Genau hundert Monate ist es her, da wurde in Haßfurt und im ganzen Landkreis gefeiert. Am 19. September 2013 erhielt der Verkehrslandeplatz der Kreisstadt für Instrumentenbetrieb - damals Luftraum F - seine Zulassung. Allerdings konnte damals noch niemand ahnen, dass sich die scheinbare Erfolgsgeschichte eher zu einem Trauerspiel entwickeln würde. Die Gesellschafter der Verkehrslandeplatz Haßfurt-Schweinfurt GmbH haben nämlich auf Vorschlag des Geschäftsführers Rolf Schneider nun die "Aussetzung der Betriebserlaubnis für den Instrumentenflugverkehr bei der Regierung von Mittelfranken bzw. dem Luftamt Nordbayern beantragt".
Was ist in den vergangenen hundert Monaten geschehen, welche Entwicklung ist dafür verantwortlich, dass sich die hochgelobte und als so wichtig gepriesene Investition, für die vor rund acht Jahren fast eine Million Euro in die Hand genommen wurde, zum Auslaufmodell entwickelte? Rolf Schneider redet im Gespräch mit der Redaktion nicht um den heißen Brei herum. "Die Auflagen für den Instrumentenflugbetriebam Verkehrslandeplatz Haßfurt-Schweinfurt besagen, dass die Anforderungen der Deutschen Flugsicherung DFS und des Deutschen Wetterdienstes DWD erfüllt werden müssen."
Was so selbstverständlich klingt, hat für den Haßfurter Flugplatz einschneidende Konsequenzen. Denn diese Auflagen haben sich durch eine neue Flugwetterdienste-Richtlinie nachhaltig verändert. Bisher verrichteten die meteorologischen Anlagen östlich vom Flugplatz unauffällig und zuverlässig ihren Dienst. Schließlich waren sie ja damals zusammen mit den Experten vom Wetterdienst installiert worden. Sieben verschiedene Daten liefert die Haßfurter Anlage Tag für Tag und - auch wenn nicht benötigt - Nacht für Nacht.
Wohin mit der Wetterstation?
Doch das genügt den neuesten Richtlinien nicht mehr. Die laut Wetterdienst erforderliche Anlage würde zwar nur noch drei Daten liefern, diese müssten jedoch aus neuen Präzisionsgeräten mit entsprechender Zertifizierung erstellt werden. Dazu wäre eine entsprechende elektronische Betreuung erforderlich. Zudem liege die Wetterstation zu nahe an den Hallen des Flugplatzes, benötigte folglich einen neuen Standort. Dieser wiederum wäre auf einem Flugplatzgelände nicht so leicht zu finden, denn es darf ja nicht überall ein Mast in die Höhe ragen. Nicht zuletzt ginge es im Süden einem Gehölz an den Kragen, damit alle Vorschriften eingehalten werden könnten.
Die finanziellen Aufwendungen für eine solche Modernisierung der Einrichtung würden sich, so Rolf Schneider, "im sechsstelligen Bereich bewegen und zusätzlich jährliche Folgekosten von mehreren Tausend Euro verursachen". Nicht zu vergessen, der Ausbau des Flugplatzes für Instrumentenflug kostete den Steuerzahler damals 918 000 Euro, 40 Prozent davon als Zuschuss vom Freistaat Bayern, den Rest trugen die Gesellschafter. Zu denen zählte neben dem Landkreis Haßberge und der Stadt Haßfurt damals noch die Stadt Schweinfurt - mit jeweils 30 Prozent -, mit neun Prozent ist die Gesellschaft beteiligt, ein Prozent hält der Motorflugclub. Schweinfurt ist inzwischen ausgestiegen, deren Anteile haben Landkreis Haßberge und Stadt Haßfurt übernommen.
Doch damit nicht genug. Um die Auflagen für die Berechtigung des Instrumentenflugs zu erfüllen, müsste das Gebäude, in dem die Flugplatzgaststätte untergebracht ist, weggerissen werden. Das ist das Bauwerk, das derzeit leicht an seiner auffallend rot-weißen Farbgebung erkennbar ist. Diese Signalwirkung wird auch durchaus für Hobbypiloten als ausreichend erachtet, dass sie bei Start und Landung nicht in die Gebäude krachen. Für Instrumentenflüge, die eigentlich einen höheren Ausbildungsstand des Piloten erfordern, steht die Gaststätte jedoch zu nahe an der Rollbahn. "Bisherige Bemühungen zur Vermeidung des Rückbaues waren nicht erfolgreich", so der Geschäftsführer der Flugplatz GmbH.
"Ich bin Techniker, für mich zählen Zahlen und Diagramme. Nach einer eingehenden Bestandsaufnahme werde ich alle Fakten nach und nach auf den Prüfstand stellen und auf deren Notwendigkeit hin überprüfen", sagte Rolf Schneider vor einem Jahr nach seiner Amtseinführung im Gespräch mit der Redaktion. Getreu dieser Maxime beurteilte der Geschäftsführer das Kosten-Nutzen Verhältnis nun aufgrund der wirtschaftlichen Gesamtsituation erneut, "damit der Verkehrslandeplatz entsprechend den tatsächlichen und zukünftigen Verkehrsanforderungen weiter betrieben werden kann", so Schneider.
Zum Großteil Trainingsflüge
Seitdem die Firma SKF Schweinfurt ihren Flugbetrieb nach Göteborg im März 2019 endgültig eingestellt hat, schwankten laut Schneider die jährlichen Flugbewegungen im Instrumentenflugbetrieb (IFR) zwischen 250 und 300. Zum Großteil seien das IFR-Trainingsflüge unter Sichtflugwetterbedingungen bei bestem Wetter. Lediglich ein geringer Anteil finde tatsächlich unter Instrumentenflugwetterbedingungen statt. Da die IFR-Flugbewegungen mittlerweile weniger als zwei Prozent aller Flugbewegungen am Flugplatz Haßfurt ausmachten, seien kaum Einnahme-Ausfälle zu erwarten, so Schneider.
Betriebskostenzuschüsse reichen für neue Anforderungen nicht mehr aus
Dieser mittlerweile erforderliche Mehraufwand gegenüber dem Errichtungszeitraum des Luftraum F sei damals nicht absehbar gewesen, sagt der Geschäftsführer. Um diese neuen Anforderungen finanzieren zu können, "reichen die derzeitigen Betriebskostenzuschüsse der kommunalen Gesellschafter zur Aufrechterhaltung des Verkehrslandeplatzes nicht mehr aus".
"Wiederbelebung" theoretisch möglich
Durch die vorübergehende Aussetzung der Betriebserlaubnis komme es wegen der Nichteinhaltung des Zuwendungszwecks "Instrumentenflugbetrieb" zu einer Rückforderung der Fördermittel, die damals rund 370 000 Euro betragen hätten. Dies finde jedoch in einem überschaubaren Rahmen von monatlich einer niedrigen dreistelligen Summe statt, da ein Teil der damals getätigten Investitionen nicht auf die Verwendung durch Instrumentenflug beschränkt sei. Die Aussetzung des Instrumentenfluges könne jederzeit auf Antrag bei Erfüllung der dann gültigen Voraussetzungen beendet werden. Der Flugplatzstatus bleibe davon unberührt.
Allerdings müssten das schon schwerwiegende Gründe sein, so Schneider, die eine Reaktivierung ermöglichen würden. "Wenn zum Beispiel Elon Musk hier eine Gigafactory errichten wollte und dafür einen instrumentenflugtauglichen Flugplatz benötigen würde", beweist der Geschäftsführer Humor.
https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/flugplatz-kann-nur-mit-kraeftiger-finanzspritze-ueberleben-art-10112565
Dieser und viele andere Zeitungsartikel aus dem Haßfurter Tagblatt und Mainpost berichten von den großartigen und lebenswichtigen Flugbewegungen am Haßfurter Flugplatz.
Was ist nun Sache? Wo bleibt die Ehrlichkeit?