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Hofheim
Sorge um die Zukunft des Notarzt-Standorts Hofheim: Ein Wegfall "wäre eine gravierende Verschlechterung"
Eine Studie zur künftigen Notarzt-Versorgung in Bayern sieht den Hofheimer Notarzt-Standort nicht mehr vor. Was die Verantwortlichen vor Ort dazu sagen.
Rund 900 Mal rückte 2021 vom Standort Hofheim aus eine Notärztin oder ein Notarzt aus. In einer aktuellen Studie ist der Standort zukünftig jedoch gar nicht mehr vorgesehen (Symbolbild).
Foto: Michael Will, BRK | Rund 900 Mal rückte 2021 vom Standort Hofheim aus eine Notärztin oder ein Notarzt aus. In einer aktuellen Studie ist der Standort zukünftig jedoch gar nicht mehr vorgesehen (Symbolbild).
Rebecca Vogt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:18 Uhr

Mit Ebern, Haßfurt und Hofheim gibt es im Landkreis Haßberge drei Notarzt-Standorte. Aktuell stellt sich jedoch die Frage, ob das auch in Zukunft so bleibt. Denn eine Anfang Oktober veröffentlichte Studie stuft den Hofheimer Notarzt-Standort sozusagen als verzichtbar ein: Er kommt im Planungsszenario, das dort für die Notarzt-Versorgung entworfen wird, nicht mehr vor. Ebenso wenig wie 29 weitere Standorte bayernweit. 14 Notarzt-Standorte hingegen schlägt die Studie als mögliche neue Lokalitäten vor.

Die Anzahl der Notarzt-Standorte in Bayern würde sich also von derzeit 229 auf 213 reduzieren. Hierbei wären 190 von diesen noch rund um die Uhr besetzt, die Übrigen nur zeitweise. Im Fazit der Studie heißt es, dass "planerisch", was die Erreichbarkeiten betrifft, dennoch "eine weitgehend gleichbleibende Versorgungssituation möglich" sei – durch die der Studie nach verbesserte Verteilung der Standorte.

Für Bayern eine Verbesserung, für Hofheim eine Verschlechterung

Insgesamt sehen die Macherinnen und Macher der Studie, aufgrund von Simulationsergebnissen, eine Verbesserung der notärztlichen Versorgungssituation in Bayern. Neben dem neuen Standortkonzept spiele hierbei die Telemedizin – in Form von aus der Ferne zugeschalteten Notärztinnen und -ärzten – eine wesentliche Rolle. Durchgeführt hat die "Notarztstudie 2021" das Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement des Klinikums der Universität München (LMU). Auftraggeber ist das bayerische Innenministerium.

Was aber würde eine Schließung des Standortes Hofheim für die Stadt beziehungsweise den Landkreis bedeuten? Der Sprecher der Notarztgruppe Hofheim, Dr. Klaus Grein, findet in Abstimmung mit seinen Kolleginnen und Kollegen deutliche Worte: "Die in der Notarzt-Studie geplante Umstrukturierung mag für einige Regionen in Bayern eine Verbesserung bringen, für den Landkreis Haßberge und insbesondere das Hofheimer Umland bedeutet es eine gravierende Verschlechterung der notärztlichen Versorgung."

Sieben Minuten und 21 Sekunden länger müssten Patientinnen und Patienten in der Stadt Hofheim und den Stadtteilen auf die Notärztin oder den Notarzt bei einem Wegfall des örtlichen Standorts warten, geht aus der Studie hervor. Die berechnete mittlere Fahrtzeit läge dem Planungsszenario nach dann bei 11 Minuten und acht Sekunden.

Geringe Ausfallzeiten bei der Besetzung des Standorts Hofheim

Es sei nur dann eine gut sieben Minuten längere Anfahrt, gibt Dr. Grein zu Bedenken, wenn alle benachbarten Standorte, die bei einem Wegfall die Versorgung des Hofheimer Bereichs übernehmen müssten, rund um die Uhr besetzt seien. Der Notfallmediziner verweist hier auf die Ausfallzeiten: In den Jahren 2019 und 2021 waren es in Haßfurt 1068 beziehungsweise 867 Stunden, in Ebern 580 beziehungsweise 576 Stunden, in Bad Königshofen 1016 beziehungsweise 2259 Stunden. In Hofheim waren es 2019 null Stunden und 2021 drei Stunden.

"Das heißt, bei ungünstiger Konstellation kann es nochmal deutlich länger dauern, bis ein Notarzt vor Ort ist."
Dr. Klaus Grein, Sprecher Notarztgruppe Hofheim

Im Planungsszenario der Studie wurden die Ausfallszeiten der einzelnen Notarzt-Standorte nicht berücksichtigt. Eine "nur" gut sieben Minuten längere Anfahrt, wie sie die Studie für Hofheim vorrechnet, sei angesichts der derzeitigen Ausfallzeiten der umliegenden Standorte "sicherlich unrealistisch", befindet der Sprecher der Notarztgruppe Hofheim. "Das heißt, bei ungünstiger Konstellation kann es nochmal deutlich länger dauern, bis ein Notarzt vor Ort ist."

Verlängert sich die Anfahrtszeit derart, komme es bei zeitkritischen Fällen, wie etwa einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall, "im günstigsten Fall" zu einer nicht mehr leitliniengerechten Verzögerung der nötigen Behandlung – mit möglichen negativen Folgen für den weiteren Heilungsverlauf der Patientin oder des Patienten. Im ungünstigsten Fall könnten Patientinnen und Patienten irreparable Schäden davontragen oder gar versterben, erklärt Dr. Grein.

In der Studie wird außerdem der Einsatz von Telenotärztinnen und -ärzten vorausgesetzt, die den Notfallsanitäterinnen und -sanitätern beim Einsatz beratend zur Seite stehen, zugeschaltet aus der Ferne. Die Berechnungen der Studie für die Versorgung des Bereichs Hofheim hängen daher auch davon ab, dass "das zukünftige Telenotarzt-Konzept voll etabliert ist und sich dadurch die Anzahl an Einsätzen für den Vor-Ort-Notarzt verringert", wie Dr. Grein anmerkt. Die Telenotärztin oder der Telenotarzt sei in der Region aber "noch reine Zukunftsmusik".

Hofheim hat einen gut funktionierenden Notarzt-Standort

Hofheims designierter Bürgermeister Alexander Bergmann (CSU), der ab Februar offiziell im Amt sein wird, nahm unter der Woche an einem Treffen der Notarztgruppe teil. Es sei ihm unverständlich, dass man einen Standort opfern wolle, der gut funktioniere, sagt er mit Blick auf das Ergebnis der Studie. Der Hofheimer Notarzt-Standort sei gut aufgestellt. Die Gruppe helfe auch andernorts aus. "Es ist ein kleines Team, das echt super funktioniert. Wir sind stolz, dass wir in Hofheim so wenige Ausfallzeiten haben." Die Stadt stehe hinter dem Standort, um den man notfalls kämpfen werde.

"Es ist ein kleines Team, das echt super funktioniert. Wir sind stolz, dass wir in Hofheim so wenige Ausfallzeiten haben."
Alexander Bergmann, designierter Bürgermeister Hofheim

Bislang handelt es sich bei dem im Raum stehenden Wegfall des Notarzt-Standorts Hofheim nur um ein Planungsszenario, das die Studie der LMU vorschlägt. Darauf verweist auch Notarztgruppen-Sprecher Dr. Grein. Für konkrete Entscheidungen sei eine Betrachtung der einzelnen Standorte und der Lage vor Ort notwendig. Auch im Fazit, zu dem die Macherinnen und Macher der Studie kommen, heißt es, dass weitere Detailanalysen vorgenommen werden müssten, um "spezifische Gegebenheiten vor Ort ausreichend berücksichtigen zu können".

"Die Notarztstudie ist eine wissenschaftlich fundierte Arbeitshilfe, die den Entscheidungsträgern vor Ort als Diskussionsgrundlage dienen kann", erklärt das Innenministerium auf Anfrage. Unter Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten solle die Notarzt-Versorgung weiter verbessert werden. Die Notarztstudie habe jedoch keinen bindenden Charakter.

Allgemein legen die Zweckverbände für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) in Absprache mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) geeignete Notarzt-Standorte fest. Beim ZRF Schweinfurt will man sich mit den Ergebnissen der Studie und hieraus abzuleitenden Maßnahmen zur gegebenen Zeit vertieft auseinandersetzen, wie es von dort heißt. "Überlegungen zur Schließung des Notarzt-Standorts Hofheim bestehen seitens der Geschäftsführung des ZRF Schweinfurt nicht."

Personalmangel im Notarztwesen wird das flache Land treffen

Während der Standort Hofheim also bislang nur von der Studie zur Debatte gestellt wurde, ist auch die Notarzt-Versorgung insgesamt in Zukunft wohl keine Selbstverständlichkeit mehr. "Wie in vielen anderen Bereichen auch, wird der fehlende ärztliche Nachwuchs in Kombination mit der ausscheidenden Babyboomer-Generation in den nächsten Jahren zu einer prekären personellen Mangelsituation im Notarztwesen, insbesondere auf dem flachen Land, führen", berichtet Dr. Grein. Auch Hofheim werde hiervon nicht verschont bleiben. Hierfür gilt es Lösungen zu finden.

Der Notarzt-Standort Hofheim

Notärztinnen und Notärzte (aktuell neun) des Standorts Hofheim wurden im Jahr 2021 rund 900 Mal alarmiert, wie der Kreisverband Haßberge des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) berichtet. Das BRK stellt in der Rettungswache die Infrastruktur für den Notarztdienst zur Verfügung. Heuer waren es in Hofheim bis kurz vor Ende November rund 840 Alarmierungen, an allen drei landkreisweiten Notarzt-Standorten gut 3000.
Die Gründe für die Anforderung einer Notärztin oder eines Notarztes sind laut BRK überwiegend internistische (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen) und neurologische Notfälle (z.B. akuter Schlaganfall) sowie Traumata (z.B. Stürze, etwa mit Kopfverletzungen). Hinzu kommen weitere Einsätze, beispielsweise bei schweren Verkehrsunfällen mit eingeklemmten Personen.
bex
 
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  • Siegfried.Mantel@t-online.de
    Es ist schon interessant, wie einfach die Mediziner vom Institut für Notfallmedizin der LMU München denken, wenn man den Standort Hofheim weg kürzt und den Leuten dann erzählt das ja sehr vieles mit Notfall Telemedizin funktionieren kann, dann haben diese einfachen Isar Preußen Ärzte aus München keine Ahnung wie es auf dem flachen Land mit der DSL Versorgung und mit Mobilfunk aussieht, natürlich hat man in München 4G und 5G und im Landkreis Schweinfurt und Landkreis Hassberge kann man in vielen Fällen die Buschtrommeln verwenden, wir hatten ja, Gott sei Dank, hervorragende CSU Minister die dafür gesorgt haben dass wir weiterhin Rauchzeichen und Buschtrommeln verwenden müssen, Dummprint, den Bescheuerten und die Tante aus den Haßbergen, wenn ich dann noch überlege dass wir im Dorf einen Innenstaatssekretär hatten, der bei diesem Kasperletheater alles versucht hat, dass wir die Zukunft bekommen, dann frage ich mich nur noch wie intelligent die Leute sind, die die Studie gemacht haben.
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  • Lagerkoller
    Kann nur ein Trauerspiel werden!!
    Hoffentlich setzen die Verantwortlichen sich zeitnah für uns ein, sonst sind WIR im nördlichen Landkreis vollends verloren!
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