
Hausärztinnen und Hausärzte sind gesucht, vor allem auf dem Land. In Burgpreppach hat vor rund fünfeinhalb Jahren ein Ärztepaar die örtliche Praxis übernommen. 2500 bis 3000 Patientinnen und Patienten versorgen Dr. Verena und Dr. Seán Patrick Stieglitz dort nach eigenen Angaben pro Quartal, wesentlich mehr als noch zu Zeiten der alten Praxisinhaber. Doch es gibt ein Problem: Die Praxis ist insgesamt zu klein und deutlich in die Jahre gekommen.
Eine veraltete Praxis und akuter Platzmangel
Die Praxis, die 1937 zunächst für einen Arzt gebaut wurde, ist zuletzt 1984, vor knapp vierzig Jahren, umgebaut und in ihre jetzige Form gebracht worden, wie Dr. Seán Patrick Stieglitz berichtet. Modernen Anforderungen entspreche sie lange nicht mehr. Die Medizin habe sich weiterentwickelt und sei technisch aufwendiger geworden. Auch gebe es andere Erfordernisse an Dokumentation und Leistung, die von einer Hausarztpraxis verlangt werden.
"Und zuletzt sind wir beide, meine Frau und ich, Fachärzte für Innere Medizin." Also hausärztlich tätige Internisten. "Das erfordert eine andere technische und auch personelle Ausstattung einer Praxis, zumal die Aufgaben, die früher die lokalen Krankenhäuser übernommen haben, sich mehr und mehr in die Praxen verschieben", führt Stieglitz aus. Im konkreten Fall: Moderne Diagnostikgeräte und acht medizinische Fachangestellte. Auf 110 Quadratmetern Praxisfläche gehe es recht beengt zu.
Eine Lösung muss(te) her. Nach einer solchen wurde seither gesucht, unter anderem in Austausch mit dem Gemeinderat und dem ortsansässigen Verein Gesundheit, dessen Vorsitzender Burgpreppachs Bürgermeister Hermann Niediek (CSU) ist. Das Ganze lief bislang weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit ab. Ein Beitrag des Ärztepaars auf der praxiseigenen Facebook-Seite "Hausärzte Burgpreppach" Mitte vergangener Woche änderte dies jedoch abrupt.
Dem Ärger mit einem Facebook-Post Luft gemacht
"Die Praxis der Hausärzte in Burgpreppach ist ab sofort bis auf Weiteres aus gesundheitlichen Gründen geschlossen", hieß es in dem Post in dem Sozialen Netzwerk. Aufhorchen ließ dann aber vor allem, was auf die nüchterne Information am Anfang des Beitrags folgte. Denn die Burgpreppacher Hausärzte machten spontan ihrem Ärger über die Situation vor Ort Luft, welcher sich offenbar über einige Zeit angestaut hatte.
Die Hausärzte würden seit fünfeinhalb Jahren auf "die unzumutbare räumliche Situation" vor Ort hinweisen, hieß es in dem Beitrag. "Nach mehrfachem, zermürbendem, massiven Druck" habe sich die Gemeinde Ende 2021 entschlossen, gemeinsam mit den Hausärzten "einen gangbaren Weg" zu suchen. Demnach hätten sich die Hausärzte bereiterklärt, "eine erhebliche Summe in eine neue Praxis in Burgpreppach zu investieren".

Zu einem Neubau kam es jedoch bislang nicht, die Hausärzte-Praxis ist weiter unter der alten Adresse in der Gemeinfelder Straße zu finden. Zwar sei das benötigte Grundstück gekauft und ebenso der Bauplan umgehend eingereicht worden, schrieben die Hausärzte in ihrem Facebook-Post vergangene Woche. Doch von Seiten der Gemeinde sei es zu Verzögerungen gekommen.
Sowohl die Baukosten als auch die Zinsen explodierten
Ende Februar 2022 änderte dann der Krieg in der Ukraine die Vorzeichen: Die Baukosten verdoppelten und die Zinsen verdreifachten sich, wie die Hausärzte in ihrem Post weiter ausführten. "Viermal wurde die Praxis komplett neu geplant, verkleinert, geschrumpft und zusammengestrichen." Die Kosten seien am Ende – ohne wesentlichen Raumgewinn – dennoch um rund ein Drittel höher gewesen als ursprünglich vorgesehen. Die Bauanstrengungen wurden in der Folge "zunächst auf Eis gelegt".
Stattdessen suchten die Burgpreppacher Hausärzte nach eigener Aussage nach einer "kurzfristig umsetzbaren, sinnvollen" Alternativlösung. Diese, in Form der Übernahme eines Bestandsgebäudes, habe man auch dem Verein Gesundheit präsentiert. In einer Sitzung am 25. Januar 2023 sei dann aber festgestellt worden, dass sich die Hausärzte dem geschlossenen Vertrag nach im Bauverzug befinden, und auch die vorgestellte Alternativlösung stieß den Hausärzten zufolge auf Skepsis. Die Unterstützung sollte deswegen vorübergehend eingestellt werden.
Es war der Punkt, der für die Hausärzte das Fass zum Überlaufen brachte: "Da so viel von Unterstützung die Rede ist, möchten wir, die Hausärzte Burgpreppach, die Mitglieder des Gemeinderats gerne in Ihrem Denkprozess unterstützen", äußerten sie ihren Unmut in dem Facebook-Post. "Ab sofort bleibt daher die Praxis Burgpreppach bis auf Weiteres aus gesundheitlichen Gründen geschlossen!"
Nach zwei Werktagen öffnete die Praxis in Burgpreppach wieder
Patientinnen und Patienten wurden bei "Fragen der medizinischen Versorgung" abschließend an die Mitglieder des Vereins Gesundheit, an den Gemeinderat sowie die Ärzte der umliegenden Praxen und schließlich den Notruf 112 verwiesen. Der Post glich einem Paukenschlag. Das Thema sorgte weit über die Grenzen der Marktgemeinde hinaus für Gesprächsstoff im Landkreis Haßberge. Kurze Zeit später jedoch ergab sich eine Wende.
Bereits am Montag öffnete die Hausärzte-Praxis in Burgpreppach wieder ihre Türen für Patientinnen und Patienten. Auch der ursprüngliche Wortlaut des Posts ist nicht mehr auf der Facebook-Seite zu finden. Stattdessen bedanken sich die Hausärzte dort nun für die "überwältigende" Menge an Solidaritätsbekundungen, die ihnen entgegengebracht worden sei und offenbart habe, "dass die medizinische Versorgung den Menschen in unserer Marktgemeinde extrem wichtig ist".

"Die öffentliche Diskussion hat aber auch sehr klar gezeigt, wer aus den entsprechenden Gremien sich angesprochen gefühlt hat. Die zum Teil recht unterirdischen Äußerungen zeigen uns immer wieder, dass mangelndes Vertrauen, Neid und Missgunst niemanden weiterbringen." Es sei vor allem das ihnen entgegengebrachte Misstrauen, das er und seine Frau auch weiterhin kritisch sehen würden, erklärt Stieglitz gegenüber der Redaktion.
Ein gemeinsamer Weg für die medizinische Versorgung
Den ursprünglichen Post hätten sie geändert, da er für Außenstehende missverständlich und es nicht ihre Absicht gewesen sei, jemanden an den Pranger zu stellen. "Wir danken daher den aufrechten Mitgliedern des Vereins Gesundheit und des Gemeinderats Burgpreppach, die den Shitstorm, der auf sie eingeprasselt ist, so tapfer ertragen haben und entschuldigen uns dafür", schreiben die Hausärzte nun auf Facebook. "Auch war es nicht unser Plan, das Bauamt oder die VG (Anm. d. Red.: die VG Hofheim) anzugreifen, diese haben in der Sache bisher einen guten und korrekten Job gemacht."
Stieglitz erklärt gegenüber der Redaktion, dass seine Frau und er tatsächlich akut erkrankt gewesen seien. Er räumt jedoch ein, dass es ungeschickt gewesen sei, beides in einem Post zu verknüpfen. Die Hausärzte schlagen auf Facebook einen versöhnlichen Ton an: "Die Marktgemeinde Burgpreppach hat sich hier entschlossen, den richtigen Weg zu gehen und ihre Ärzte, die Praxis vor Ort zu unterstützen. Wie die letzten Tage gezeigt haben, ist das nicht immer ohne Holpern und Schütteln möglich, aber eigentlich sind sowohl wir als auch die entsprechenden Gremien einig, dass es einen gemeinsamen Weg für die medizinische Versorgung in Burgpreppach gibt."
Kollegialität? Geht anders
vielen Dank für Ihre Rückfragen! Der Verein Gesundheit ist ein in Burgpreppach beheimateter Verein. Er setzt sich nach eigenen Angaben zum Beispiel für die Sicherstellung der medizinischen Versorgung in der Gemeinde ein. Die Hausärzte-Praxis wurde wie im Text beschrieben vom Verein unterstützt, was die Suche nach einer Lösung für das Praxis-Problem betrifft, auch finanziell. In der Vergangenheit haben wir bereits über Gelder berichtet, die der Verein erhalten hat, etwa hier: https://www.mainpost.de/regional/hassberge/geplante-stichstrasse-erhoeht-kosten-art-10758966
Viele Grüße aus der Redaktion,
Rebecca Vogt