zurück
Euerdorf/Prichsenstadt
So kann sich die Grundsteuerreform auf die jährliche Grundsteuer für Häuser auswirken: 3 Fälle aus Unterfranken
Künftig kann die Grundsteuer für ein 100 Jahre altes Haus auf dem Land das Siebenfache kosten, für einen Neubau in der Stadt aber fast um die Hälfte billiger sein. Wie das?
Für den Grundsteuermessbetrag spielt es in Bayern künftig keine Rolle mehr, ob ein Haus in einer besten Großstadtlage oder auf dem flachen Land steht. Wie unterschiedlich die Steuer deshalb künftig ausfallen kann, zeigen drei Beispiele aus Unterfranken.
Foto: Frank Rumpenhorst, dpa | Für den Grundsteuermessbetrag spielt es in Bayern künftig keine Rolle mehr, ob ein Haus in einer besten Großstadtlage oder auf dem flachen Land steht.
Folker Quack
 |  aktualisiert: 08.10.2024 02:46 Uhr

In diesem Herbst müssen alle Gemeinden ihre Hebesätze für die Grundsteuer neu festlegen. Das ist Bestandteil der Grundsteuerreform, die 2025 in Kraft tritt. Die Reform soll für die Kommunen aufkommensneutral sein. Doch die von den Finanzämtern verschickten Bescheide zeigen, dass in sehr vielen Fällen die Messbeträge deutlich gestiegen sind. Demnach müssten eigentlich nahezu alle Gemeinden in Unterfranken ihre Hebesätze jetzt senken.

Dennoch kann es aufgrund der neuen Berechnungsgrundlage zu Ungerechtigkeiten, weil künftig allein die Größe des Grundstücks und des Wohnraums beziehungsweise die vorhandene Nutzfläche berechnet werden. Die Lage und das Alter des Anwesens sowie auch die Größe der Gemeinde, in der es liegt, spielen in Bayern keine Rolle mehr.

Die Gemeinden sind nicht verpflichtet, ihre Hebesätze abzusenken, um einen Ausgleich zu schaffen.  Das bayerische Gesetz zur Grundsteuerreform gibt ihnen auch Möglichkeiten, bei extremen Ungerechtigkeiten auf Teile ihrer Ansprüche zu verzichten. Doch die Regelungen dazu sind schwammig. 

Wie kann sich die Reform in unterfränkischen Kommunen auswirken? Drei reale Beispiele aus der Region. 

1. Beispiel: Für ein über 100 Jahre altes Haus im Kitzinger Land siebenmal höhere Grundsteuer

Eine im Jahr  1900 erbaute Hofstelle in Altenschönbach, Ortsteil von Prichsenstadt im Landkreis Kitzingen, steht auf einem 983 Quadratmeter großen Grundstück. Zu den 65 qm Wohnfläche kommen noch 80 qm Nutzfläche in einer alten Scheune. Bislang waren dafür 48,83 Euro Grundsteuer im Jahr fällig.

Bei der für die Grundsteuerreform nötigen Neufestsetzung wurde für die Hofstelle ein Grundsteuermessbetrag von 102,7 Euro errechnet. Multipliziert mit dem Hebesatz der Gemeinde - in diesem Fall 330 Prozent - ergäbe das eine jährliche zu zahlende Grundsteuer von 338,91 Euro pro Jahr. Das ist fast sieben Mal so viel wie zuvor, wenn die Gemeinde Prichsenstadt ihren Hebesatz unverändert lässt.   

Ein Grund für die höhere Bewertung: Das Alter des Anwesens, seine Lage und die Größe der Gemeinde spielen jetzt keine Rolle mehr. Dazu kommt das relativ große Grundstück, das in Altenschönbach genauso angerechnet wird, wie wenn es in der Stadt Würzburg läge.

Außerdem wird für die Nutzfläche von 80 Quadratmeter die volle Messzahl angesetzt, für Wohnfläche sind es hingegen nur 70 Prozent. In diesem Fall kostet die Nutzfläche also fast doppelt soviel Grundsteuer wie die Wohnfläche.

Damit in diesem Fall die Grundsteuerreform neutral bliebe, müsste die Gemeinde Prichsenstadt ihren Hebesatz von 330 auf 48 Prozent senken. 

2. Beispiel: Für Reihenhaus in Würzburg wird Grundsteuer deutlich günstiger

Die Grundsteuer für ein 2019 am Würzburger Hubland erbautes Reihenhaus fällt von aktuell 549,20 Euro im Jahr auf 296,30 Euro nach der Reform. Das Beispiel-Haus verfügt über 134 qm Wohnfläche und steht auf einem 387 Quadratmeter großen Grundstück. Voraussetzung ist, dass sich der Hebesatz der Stadt Würzburg - aktuell 475 Prozent - nicht verändert.

Grund für die niedrigere Grundsteuer ist hier die im Verhältnis zur Wohnfläche relativ geringe Grundstücksgröße. Außerdem spielen bei der Neuberechnung die Lage und das Alter der Immobilie sowie die Größe der Gemeinde keine Rolle mehr. 

3. Beispiel: Einfamilienhaus im Landkreis Bad Kissingen mit 40 Prozent höherer Grundsteuer

Ein im Jahr 2000 erbautes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 165 qm auf einem 1194 qm großen Grundstück in Euerdorf im Landkreis Bad Kissingen kostet aktuell jährlich 212 Euro Grundsteuer. Falls der Hebesatz in Euerdorf von aktuell 280 Prozent unverändert bliebe, würde die Neuberechnung 295,43 Euro betragen.

Das entspricht einer Grundsteuer-Erhöhung von 83 Euro oder knapp 40 Prozent. In diesem Fall müsste die Gemeinde ihren - im unterfränkischen Vergleich jetzt schon moderaten Hebesatz - auf 200 Prozent senken, damit die Grundsteuer für den Hausbesitzer ungefähr gleich hoch bliebe.  

So kann sich die Grundsteuerreform auf die jährliche Grundsteuer für Häuser auswirken: 3 Fälle aus Unterfranken

So lässt sich die eigene Grundsteuer berechnen

In den Bescheiden zum Grundsteuermessbetrag vom Finanzamt sind die Grundsteuermessbeträge für Wohnfläche, Grund und Boden und evt. für Nutzfläche ausgewiesen. Addiert ergeben sie den ebenfalls ausgewiesenen Grundsteuermessbetrag für das Grundstück. Dieser ergibt mit dem Hebesatz der jeweiligen Gemeinde multipliziert die künftig jährlich zu zahlende Grundsteuer. Hat eine Gemeinde beispielsweise einen Hebesatz von 350 Prozent, muss der Hebesatz des Grundstücks mit 3,5 multipliziert werden.    
Voraussetzung: Der Hebesatz der Gemeinde bleibt gleich. Erst wenn die Kommunen bis Jahresende ihre neuen Hebesätze beschlossen haben, lässt sich die tatsächliche künftige Grundsteuer berechnen.
Den aktuellen Hebesatz seiner Gemeinde findet man online unter hebesatz.grundsteuer.de/bayern.  
fqu
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Euerdorf
Altenschönbach
Folker Quack
Grundsteuerreformen
Hauseigentümer
Stadt Bad Kissingen
Stadt Würzburg
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Eugen Endres
    Die Grundsteuer ist nunmal eine der Haupteinnahmequellen der Kommunen. Davon werden wichtige Kommunale Ausgaben beglichen. Die nörgelnden Immobilienbesitzer hier sind in Bayern ja nichtmal mehr verpflichtet sich am Strassenunterhalt zu ihren Anwesen zu beteiligen, tun aber so als ob Bürgermeister und Gemeinderat vom Grundsteueraufkommen monatelang in Urlaub fliegen würden. Die bayerische Variante wurde doch wegen der Einfachheit gelobt! Benachteiligt tendenziell die Landbevölkerung weil hier die Flächen halt durchschnittlich deutlich grösser sind. Hätte man aber auch vorher merken können.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Harry Amend
    Bei der Grundsteuerreform geht es nur um eines, den Geldsäckel der Kommunen und Co. zu füllen, oder warum haben viele kurz vorher nochmals schnell den Hebesatz erhöht? Bestimmt nicht zum wohlwollen der Bürger.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hubert Endres
    Herr Amend. Haben Sie überhaupt eine Ahnung von Kommunalpolitik ? Bei ihrem Beitrag voraussichtlich nicht. Schade. Nur unsinnige Kommentare.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Gerhard Zwierlein
    Auch die MainPost lässt sich hier einspannen und berichtet: "Wollbach
    Gemeinderatssitzung in Wollbach: moderate Senkung des Hebesatzes" im Text kann man dann lesen, dass sich die Grundsteuer verdoppelt !
    --
    Moderat wurde die Steuer verdoppelt !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Georg Ries
    Ach Herr Zwierlein, die Gemeinden sollen die Hebesätze so ändern, dass die Gesamtsumme für die Gemeinde gleich bleibt. Dass es Fälle mit erheblicher Änderung für den Einzelnen gibt ist schon länger bekannt!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Gerhard Zwierlein
    Ach Herr Ries,
    wir reden nicht von erheblichen Änderungen für den Einzelnen, sondern von der GENERELLEN Festsetzung oder Beibehaltung EINES HEBESATZES, der zu einer Verdopplung des Grundsteueraufkommens für die Gemeinde führt. Die genannte Gemeinde Wollbach, hat eine Verdopplung des Gesamtaufkommens, die Nachbargemeinde Unsleben das gleiche. Alles haben dazu den Hebesatz reduziert, aber nicht aufkommensneutral, sondern einen Hebensatz, der zur Verdopplung des Aufkommens führt. Es geht nicht um die "erheblichen Änderung für Einzelne", sondern um eine Verdopplung für alle. Die Gesamtsumme lieber Herr Ries VERDOPPELT sich. Das haben alle Gemeinden in Kalkulationsgrundlagen vom Finanzamt mitgeteilt bekommen! Es geht nicht um fehlende Steuererklärungen oder Unwägbarkeiten, sondern eine vorsätzliche Verdopplung des Steueraufkommens. !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Gerhard Zwierlein
    Die Gemeinden/Städte bedienen sich der Grundsteuer um ihren Haushalt zu sanieren. Ohne Bedenken wird die Verdopplung der Grundsteuer beschlossen. Die Bayerische Finanzverwaltung hat den Kommunen zur Entscheidungsfindung eine Kalkulationshilfe mitgegeben und hat betont, dass der Gesetzgeber, die bayerische Regierung eine Kostenneutralität beabsichtigt hat: "Es ist das erklärte politische Anliegen der Bayerischen Staatsregierung, dass die ab 2025 wirksam werdende Grundsteuerreform für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft in jeder Kommune insgesamt aufkommensneutral erfolgt." Diese Kalkulationshilfe mit dem Hinweis auf Kostenneutralität wird dem Stadt-oder Gemeinderat aber nicht vorgelegt! Statt dessen das Video des Gemeindetags in der die Grundsteuer als willkommene Einnahmeerhöhungsquelle dargestellt wird. Vom gesetzlich möglichen Erlass überhöhter Grundsteuer wird darin sogar dringend abgeraten! Eine Gemeinde, die ihre Grundsteuer nun verdoppelt, schröpft ihre Bürger!!!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Jürgen Huller
    Die Steuer sollte sich ja lt. Aussagen der Finanzministerien für die Kommunen "aufkommensneutral" gestalten. Soll heißen, es sollten keine Mehreinnahmen nach der Reform geben, indem manche Besitzer mehr, andere weniger Grundsteuer zahlen müssten.

    Schwer zu glauben. Mir scheint es, dass sich die Kommunen einen ordentliche Extraschluck aus der Pulle genehmigen. Auch meine Gemeinde hat am Hebesatz geschraubt. Die Gelegenheit ist günstig, die Presse weiter zu zu drehen.

    Eine Wahl hat man ja nicht. Es wird kaum einer sein Haus und Grund verscherbeln, um in eine Gemeinde mit geringerer Grundsteuer zu ziehen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Georg Ries
    Darüber hat die MP schon im Februar berichtet. Da wurden auch die Spitzenreiter genannt!!

    https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/schnell-noch-vor-der-grundsteuerreform-warum-hassfurt-hettstadt-und-andere-gemeinden-jetzt-ihre-hebesaetze-erhoehen-art-11159708
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Gerhard Zwierlein
    lieber Herr Ries, die haben im Link Steuer und die Hebesätze um .... 10 % erhöht ! JETZT Verdoppeln sie das Ganze! Das ist schon ein Unterschied. Die Anhebung sollte ein Plus von 10% bringen. Nicht ein Vielfaches der bisherigen Grundsteuer! Einfach mal in EURO lesen .... nicht in Hebesätzen! Unsere Gemeinde hat den Hebesatz für Landwirtschaft um nominale 10% von 350 auf 360% ab 1.1.25 erhöht und hat damit ein Plus von schätzungsweise 10% erreicht. Das gleiche Plus an Steueraufkommen haben wir bei der Grundsteuer B durch Halbierung des Hebesatzes auf 160% (von bisher 350%) erreicht ! .... es kommt nicht auf den Hebesatz an...sondern auf das was die Gemeinde auf Aufkommen damit erzielt ! Und das kann die Gemeinde durch die Infos vom Finanzamt erhalten...ob diese Info den Gemeinderat erreicht? Ja das ist die Frage! Hält man sich an den Bayerischen Gemeindetag, dann soll man sich erst mal "dumm" stellen und den Hebesatz beibehalten-->führte bei uns zur 2,8fachen Steuer=Abzocke!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hubert Endres
    Herr Huller. Warum erwähnen Sie nicht fairerweise auch dabei den kompletten Wegfall der Straßenausbaubeiträge ? Wie soll denn eine Gemeinde diese Lücke schließen ? Warum gehen Sie nicht voran als Gemeindeoberhaupt und übernehmen Verantwortung ? Dann können Sie mal die andere Seite betrachten. Also los, nicht zu feige sein.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Gerhard Zwierlein
    Die Grundsteuer soll ein Äquivalent zum Angebot einer Kommune sein, das nicht durch (Straßenausbau-) Beiträge oder Gebühren ausgeglichen wird (Prof.Dr.Kirchhof). Der Wegfall der Straßenausbaubeiträge hat damit nix zu tun. Wenn eine Gemeinde meint Steuern zur Haushaltsfinanzierung erheben zu müssen, dann kann man das durch zusätzliche Abgaben (Zweitwohnungssteuer) tun. Eine Verdopplung der Grundsteuer als Ausfluß der bisherigen verfassungswidrig Grundsteuerberechnung setzt sich selbst der Verfassungswidrigkeit in Verdacht. Man stelle sich das mal bei den übrigen Steuern vor: die Umsatzsteuer wird ab 1.1.2025 verdoppelt !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Jürgen Huller
    Der Freisstaat kompensiert den Ausfall des Straßenbaubeitrags.
    Aber was hat das hier mit dem Thema zu tun? What about...?

    Hier geht es um ein gebrochenes politisches Versprechen, dass die Reform der Grundsteuer für die Gemeinden „aufkommensneutral“ sein soll. Genau das ist sie nicht. Und das liegt alleine an den Gemeinden, die am Hebesatz drehen.

    Ich für meinen Teil habe gar nichts anderes erwartet. Wir wissen ja, von wem dieses Versprechen kam. Den interessiert sein Geschwätz ja nach 5 Minuten schon nicht mehr. Wie halt immer, so redet er von Dingen, auf die er überhaupt keinen Einfluss, keine Ahnung und/oder nichts zu melden hat. Hauptsache, das Warmluftgebläse arbeitet und die Stammtische finden’s großartig.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten