
Im Januar 2025 tritt die Reform der Grundsteuer in Kraft. Alle Grundstücke und Immobilien mussten dafür deutschlandweit neu bewertet werden. Bayern hatte sich bei der Grundsteuer B für ein einfaches und unbürokratisches Modell entschieden, nach dem künftig nur noch die Grundstücksfläche, die Wohnfläche und die eventuell vorhandene Nutzfläche zählen.
Dies aber kann Ungerechtigkeiten führen, weil große Grundstücke und alte Scheunen vor allem in ländlichen Gebieten künftig viel höher besteuert werden als kleinere Grundstücke und Häuser in den Top-Wohnlagen der größeren und großen Städte. Für die dürfte die Grundsteuer sogar günstiger werden.
Die bayerischen Gemeinden können zwar durch ihre Hebesätze, die bis Jahresende neu festgesetzt werden müssen, die von der Staatsregierung versprochene Aufkommensneutralität der Grundsteuerreform erreichen. Dazu sind sie aber weder verpflichtet noch können sie dadurch in allen Fällen Ungerechtigkeiten vermeiden.
Beispiel Bad Kissingen: Die Stadt erhöht den Hebesatz von 380 auf 440 Prozent
Ein Beispiel ist Bad Kissingen. Dort wurde im Finanz- und Verwaltungsausschuss beschlossen, die Grundsteuer B für Grundstücke und Immobilien von 380 auf 440 Prozentpunkte zu erhöhen. Diese Erhöhung werde der Stadt keine zusätzlichen Einnahmen bringen, erklärt Daniel Bahr, der Leiter der Finanzverwaltung. Dabei beruft er sich auf die neu festgesetzten Messzahlen, die die Finanzämter jeder Gemeindeverwaltung zur Verfügung stellen.
Bad Kissingens Oberbürgermeister Dirk Vogel kritisiert am bayerischen Reformgesetz, dass seine Kommune keinen Unterschied zwischen der Stadt selbst und den dazu gehörenden eher ländlichen Ortsteilen wie Poppenroth, Kleinbrach, Arnshausen oder Albertshausen machen dürfe. In den Ortsteilen sei mit deutlichen Erhöhungen zu rechnen.

Was der neue Hebesatz für Eigentümer in Bad Kissingen bedeutet
Die ländlichen Bereiche der Stadt Bad Kissingen hatten bislang ähnliche Messzahlen wie Gemeinden im Landkreis. Ein Beispiel: Die Grundsteuer für ein Haus Baujahr 1977 mit Terrasse und einer Wohnfläche von 209 Quadratmetern auf einem 1627 Quadratmeter großen Grundstück im Landkreis Bad Kissingen betrug beim Hebesatz von 340 Prozent bislang 211 Euro.
Lässt die Landkreisgemeinde den Hebesatz unverändert bei 340 Prozent, würde die Grundsteuer allein durch den neu festgesetzten Messbetrag für das Haus auf 469,98 Euro steigen. Würde das Haus jedoch in Poppenroth oder einem anderen Gemeindeteil von Bad Kissingen liegen, wären künftig 608,21 Euro Grundsteuer im Jahr fällig.
Allerdings kann die Stadt bei einer unangemessen hohen Belastung künftig Teile der Grundsteuerschuld erlassen. Sind die ab 2025 geltenden Hebesätze bekannt gegeben, sei ein Antrag auf Erlass von Grundsteuer möglich, sagt Steuerberater Frank Rumpel, Leiter der Würzburger Kanzlei "Ecovis".
Beispiel Knetzgau: Die Gemeinde senkt den Hebesatz von 350 auf 175 Prozent
Anders sieht es in der Gemeinde Knetzgau im Landkreis Hassberge aus: Dort hat der Gemeinderat entschieden, den Hebesatz um die Hälfte von bislang 350 auf 175 Prozent, zu senken. Kämmerer Marco Deppner rechnet aber damit, dass aufgrund der vom Finanzamt zur Verfügung gestellten neuen Messzahlen die Gemeinde trotzdem mehr Grundsteuer einnimmt: statt bislang 660.000 Euro künftig 760.000 Euro, also gut 15 Prozent mehr.
Die Verwaltung hatte einen Hebesatz von 200 Prozent vorgeschlagen, was der Gemeinde Knetzgau Einnahmen aus der Grundsteuer B in Höhe von 860.000 Euro gebracht hätte.

Was der neue Hebesatz für Hausbesitzer und Mieter in Knetzgau bedeutet
Der Besitzer eines Einfamilienhauses aus dem 18. Jahrhundert auf einem großen Grundstück in Knetzgau hat seine Messzahlen zur Verfügung gestellt: Bislang zahlte er 100 Euro und 50 Cent Grundsteuer im Jahr. Bei unverändertem Hebesatz von 350 Prozent, hätte er nach der Reform aufgrund der erhöhten Messzahl 480 Euro zahlen müssen - also das 4,8-Fache.
Durch die Absenkung des Hebesatzes in der Gemeinde wird der Hausbesitzer nun jährlich 240 Euro zahlen. Das ist immer noch mehr als das Doppelte, was vor allem an seinem fast 2000 Quadratmeter großen Grundstück liegt.
Auch Mieter können von der höheren Grundsteuer betroffen sein, denn sie kann vom Vermieter auf die Nebenkosten umgelegt werden. Ein Beispiel aus Knetzgau: Die Grundsteuer für ein 4-Familien-Mietshaus mit 296 Quadratmeter Wohnfläche auf einem 800 Quadratmeter großen Grundstück betrug bislang 325 Euro. Künftig werden für dasselbe Haus knapp 400 Euro Grundsteuer im Jahr fällig, die auf die vier Mietpartien umgelegt werden können. Ohne die Absenkung des Hebesatzes durch die Gemeinde wären es fast 800 Euro gewesen.
Mitarbeit: Martin Sage und Marion Eckert