahrscheinlich. Sicher ist jedenfalls, dass er in ein großes Abenteuer startet. Los geht es am 9. Mai mit 55 Kilogramm Reisegepäck inklusive Fahrrad.