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Goßmannsdorf
Braque-Français-Zucht in Goßmannsdorf : Warum Uschi Kilgenstein von den seltenen Jagdhunden begeistert ist
Die französische Rasse ist in Deutschland bislang eher unbekannt. Das will Uschi Kilgenstein ändern. Was an den Hunden so besonders ist.
Uschi Kilgenstein aus Goßmannsdorf züchtet die Hunderasse Braque Français Pyrénées.
Foto: Johanna Heim | Uschi Kilgenstein aus Goßmannsdorf züchtet die Hunderasse Braque Français Pyrénées.
Johanna Heim
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:58 Uhr

Wer zu Uschi Kilgenstein und ihrem Mann Dieter Lewetz an den Ortsrand von Goßmannsdorf will, der muss erstmal an ihnen vorbei: den Braque Français. Die agilen, freundlichen Hunde begrüßen Besucherinnen und Besucher mit freudig wedelndem Schwanz gleich am Zaun des Grundstücks. Seit 2018 züchtet das Paar unter dem Zwingernamen "Vom Alten Wachtelberg" die in Deutschland eher unbekannte französische Hunderasse – und das aus voller Leidenschaft.

Eine der ältesten Vorstehhunderassen Frankreichs

Auf die Rasse ist sie vor einigen Jahren im Internet gestoßen, berichtet die Jägerin im Gespräch mit dieser Redaktion. Kilgenstein war auf der Suche nach einem Hund, den sie bei jagdlichem Einsatz auch gut transportieren könne. So wie die Braque Français. "Sie sind kleiner und handlicher als beispielsweise ein Deutschkurzhaar und sehr führig", berichtet die Züchterin. "Man muss mit den Hunden aber auch sehr sensibel umgehen und sie oft überlisten. Das hat mich angesprochen."

"Man kann sie in vielen Einsatzgebieten verwenden, zur Nachsuche beispielsweise, oder für Drückjagden."
Uschi Kilgenstein, Züchterin aus Goßmannsdorf

Die Braque Français zählt laut Verein der Französischen Vorstehhunde (VBBFL) zu den ältesten kurzhaarigen Vorstehhunderassen in Frankreich – die Ursprünge der Rasse gehen zurück bis ins Mittelalter. Ein Vorstehhund zeigt dem Jäger oder der Jägerin mit einer bestimmten Haltung an, ob er Wild gefunden hat. Dafür winkelt der Hund die Vorderpfote an.

So sehen die Braque Français Pyrénées aus, wenn sie ausgewachsen sind.
Foto: Uschi Kilgenstein | So sehen die Braque Français Pyrénées aus, wenn sie ausgewachsen sind.

Ungefähr ab dem Jahr 1830 wurden nach Angaben des VBBFL die Braque Français herausgezüchtet – und zwar gleich doppelt. Neben dem etwas größeren, eher behäbigen Typ namens Gascogne, gibt es auch noch den kleineren, quirligen Typ namens Pyrénées, welche auch Kilgenstein züchtet.

Und während die Rasse in Frankreich als Vorstehhund verwendet werde – das heißt für die Suche nach Niederwild, also Vögel wie Rebhühner, Schnepfen und Wachteln – seien die Tiere in Deutschland Vollgebrauchshunde. "Man kann sie in vielen Einsatzgebieten verwenden, zur Nachsuche beispielsweise, oder für Drückjagden." Ein Multitalent, quasi. 

In Deutschland gibt es kaum Züchter

Die Braque Français ist aber keine Bracke, klärt die Züchterin auf. "Die Bracke in Deutschland ist eigentlich ein Stöber- oder Laufhund." Auf Deutsch heißt die Rasse, die sie züchtet, eigentlich Französisch Kurzhaar. "Das wird oft einfach falsch übersetzt." Im Gegensatz zum nationalen Pendant, dem Deutschkurzhaar, sind die Braque Français wendiger, sie bewegen sich im Gelände anders und gehen sehr vorsichtig vor, zählt Kilgenstein auf.

Auf die Idee zur Hobbyzucht kamen Kilgenstein und ihr Mann, weil sie die Rasse in Deutschland populärer machen wollten. "Die Franzosen sind noch nicht so bekannt bei uns – vor allem in Bayern." Viele Züchterinnen und Züchter gibt es laut Kilgenstein nicht –nur zwischen zehn und 15 Stück in Deutschland.

Geht auch ins Wasser und apportiert: Die Braque Français.
Foto: Uschi Kilgenstein | Geht auch ins Wasser und apportiert: Die Braque Français.

Sie macht aber auch klar: "Wir sind eine Leistungszucht, das heißt unsere Hunde haben jagdlich gesehen auch alle Prüfungen abgelegt." Wer sich für einen Welpen bei Kilgenstein entscheidet, bekommt also auch die Papiere, die der Hund später für die Teilnahme an verschiedenen jagdlichen Prüfungen benötigt.

"Nach dem zehnten Welpen dachte ich, dass jetzt langsam mal Schluss sein muss."
Uschi Kilgenstein

Den ersten Wurf hatte das Goßmannsdorfer Paar 2018 mit Hündin Mila, sie kommt aus Frankreich. Die Rüden, die die Hündin decken, werden ganz genau ausgesucht, berichtet Kilgenstein, nach Stammbaum, Leistung, Wesen. "Und natürlich auch nach den gesundheitlichen Aspekten." Dafür nimmt die Züchterin auch weite Fahrten in Kauf – sogar ins Ausland.

Deckrüden aus Frankreich, Tschechien und Deutschland

"Zwar gibt es auch in Deutschland Rüden, doch je größer der Genpool ist, desto gesünder sind die Tiere", erklärt sie. Frisches Blut gab es bisher aus Frankreich und Tschechien, während der Coronapandemie aber auch aus Deutschland. 

14 Welpen musste Mutterhündin Mila versorgen. Eine anstrengende Arbeit.
Foto: Uschi Kilgenstein | 14 Welpen musste Mutterhündin Mila versorgen. Eine anstrengende Arbeit.

Mittlerweile sind drei weitere Würfe gefolgt – der Letzte im August dieses Jahres. Und der sorgte für eine große Überraschung. "Ich habe während der Geburt gemerkt, dass der Bauch von Mila überhaupt nicht leerer wird", erinnert sich die 53-Jährige. "Nach dem zehnten Welpen dachte ich, dass jetzt langsam mal Schluss sein muss", berichtet sie schmunzelnd. Doch Hundemama Mila hatte anderes geplant – und bekam noch vier weitere Welpen.

14 Welpen auf einen Schlag

Eine Seltenheit. In einem gut handelbarem, großen Wurf seien normalerweise sieben bis acht Welpen. "In der Vergangenheit haben wir von der trächtigen Hündin immer ein Röntgenbild machen lassen", sagt Kilgenstein. "Das letzte Mal haben wir aber gemeint, wir sind so routiniert, das brauchen wir nicht mehr."

Was dann folgte, war ein 24 Stunden Job. Nicht nur für die Mutterhündin Mila, sondern auch für Uschi Kilgenstein. 14 hungrige Mäuler mussten gestopft werden. Doch das bedarf Kontrolle, berichtet sie, gerade bei einem so großen Wurf. "Die ersten zwei, drei Wochen habe ich die Wurfbox kaum verlassen, weil ich sicher gehen mussten, dass alle Welpen genügend Muttermilch getrunken haben." 

Gewusst wie: Damit alle hungrigen Mäuler gestopft werden können, hat die Züchterin zwei 'Snackbars' aufgestellt.
Foto: Uschi Kilgenstein | Gewusst wie: Damit alle hungrigen Mäuler gestopft werden können, hat die Züchterin zwei "Snackbars" aufgestellt.

Die Lösung? Kilgenstein bildete zwei Gruppen mit je sieben Welpen. Während eine Gruppe bei ihr blieb, durfte die andere bei Mutter Mila trinken. Dann wurde gewechselt – am Anfang stündlich. "Wir haben Buch geführt, seitenweise", berichtet sie. Welcher Hund hat wie oft getrunken und wann? Zusätzlich wurden die Welpen dreimal am Tag gewogen. Da der Wurf im August gefallen ist, war die Betreuung für Kilgenstein kein Problem. Die 53-Jährige arbeitet als stellvertretende Leitung einer Ganztagesschule – und hatte Sommerferien.

Ausziehen dürfen die Welpen dann frühestens ab der achten Woche, erklärt die Züchterin. Bis es aber so weit ist, lernen sie viel – auch jagdlich. Sie kommen in Kontakt mit Rehläufen und Entenschwingen, üben an einer Reizangel und werden später auch mit ins Jagdrevier genommen.

Früh übt sich: Die kleinen Welpen aus dem Zwinger 'Vom Alten Wachtelberg' kommen bei Kilgenstein auch in Kontakt mit Rehläufen, Entenschwingen und der Reizangel.
Foto: Uschi Kilgenstein | Früh übt sich: Die kleinen Welpen aus dem Zwinger "Vom Alten Wachtelberg" kommen bei Kilgenstein auch in Kontakt mit Rehläufen, Entenschwingen und der Reizangel.

Vom diesjährigen Wurf hat Kilgenstein viele Welpen in den Umkreis vermitteln können. Liebhaber der Hunderasse gibt es aber nicht nur in der Region. "Wir haben auch schon nach Norddeutschland vermittelt, nach Österreich, in die Schweiz und nach Dänemark." Für einen Braque Français Welpen habe sie sogar eine Anfrage aus Kanada gehabt. "Das haben wir aber abgelehnt. Wir wollten den Welpen nicht in einen Flieger setzen."

Hilfe bei der Trümmersuche und beim Mantrailing

Wer einen Jagdschein besitzt, werde eher als neuer Besitzer oder neue Besitzerin in Betracht gezogen, sagt die Züchterin. Doch es gebe auch Ausnahmen. In der Vergangenheit habe sie Welpen vermitteln können, die ihren Herrchen und Frauchen etwa bei der Trümmersuche nach der Flutkatastrophe im Ahrtal geholfen hätten oder beim Mantrailing – also der Suche nach vermissten Personen. "Wenn solche Personen anfragen, dann sagen wir nicht nein", berichtet sie. Auch aus einem Stückchen Neugierde: Kilgenstein will wissen, was ihre Hunde alles leisten können.

"Wenn man einen Welpen sieht, will man den immer haben."
Uschi Kilgenstein

Wer Interesse an einem Welpen hat, der schaut schon vorbei, bevor der Wurf überhaupt gefallen ist, berichtet die Züchterin. Potenzielle Hundebesitzerinnen und -besitzer können so die Elterntiere kennenlernen und auch sehen, wie die Hunde im Revier arbeiten. "Wenn man einen Welpen sieht, will man den immer haben", berichtet Kilgenstein.

Die kleine "Choco" bleibt in Goßmannsdorf

Genau das will sie aber nicht – eine spontane Entscheidung der Interessentinnen und Interessenten.  "Wir sagen immer: schlaft noch einmal darüber, damit ihr euch sicher seid", berichtet die Züchterin. Die Anschaffung eines Welpen sollte gut überlegt sein, macht sie klar. "Man hat den Hund dann ja auch zwölf, 13 Jahre, oder vielleicht sogar noch länger."

 Der neuste Zuwachs der Familie ist die kleine 'Choco', hier auf dem Arm von Uschi Kilgenstein.
Foto: Johanna Heim |  Der neuste Zuwachs der Familie ist die kleine "Choco", hier auf dem Arm von Uschi Kilgenstein.

Mittlerweile sind die Welpen ausgezogen. Und fast ist Ruhe bei Uschi Kilgenstein eingekehrt. Aber nur fast. Auf Trab gehalten wird die Züchterin immer noch von "Choco" -  denn die kleine Hündin bleibt bei Kilgenstein in Goßmannsdorf.

 
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  • martin-neuner@outlook.de
    Sehr schöne Hunde, aber Jagdhunde. Was braucht ein Jagdhund? Er muss jagen um sich wohl zu fühlen, dafür wurde er gezüchtet. Diese Hunde kommen in Nichtjägerhände, brauchen viel Auslauf und jagen dabei. Bei der Größe fangen sie auch Rehe (Kitze), in unserem Jagdrevier haben wir in diesem Jahr bereits 6 von Hunden gerissene Rehe gefunden. Vielen Dank, Mainpost, dass Sie für Jagdhunde in Nichtjägerhände Werbung machen.
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