Am Dienstag, 26. September, setzte Bürgermeister Jochen Vogel (CSU) seine beiden Stellvertreter Jürgen Pfister (PWG) und Heribert Übelacker (CSU) in einem Gespräch im Rathaus von seinem Entschluss in Kenntnis, nicht mehr weiter als Stadtoberhaupt tätig sein zu wollen.
Zwei Tage später lag dem Stadtrat bei seiner abendlichen Sitzung ein Schreiben des Bürgermeisters vor. Darin beantragte der 50-Jährige, zum 1. Januar 2024 wegen dauerhafter Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt zu werden. Am Mittwoch, 4. Oktober, verkündete Vogel dann seinem Team im Rathaus, dass er sich dort als Chef verabschieden werde.
Erste Reha-Maßnahme brachte nicht den erhofften Erfolg
Rückblick: Am 10. März 2022 war der Bürgermeister positiv auf Covid 19 getestet worden. Nach dem Negativ-Test hatte er ein paar Tage später wieder die Arbeit im Bad Brückenauer Rathaus aufgenommen. Doch dann musste er sich krank schreiben lassen. Schon kurz nachdem er wieder gearbeitet hatte, habe er gemerkt, dass es ihm körperlich sehr schlecht geht, sagte er damals, wenig später, im Gespräch mit dieser Redaktion.
Eine erste Reha-Kur im August 2022 brachte für ihn nicht den erhofften gesundheitlichen Fortschritt. Vogel beschritt dennoch den Weg der stufenweisen Eingliederung in seine berufliche Tätigkeit – mit mehr oder weniger Erfolg für seine körperliche Gesundung. Inzwischen ist er 18 Monate im Krankenstand. Vor kurzem kam er von einer zweiten Reha-Kur in Schönau am Königssee zurück.
Schwere Entscheidung in der zweiten Reha-Kur
Dort habe er sich einmal mehr mit allen Themen, die ihn umtreiben, beschäftigen können, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. "Ich habe schwer gekämpft mit mir, bis ich die Entscheidung getroffen habe aus dem Amt auszuscheiden, denn ich mache diese Arbeit für die Stadt Bad Brückenau sehr gern."
Am einen Tag in der Reha habe er gedacht, dass er doch wieder voll als Bürgermeister arbeiten könnte. Am andern Tag sei die körperliche Schwäche dann wieder sehr stark spürbar gewesen, schildert er das Auf und Ab seines Befindens in diesen Wochen. "Der Kopf will weitermachen, der Körper sagt aber nein", beschriebt er den Widerstreit seiner Gefühle in solchen Momenten.
Die "finale Entscheidung" sei dann in der letzten Woche seines Aufenthalts am Königssee gefallen: "Was ich in der Klinik mitnehme, reicht nicht aus für das, was ich in meinem Amt brauche", umschreibt er die Erkenntnis dieser Zeit. Er habe bis zum Schluss die Hoffnung gehabt, wieder fit zu werden. "Aber ich habe erkennen müssen, dass ich nur so nebenbei nicht wieder gesund werde."
Im Gespräch mit den ihn behandelnden Ärztinnen und Ärzten der Kurklinik sei ihm klar geworden, dass es keine schnelle Besserung seines körperlichen Befindens gibt. "Wir wissen noch zu wenig über Covid 19. Es gibt keinen Zaubertrank, mit dem dann für die Erkrankten gleich alles wieder wie zuvor ist", habe ein Arzt zu ihm gesagt. Ein markanter Satz, der in ihm arbeitete, sagt Vogel. "Es gibt einfach keine sofort wirksame Therapie."
Auf der Kur reifte die Erkenntnis, wie es weitergehen soll
Die fünf Wochen der Reha hätten ihm zwar nicht die erhoffte körperliche Energie zurückgebracht, sagt Vogel. "Aber sie haben mir Klarheit gebracht. Ich weiß nun schlussendlich, dass ich nach mir schauen muss." Man merkt dem Bürgermeister an, dass ihm der Abschied von der Politik in der Stadt Bad Brückenau schwerfällt. Es gebe etliche Projekte, die er gern weiterbegleitet hätte, sagt er.
"Natürlich ist das nicht schön, wenn in der Stadtpolitik nicht alles so vorangeht", sagt er im Rückblick auf die vergangenen 18 Monate. "Aber ich habe mir diese Krankheit nicht bestellt. Und auf der Liste der Unzufriedenen stehe ich ganz oben", sagt er in Anspielung auf die Kritik bestimmter Personen der Stadt an seiner Arbeit während der Phase der stufenweisen beruflichen Eingliederung.
Sorgen über die eigene Existenz
Bei einer Post-Covid-Erkrankung werde das "Leben auf den Kopf gestellt", sagt Vogel. Während man bei anderen Erkrankungen plötzlich ausfällt und dann meist weiß, dass man nur eine Zeit lang aussetzen und sich therapieren lassen muss, sei das bei Post Covid völlig anders: "Nach einer Corona-Infektion arbeite man erst mal weiter, bis man merkt, dass es gar nicht mehr geht." Und dann müsse man erkennen, dass es keine Heilung gibt und plötzlich mache man sich über die eigene Existenz Sorgen.
"Jetzt kommt eine ungewisse Auszeit", beschreibt der Bürgermeister seine Zukunft und gibt zu, dass es ihm schwerfällt, weiter Geduld zu haben, was seine Gesundung angeht. Wichtig ist für ihn aber auch, wie er sagt, dass er nun mehr Zeit für seine Familie haben wird.
"Es wird in den kommenden Monaten die Kunst sein, keinen Plan zu machen und auf das zu reagieren, was der Körper braucht." Klar ist für den Bürgermeister auf jeden Fall: "Künftig sollte mein Projekt Jochen Vogel heißen."
