
Am Ende einer langen Kreistagssitzung kämpfte Landrat Wilhelm Schneider (CSU) am Montag noch um die letzten drei Stimmen für den Kreishaushalt 2022. Es könne doch nicht sein, dass die ÖDP dem Haushaltsentwurf zu 98 Prozent zustimme, aber dann das 274-Seiten-Werk mit ihrem Nein in Gänze ablehne, redete der Landrat auf Fraktionssprecher Rainer Baumgärtner ein.
Der hatte die Zahl 98 selbst in seiner Haushaltsrede ins Spiel gebracht. Aber auch erläutert, was sich hinter den verbleibenden zwei Prozent verbirgt: der Verkehrslandeplatz in Haßfurt. "Wir können nicht guten Gewissens dem weiteren Betrieb des Flugplatzes zustimmen", hatte Baumgartner erklärt und seine Ankündigung dann zusammen mit den Fraktionskollegen Monika Schraut und Stefan Zettelmeier wahr gemacht.
48 zu 3 Stimmen für Marcus Fröhlichs letztes Haushaltswerk
Die Linke hatte schon in den Vorjahren wegen des Flugplatzes gegen den Haushalt votiert, doch ihr gegenwärtig einziger Vertreter Thomas Dietzel war in der Sitzung nicht zugegen. So endete die Abstimmung schließlich mit 48 zu 3 Stimmen für das letzte Zahlenwerk von Kämmerer Marcus Fröhlich, der inzwischen die Geschäftsleitung des Landratsamtes übernommen hat.
Das Thema Flugplatz bereitete einmal mehr aber nicht nur der ÖPD Kopfzerbrechen. Es war das große Reizthema während der gesamten Haushaltsdebatte. Was Außenstehende angesichts der Dimensionen verwundern mag: Der neue Haushalt ist ein 90-Millionen-Euro-Paket. Er sieht in 2022 Investitionen in Höhe von 19 Millionen vor, die vor allem der Generalsanierungen der Berufsschule Haßfurt und des Hallenbads Hofheim sowie dem Neubau des Gymnasiums Ebern dienen. Gewaltige Geldmengen fließen wiederum - diesmal sollen es 4,7 Millionen sein - als Betriebskostenzuschuss Richtung Haßberg-Kliniken. Da erscheint die jährliche Finanzspritze des Landkreises von 50 000 Euro für die Fliegerei in den Mainauen wie "Peanuts".
Doch der Verkehrslandeplatz ist noch viel stärker zum Politikum geworden, als er es schon immer war: Und das spätestens seit die Stadt Schweinfurt, deren Industrie zuvor Hauptprofiteur des Flugplatzes war, als Gesellschafter ausgestiegen ist. Mit der Konsequenz, dass die Stadt Haßfurt und der Landkreis Haßberge nun mehr zahlen müssen. Und seitdem diese Zeitung veröffentlicht hat, dass sich der Tower vor kurzem aus dem vor zehn Jahren für viel Geld eingerichteten Instrumentenflug abgemeldet hat, ist der Unmut auf einen neuen Höchststand gewachsen.
Und so hatte es Alexander Bergmann, der im Namen der stärksten Fraktion, der CSU, als erster zu den Ausführungen von Landrat und Kämmerer Stellung nehmen durfte, geahnt: Die Kritik am Flugplatz werde wieder großen Raum in den Haushaltsreden einnehmen - eine Kritik, der sich seine Partei nicht anschließt. "Wir stehen geschlossen hinter dieser wichtigen Infrastruktureinrichtung", hob der stellvertretende Fraktionsvorsitzende hervor.
Ein Flugplatz als Fass ohne Boden?
"Von einem Fass ohne Boden" sprach dagegen Harald Pascher für FDP/Freie Bürger, insbesondere, weil jetzt auch noch Fördergelder wegen des Instrumentenflugs zurückgezahlt werden müssten. Auch für Harald Kuhn stellten die jüngsten Entwicklungen "den Fortbestand des Verkehrslandeplatzes erheblich in Frage", für den seine Grünen einmal mehr einen objektiven Bedarfsnachweis einfordern.

Den scheint auch SPD-Fraktionssprecher Jürgen Hennemann zu wollen. "Wenn der Haßfurter Flugplatz wegen seiner Start- und Landezahlen von großer Bedeutung für die Infrastruktur in Nordbayern ist, dann muss der Freistaat seinen Teil dazu beitragen", sagte Hennemann. Und zog den Vergleich zu Hof, wo es trotz Linienflügen weniger Flugbewegungen gebe als in Haßfurt, aber der Staat die Flugsicherung vollständig finanziere. "Da ist der Landtag gefordert und unsere Landtagsabgeordneten", glaubt die SPD den Weg zur Gleichbehandlung zu kennen.
Der Landrat selbst hatte in seiner Haushaltsrede den Flugplatz nicht erwähnt, stattdessen Haushaltsposten in ganz anderer Größenordnung angesprochen: So braucht das Jugendamt für seine junge Klientel rund 1,16 Millionen Euro mehr für Sachmittel wegen gestiegener Fallzahlen, woran im Wesentlichen die Corona-Pandemie mit Lockdown und Schulschließungen verantwortlich sei.
Personalkosten steigen um fast 870 000 Euro
Nach 1,16 Millionen Euro mehr als im Vorjahr verlangt auch der ÖPNV, unter anderem, weil der Landkreis immer mehr Verkehrsleistungen einkaufen müsse, wo früher Busunternehmen eigenwirtschaftlich gefahren seien. Um fast 870 000 Euro steigen die Personalkosten, kündigte Schneider an, auch das vor allem eine Folge der Pandemie, die dem Gesundheitsamt viele Zusatzaufgaben aufbürde. Aber was er auch sagte, am Ende war der Flugplatz Haßfurt einmal mehr das große Reizthema.
Keiner will ihn, keiner braucht ihn, und trotzdem kriegts auch niemand auf die Reihe, diesen Fluchplatz zu schließen.
Die Bürger zahlen den Unfug ja fleißig weiter.