zurück
Würzburg
Einsatz in der Ukraine: Würzburger Ärztin half für Cap Anamur in Novoselytsia
Spenden des Ökumenischen Asylkreises im Frauenland sollen in der Ukraine gut eingesetzt werden: Warum eine 79-jährige Ärztin im Ruhestand in die Ukraine reiste.
In der Ukraine: Cap Anamur bereitet Hilfstransporte für Gebiete im Osten des Landes vor.
Foto: Bärbel Krumme | In der Ukraine: Cap Anamur bereitet Hilfstransporte für Gebiete im Osten des Landes vor.
Katja Glatzer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 22:09 Uhr

Die Bilder der Ukraine-Reise sind Bärbel Krumme sehr präsent, auch wenn sie nun schon einige Tage zurückliegen. Besonders beeindruckt hat sie, wie stark die Menschen vor Ort sind, wie gut sie durchhalten und "wie sie sich gegenseitig in der Not unterstützen". Alle seien eingespannt, "damit das Land weiter funktioniert und die Soldaten an der Front unterstützt werden". Nicht vergessen wird sie den Besuch eines Kinderheims, in dem hauptsächlich behinderte Kinder leben und versorgt werden. Die Eltern weit weg - entweder durch den Krieg oder, weil sie sich nicht adäquat kümmern können. "Das geht einem sehr ans Herz", sagt die fast 80-Jährige.  

Ihr ganzes Leben schon setzt sich Bärbel Krumme für Menschen in Krisensituationen ein. Viele Jahre lang leitete die Würzburger Ärztin im Ruhestand am Missionsärztlichen Institut die Arbeitsgruppe „Not und Katastrophenhilfe“ und arbeitete immer wieder in verschiedenen Hilfsprojekten in Krisenregionen, vor allem in Afrika und Asien, mit. Die Ukraine, so erzählt sie, habe sie zuvor allerdings noch nie bereist. 

Bärbel Krumme zuhause in Würzburg. Die Ärztin hat lange Zeit für die Hilfsorganisation Cap Anamur gearbeitet. Nun war sie zum Helfen eine Woche lang in der Ukraine.
Foto: Patty Varasano | Bärbel Krumme zuhause in Würzburg. Die Ärztin hat lange Zeit für die Hilfsorganisation Cap Anamur gearbeitet. Nun war sie zum Helfen eine Woche lang in der Ukraine.

So bat sie vor kurzem die Hilfsorganisation Cap Anamur/ Deutsche Notärzte e.V., "die ich aus vielen früheren eigenen Einsätzen sehr gut kannte", um die Möglichkeit, auf eigene Kosten für eine kurze Zeit deren Arbeit zu begleiten. "Ich wollte die Situation, die Bedürfnisse und die humanitären Möglichkeiten in der Ukraine kennenlernen", schildert Krumme ihre Motivation. Dankenswerterweise sei ihr dies von Cap Anamur und dem Koordinator vor Ort ermöglicht worden.

Asylkreis: Spenden in die Ukraine geben

Ursächlich für den Wunsch war auch Krummes Mitarbeit im Ökumenischen Asylkreis (ÖAK) der Kirchengemeinden im Würzburger Frauenland. Nach Kriegsbeginn in der Ukraine habe man auf Vorschlag von Pfarrer Niko Natzschka von der Martin-Luther-Gemeinde im ÖAK eine Ukraine-Hilfs-Initiative organisiert, erzählt sie. Zunächst seien Spenden für die geflüchteten Menschen hier in Würzburg eingesetzt worden, mittlerweile würden die ukrainischen Geflüchteten meist nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, vom Jobcenter oder ehrenamtlich von privaten Haushalten versorgt, "so dass unsere Spenden nun deutlich weniger in Deutschland gebraucht werden", erklärt die Ärztin. Daraus sei der Wunsch erwachsen, die Spendengelder nicht zurückzuhalten, sondern im Lande selbst auszugeben, "um mitzuhelfen, dass die Menschen dort gut über den Winter kommen".

Gasflaschen mit Kochaufsatz.
Foto: Bärbel Krumme | Gasflaschen mit Kochaufsatz.

So verbrachte die 79-Jährige etwas mehr als eine Woche in Novoselytsia, einer Kleinstadt mit circa 7000 Einwohnern nahe der rumänischen Grenze in der Region Chernitsi. "Dort ist Cap Anamur seit Beginn der russischen Invasion tätig."

Die Bürgermeisterin des Städtchens, erzählt Krumme, sah sich nach Kriegsbeginn schnell einer größeren Zahl von intern Vertriebenen gegenüber und habe Cap Anamur einen Sitzungsraum des Rathauses als Lager für Medikamente und andere Bedarfsartikel wie Feldbetten, Schlafsäcke oder Holzöfen zum Wärmen und Kochen zur Verfügung gestellt.

"In einer nahen Schule, wo zunächst die Vertriebenen Unterschlupf fanden, wurde eine Kantine eingerichtet." Inzwischen seien die meisten aus den Ostgebieten der Ukraine geflüchteten Menschen in Privatquartieren untergebracht worden. "Die Kantine besteht weiter und Cap Anamur und das Militär teilen sich die Belieferung mit Lebensmitteln."

Pakete mit Basismedikamenten 

Zudem, erzählt Krumme, packe Cap Anamur Pakete mit Basismedikamenten, um Heime und andere humanitäre Organisationen zu beliefern. So brachte Krumme beispielsweise gemeinsam mit Cap Anamur-Koordinator Jürgen Maul eine Schachtel mit Medikamenten zu „Mercy Hands“, einer amerikanischen Hilfsorganisation in Chernitsi. "Der ukrainische Pharmazeut, selbst ein Geflüchteter, strahlte, als er die Lieferung bekam. Vor der Apotheke warteten bereits Menschen", berichtet sie sichtlich beeindruckt.  

Im Sitzungssaal des Rathauses von Novoselytsia ist eine 'Apotheke' von Cap Anamur untergebracht.
Foto: Bärbel Krumme | Im Sitzungssaal des Rathauses von Novoselytsia ist eine "Apotheke" von Cap Anamur untergebracht.

Dem Kinderheim, in dem behinderte Kindern im Alter von sieben bis 18 Jahren leben, brachte die Organisation Hygieneartikel und vor allem Windeln in jeder Größe mit. "Diese waren ausgegangen und konnten vom staatlichen Budget nicht mehr bezahlt werden", erzählt die Ärztin. Schockiert war Krumme über die Menge an Kindern, 50 an der Zahl, "weil ein Waisenhaus mit schwer behinderten Kindern in Nikolajew (Anmerk. d. Red.: 130 Kilometer von Odessa entfernt) in den sichereren Westen der Ukraine evakuiert worden war". Nach dem Besuch seien ihr und dem Cap Anamur-Koordinator die Kinder nicht aus dem Kopf gegangen: "Wir überlegten, wie sie gefördert werden könnten, auch wenn dies eigentlich viel früher - von Geburt an - hätte beginnen müssen", so Krumme traurig.

Neben dem Packen und Verschicken von Paketen per ukrainischer Post, was laut Krumme recht gut funktioniert, half sie während ihres Aufenthalts mit, einen größeren Transport mit dringend benötigter technischer Ausrüstung zusammenzustellen.

Pakete packen mit Medikamenten, zum Beispiel für das Hospital in Kramatorsk.
Foto: Bärbel Krumme | Pakete packen mit Medikamenten, zum Beispiel für das Hospital in Kramatorsk.

Transport in den Osten der Ukraine

"Der Transport in den Osten fand unmittelbar nach meiner Rückkehr nach Deutschland statt. Mittlerweile weiß ich, dass alle Helfer sicher zurückgekehrt sind", erzählt sie erleichtert. Die Fahrten seien jedes Mal aufregend "und für manche eine Angstpartie". Unter anderem ging eine Lieferung nach Kramatorsk in den Osten in das dortige Krankenhaus. "Dort befindet sich ein Hospital mit 100 Betten, das schwerpunktmäßig die operative Versorgung der Verwundeten durchführt", erklärt Krumme. Das Krankenhaus habe mit dem Transport unter anderem einen neuen Generator bekommen.

Während ihrer kurzen Reise hat Krumme den Eindruck gewonnen, dass der Einsatzort von Cap Anamur in der Westukraine "ideal ist, um einerseits für die im Lande vertriebenen Menschen mitsorgen zu können, andererseits ein sicherer Ort, um Lieferungen in gefährliche Gebiete nahe der Front im Osten zu organisieren". Dennoch, so die 79-Jährige, seien auch die so genannten "sicheren Gebiete" vom Krieg betroffen. "Die Sirenen heulen häufiger, die Diskotheken sind geschlossen, fröhliche Musik ist verpönt." Im Rathaus von Novoselytia hängen die Fotos von 25 gefallenen jungen Soldaten, "mittlerweile dürften es leider mehr sein", so Krumme bedrückt. 

Das hat Bärbel Krumme während ihres Einsatzes gelernt

Gelernt hat sie bei ihrem Einsatz vor allem, "dass Produkte, die gebraucht werden, soweit möglich im Land eingekauft werden sollten, einschließlich der Medikamente." Es sei bewundernswert, wie flexibel die Produktion im Land sich den Bedürfnissen anpasse. Altkleider und Transporte aus der EU "mit mehr oder weniger willkürlich zusammengesetzten Lieferungen gebrauchter Gegenstände" haben ihrer Meinung nach nichts in der Ukraine zu suchen: "Sie sind Konkurrenz für die eigene Produktion und den Handel der Ukrainer und damit eine Gefahr für die mühsam aufrecht erhaltene Wirtschaft." Lediglich diffizilere medizinische Geräte wie Ultraschall und Ähnliches müssten aus Deutschland oder einem anderen EU-Land kommen. 

Ärztin Bärbel Krumme (rechts) besuchte mit Cap-Anamur-Koordinator Jürgen Maul (neben ihr) in der Westukraine ein Heim, in dem derzeit Flüchtlinge aus dem Osten untergebracht sind.
Foto: Cap Anamur | Ärztin Bärbel Krumme (rechts) besuchte mit Cap-Anamur-Koordinator Jürgen Maul (neben ihr) in der Westukraine ein Heim, in dem derzeit Flüchtlinge aus dem Osten untergebracht sind.

Zudem verlängerten unsinnige Transporte die Schlangen von Lastwagen diesseits und jenseits der Grenze, "an denen wir bei meiner Hin- und Rückreise vorbeifahren mussten", so die Ärztin. Sie behinderten die Belieferung der Ukraine mit wichtigen Gütern. Ihr Appell: "Bitte schickt keine Altkleider mehr in die Ukraine! Lieber wenig Geld spenden, dafür aber gezielt helfen!"

Die 3000 Euro, die die Martin-Luther Gemeinde in den vergangenen Monaten für die Ukraine gesammelt hatte, seien, so Krumme, im Rahmen der geschilderten Aktivitäten von Cap Anamur verantwortlich eingesetzt worden. Für weitere Spenden möchte Krumme die Kinder, die in dem Heim in Novoselytsia leben, besonders ans Herz legen. Vielleicht – so ihr Wunsch- "könnten wir diese mit der Logistik von Cap Anamur und dem Fachverstand von Heilpädagogen der Lebenshilfe in naher Zukunft unterstützen".

Spenden gehen an das Spendenkonto des Ökumenischen Asylkreises: IBAN 26 7905 0000 0042 0288 03, BIC  BYLADEM1SWU (Sparkasse Mainfranken), Stichwort "Ukraine Winterhilfe". 

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Katja Glatzer
Komitee Cap Anamur / Deutsche Notärzte e. V.
Kriegsbeginn
Post und Kurierdienste
Sparkasse Mainfranken Würzburg
Spenden
Ukraine-Russland-Krieg
Ärzte
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Veraltete Benutzerkennung
    Alle Achtung, was die Dame leistet.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten