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Ermershausen
Wie einst das gallische Dorf bei Asterix: Ilse Aigner würdigt Ermershausen – viele Bilder vom großen Festakt
Die Landtagspräsidentin kam in die kleinste Gemeinde Unterfrankens, um diese als "Ort der Demokratie" zu würdigen. Was sie dabei zu sagen hatte.
Landtagspräsidentin Ilse Aigner enthüllte in Ermershausen gemeinsam mit Bürgermeiser Günter Pfeiffer eine Gedenkstele, die die Gemeinde als 'Ort der Demokratie' würdigt.
Foto: Anand Anders | Landtagspräsidentin Ilse Aigner enthüllte in Ermershausen gemeinsam mit Bürgermeiser Günter Pfeiffer eine Gedenkstele, die die Gemeinde als "Ort der Demokratie" würdigt.
Rebecca Vogt
 |  aktualisiert: 04.07.2024 02:46 Uhr

Dunkle Gewitterwolken zogen am Donnerstagnachmittag über den Haßbergen auf. Was folgte, war ein ordentlicher Gewitterschauer. Vor allem in Ermershausen kam dieser zu einem ungünstigen Zeitpunkt, stand doch in der kleinsten Gemeinde Unterfrankens just um 17 Uhr hoher Besuch an. Geplant war ein Festakt mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU). Das Wetter war jedoch nichts, was die Ermershäuserinnen und Ermershäuser, die sich immerhin schon einmal erfolgreich gegen eine Gebietsreform gewehrt haben, aufhalten konnte. Kurzerhand wurde ein wenig umdisponiert.

Und so begrüßte Ermershausens Bürgermeister Günter Pfeiffer (FW) die zahlreichen Gäste im Festzelt anstatt vor dem Rathaus. Die aufgestellten Tische und Bänke im Zeltinneren waren gut gefüllt. Und auch das Wetter hatte sich wieder beruhigt, als kurz vor 17.30 Uhr die Landtagspräsidentin unter dem Applaus der Anwesenden ins Festzelt einzog. Aigner war gekommen, um Ermershausen als "Ort der Demokratie" zu würdigen. Die Gemeinde ist einer von 13 Orten im Freistaat, an deren Beispiel eine Ausstellung die Entstehung der Demokratie in Bayern aufzeigt. Diese sei, wie Aigner in ihrer Festansprache erklärte, "eine Fortschrittsentwicklung".

Kampf der Menschen um Freiheit, Teilhabe und Selbstbestimmung

Die Entwicklung der Demokratie sei nicht immer geradlinig verlaufen, aber am Ende "hat sie sich durchgesetzt". Die Ausstellung solle informieren, begeistern und Mut machen. Sie rücke das demokratische Bewusstsein in den Fokus und zeige den Kampf der Menschen um Freiheit, Teilhabe und Selbstbestimmung sowie um Rechte, aber auch Pflichten. Demokratinnen und Demokraten dürften sich nie zurücklehnen, appellierte die Landtagspräsidentin mit Blick auf die Gegenwart. Die Demokratie sei Bedrohungen von außen wie innen ausgesetzt.

Fotoserie

Die Auswahl der 13 Orte, zu denen unter anderem das Maximilianeum in München oder der Spiegelsaal in Bamberg zählen, sei nicht leicht gewesen, berichtete Aigner. Aber bei Ermershausen sei man sich schnell einig gewesen. "Es ist ein sehr bemerkenswerter Ort der Demokratie-Geschichte." Die damalige Gebietsreform sei eine sehr große Reform gewesen, erinnerte die Politikerin. Die Anzahl der Landkreise zum Beispiel sei halbiert worden. Zahlreiche Bürgermeister, aber auch Stadt- und Gemeinderäte hätten ihre Ämter verloren – und damit ihre Möglichkeit mitzuwirken.

Die Reform habe "sehr viel Ärger, Wut und Proteste hervorgerufen". Dennoch sei sie umgesetzt worden, fasste Aigner zusammen und ergänzte: "In ganz Bayern, aber nicht in Ermershausen." Hier protestierten die Bürgerinnen und Bürger von 1978 an gegen die Eingemeindung nach Maroldsweisach, bis Ermershausen 1994 seine Selbstständigkeit wiedererlangte. Die Landtagspräsidentin verglich den Ort mit dem gallischen Dorf aus den Asterix-Comics. Ermershausen sei das unterfränkische Dorf, dass sich nachhaltig widersetzt habe. "Mit Raffinesse und großer Beharrlichkeit."

Ermershausen soll ein "Leuchtturm der Demokratie" bleiben

"Die Ermershäuser haben gezeigt, was mit zivilgesellschaftlichem Engagement zu erreichen ist, und dass gegen den Willen der Bürger kein Staat zu machen ist", bilanzierte Aigner. Sie mahnte aber auch, dass der Zweck nicht alle Mittel heilige und man auf Augenhöhe und mit Respekt mit dem Gegenüber umgehen müsse. Es sei ganz wichtig, dass man den Disput von damals heute hinter sich gelassen habe. Auch Günter Pfeiffer ging darauf in seiner Festansprache ein. Er lobte die sehr guten und engen nachbarschaftlichen Beziehungen zu Maroldsweisach.

Begleitet von Landrat Wilhelm Schneider (links) und Ermershausens Bürgermeister Günter Pfeiffer kam Landtagspräsidentin Ilse Aigner im Festzelt an.
Foto: Anand Anders | Begleitet von Landrat Wilhelm Schneider (links) und Ermershausens Bürgermeister Günter Pfeiffer kam Landtagspräsidentin Ilse Aigner im Festzelt an.

Vor dem Hintergrund der Ausstellung in Ermershausen betonte der Bürgermeister, dass Demokratie die Grundlage für eine offene und gerechte Gesellschaft sei. "In einer Zeit, in der demokratische Werte bei uns und weltweit immer wieder herausgefordert werden, ist es umso wichtiger, dass wir uns unserer Verantwortung bewusst sind." Er appellierte: "Lasst uns dafür sorgen, dass das kleine Ermershausen auch in Zukunft ein Leuchtturm der Demokratie bleibt." Jede Stimme zähle und jede Meinung sei wichtig.

Eine schuldenfreie Gemeinde mit einer starken Dorfgemeinschaft

Landrat Wilhelm Schneider (CSU), früher einmal Bürgermeister von Maroldsweisach, befand in seiner Festansprache, dass Ermershausen zeige, dass auch kleine Gemeinden für Bürger sehr attraktiv sein können. Der Ort, der an diesem Wochenende seine erste urkundliche Erwähnung vor 975 Jahren feiert, habe sich immer wieder den Herausforderungen gestellt und schwierige Zeiten überstanden. Schneider erinnerte auch an die lange jüdische Historie Ermershausens sowie an die deutsch-deutsche Teilung und an die Öffnung der innerdeutschen Grenze, die in unmittelbarer Nähe verlief.

Die Gemeinde sei seit Jahren schuldenfrei und begegne dem demografischen Wandel etwa durch ihre Mitgliedschaft in der Gemeinde-Allianz Hofheimer Land. Ermershausen sei eine attraktive Wohngemeinde mit guter Infrastruktur – von Bäckerei und Gasthaus bis zu Hausarzt, Bankfiliale und örtlichen Handwerksbetrieben. "Das ist nicht selbstverständlich für so eine kleine Gemeinde."

Eine Ausstellung informiert über die insgesamt 13 'Orte der Demokratie in Bayern'. Sie ist bis zum 3. Juli im Ermershäuser Rathaus zu sehen.
Foto: Anand Anders | Eine Ausstellung informiert über die insgesamt 13 "Orte der Demokratie in Bayern". Sie ist bis zum 3. Juli im Ermershäuser Rathaus zu sehen.

Der Ort zeichne sich durch den starken Zusammenhalt seiner Bürgerinnen und Bürger, deren ehrenamtlichen Einsatz und ein gutes Miteinander aus, lobte der Landrat. Ermershausen habe ein aktives Vereinsleben und eine starke Dorfgemeinschaft. "Das Schöne ist", gab Schneider ein Beispiel, "bei einem Fest ist hier von Jung bis Alt alles unterwegs."

Im Anschluss an die Ansprachen ging es aus dem Festzelt in Richtung Rathausplatz, wo Ilse Aigner eine Gedenkstele – in Form eines goldenen Würfels samt Marmorsockel – enthüllte. Dann folgte die Eröffnung der Ausstellung im Rathaus. Die Landtagspräsidentin, die zum ersten Mal in die kleinste Gemeinde Unterfrankens gekommen war, trug sich dort außerdem ins Goldene Buch ein. Ihr erster Eindruck von Ermershausen? "Eine tolle Gemeinschaft, ein guter Zusammenhalt, und bestimmt auch eine ganze Portion Stolz, auf das, was man gemeinsam erreicht hat."

"Orte der Demokratie" und 975-Jahr-Feier

Die Ausstellung "Orte der Demokratie in Bayern" ist noch bis Mittwoch, 3. Juli, im Rathaus in Ermershausen zu sehen. Sie ist bei freiem Eintritt täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Auf mehreren Schautafeln lässt sich dort die Geschichte der einzelnen "Orte der Demokratie" nachvollziehen. In Comicform sind entscheidende Szenen der damaligen Ereignisse dargestellt.
Die 975-Jahr-Feier in Ermershausen beginnt an diesem Freitag mit einer Rocknacht. Am Samstag stehen um 14 Uhr Erkundungstouren im und um den Ort an. Um 19 Uhr startet der Ermershäuser Heimatabend mit anschließender Partynacht. Auch das EM-Achtelfinalspiel der deutschen Nationalmannschaft wird gezeigt. Am Sonntag folgen Festgottesdienst, Weißwurstfrühstück und ab 11 Uhr ein großes Markttreiben.
bex

Hinweis: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es, dass im Zuge der Gebietsreform Landkreise halbiert worden seien. Gemeint war dabei jedoch die Anzahl der Landkreise. Dies wurde inzwischen korrigiert. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

 
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