
"Endlich kann man wieder mit den Leuten direkt in Kontakt treten", eröffnete Bürgermeister Jochen Vogel ( CSU ) die erste Bad Brückenauer Bürgerversammlung in "Nach-Corona-Zeiten". Den Auftakt machten am Montagabend Wernarz sowie das Staatsbad - und die Veranstaltung im "Badhotel" war entsprechend gut besucht.
Zuerst stellte der Rathauschef in einem Power-Point-Rückblick die abgeschlossenen Baumaßnahmen vor und gab einen Ausblick. Er nannte die Generalüberholung des Spielplatzes am "Oberen Ehrenberg", die Neubepflanzung und Sanierung des "Siebener Parks", die Stadtverschönerung mit modernem Blumenschmuck , den barrierefreien Ausbau der Bushaltestellen in der Kissinger Straße, den Neubau des Kindergarten Volkers samt Außenanlage sowie die Erweiterung des Hortes in der Stadtmitte mit zusätzlicher Kleinkindgruppe. Die Grundsanierung der Mittelschule, mit einem Glasfaseranschluss und modernster Medienausstattung, habe die Bildungsstätte in Römershag zu einem Vorzeigeprojekt nicht nur im Landkreis gemacht. Als "schwere Geburt", weil vorher im Eigentum der DB AG, bezeichnete Vogel die Eröffnung des "Rhön-Express-Radweges". Gleichwohl wollten die vier daran beteiligten Gemeinden die ehemalige Bahntrasse künftig noch attraktiver gestalten.
Feuerwehrhäuser und "Sinnflut"
Mit dem Neubau des Feuerwehrhauses in Volkers begann Vogel seinen Ausblick auf die anstehenden Baumaßnahmen. Am "heiligen Berg" soll möglichst noch vor dem Winter "die Hülle stehen", um dann idealerweise im Innern schon mit dem "Werkeln" beginnen zu können. An Volkers orientiert sich auch Römershag, dort haben die Floriansjünger schon den Vorplatz am Feuerwehrhaus hergerichtet, damit ein neues Fahrzeug einfahren kann. Als "größten Brocken" im städtischen Haushalt bezeichnete der Bürgermeister die Sanierung der " Sinnflut ". Das "Dauerthema Therme" befinde sich derzeit im sogenannten Vergabeverfahren, man suche Architekten, im Oktober würde sich "die Truppe treffen", um die vom Freistaat Bayern großzügig bezuschusste Maßnahme intensiv zu erörtern. "Wir hatten prima Gespräche in München", so Vogel. "Ich bin da guter Dinge. Sorgen bereiten mir indes die derzeit explodierenden Preise im Bausektor ."
Beim Thema Generalsanierung des Alten bzw. dem eventuellen Umzug des ("neuen") Rathauses liefen zum einen "Machbarkeitsstudien", zum anderen grundsätzliche Diskussionen in Stadtparlament und Verwaltung. "Was muss möglicherweise umziehen, wer darf bleiben", verwies der Bürgermeister beispielsweise auf die städtische Tourist- Info sowie Bibliothek und nannte in diesem Zusammenhang "Negativpunkte" wie Schwarzschimmel im Untergeschoss und eine in die Jahre gekommene veraltete Brandschutztechnik. Ein positiver Faktor sei freilich die "fette Förderung" von annähernd 60 Prozent.
Wie geht es mit dem Bahnhofsareal weiter?
In seiner Power-Point-Präsentation ging Vogel auf den Rahmenplan für das Bahnhofsareal sowie das Umfeld mit Georgi-Park und -halle ein. Hier sei man auf der Suche nach einem geeigneten Architekten. Ende diesen Jahres soll unter anderem der alte Bahnhofsschuppen abgebrochen, der Parkplatz für die Schulbusse erhalten geblieben sein, idealerweise ein Wohnmobil-Stellplatz sowie ein Gebäude entstehen, das die Geschichte der Bahn widerspiegele.
Wesentlichen Raum in der Bilanz nahmen auch die Corona-bedingt weitgehend ruhenden Städtepartnerschafts-Treffen (gleichwohl habe man mit Ancenis und Kirkham in regem digitalen Austausch gestanden), der Gesundheitsstandort, die dritte Verlegung von "Stolpersteinen" in Bad Brückenau am 19. Juli sowie die Bereitstellung eines Gepäckstücks für den Holocaust-Gedenkort "Aumühle" in der Nähe des Würzburger Hauptbahnhofes ein. Eine Veranstaltung in diesem Kontext findet am 26. Oktober in der Sinnstadt statt, vermutlich mit dem Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster , dessen Vater David gebürtiger Brückenauer war. Auch Nachkommen von betroffenen jüdischen Bürgern möchten zu diesem Termin anwesend sein.
Kritik an Stromtrasse
Zur Stromtrasse "P 43" informierte Vogel, dass der Bundestag Bedarf bestätigt habe und der Betreiber "tennet" im Oktober bei der Bundesnetzagentur einen Antrag auf eine Vorzugsvariante stellen werde. Für den Bürgermeister ist das ganze geplante Projekt "ein großes Dilemma, mit 50 bis 70 Meter hohen Masten alle 300 bis 400 Meter aufgestellt, möglicherweise mit einem Schlenker zwischen Staatsbad und Züntersbach oder an der A 7 entlang." Vogels Forderung: "Wenn schon das Ding kommt, dann müssen die Kabel in die Erde verlegt werden. Das geht nicht, sagt ,tennet'. Das geht doch, sage ich, wie Beispiele aus der Nähe von Salzburg zeigen, wo auch Wechselstrom-Leitungen bis zu 40 Kilometer im Boden vergraben wurden." Hiesige Kommunen und Bürgerinitiativen wollten den Faktor Naturschutz und Biosphärenreservat noch stärker in die Argumentation und Diskussion miteinbringen, "vor Ort setzt man uns diesbezüglich hohe Hürden, aber der Staat darf anscheinend alles machen".
Zur Pandemie äußerte sich Vogel: Auf die Stadt habe sich der "Einschnitt Lockdown" finanziell nicht ausgewirkt. "Der Freistaat hat nach dem Gießkannenprinzip großzügig Geld ausgeschüttet. Das wird 2021/2022 aber mit Sicherheit nicht mehr der Fall sein", befürchtet er. Vogel bedankte sich bei allen Ehrenamtlichen, Vereinsvertretern und Privatpersonen, die sich in diesen schweren Zeiten
engagiert und Sorge dafür getragen hätten, "dass Bad Brückenau so liebens- und lebenswert geblieben ist und eine gewisse Gemeinschaft entwickelt hat." Als Highlight bezeichnete das Stadtoberhaupt die erstmalige Veranstaltung eines Autokinos in Bad Brückenau.
Unkraut und Friedhof
"Ein Friedhof sollte ein Ort der Würde sein", leitete Helma Ritter die Fragerunde ein. "Und kein Ort der Unwürde, wie in Wernarz", monierte sie die "Unkrautauswüchse" bis zu einem halben Meter hoch vor allem im oberen Bereich des Gottesackers. "Jeder muss seine Gräber bis 50 Zentimeter um die Einfassung von Unkraut befreien", verwies der Bürgermeister auf die Friedhofssatzung. Unkraut war Ritter auch im Bereich der Wernarzer Straße "ein Dorn im Auge". Vor allem im Umfeld des "Schweizer Hauses" würde wilder Gras- und Strauchwuchs negativ ins Auge fallen, die Wasserrinnen und Zuflüsse in die Kanalisation verstopfen, kein Winterdienst geleistet. Vogels Replik: Man werde die Grundstückseigentümer anschreiben. Auf städtischem Terrain würde der Bauhof aktiv. Die schlimmsten Auswüchse machte Ritter freilich in der Valentin-Becker- und Wernarzer Straße aus. Erste sei ständig - sehr gefährlich für die Schulkinder - rechts und links auf
Gehsteigen mit Pkw zugeparkt. In der Ortsdurchfahrt würde es durch den untragbar schlechten Straßenzustand und durch die Schlaglöcher fahrenden Autos derart scheppern, dass Anwohner und Kurgäste tagsüber quasi vom Stuhl und nachts aus dem Bett fielen. Der Bürgermeister selbst nannte die 100-prozentige Staatsstraße "eine Schande, wahrscheinlich, weil hier keine Hochrangigen wohnen". Er versprach, mit dem Landrat und dem zuständigen Referenten unmittelbaren Kontakt aufzunehmen und appellierte an die Verantwortung der Falschparker für einen sicheren Schulweg.
Staub aufgewirbelt
"Am Ball bleiben" will Vogel bei Konrad Winklers Anliegen, der seit Jahren mit der Wegeschicht in Teilen des Straßfelds in Richtung "Hubertushof" nicht zufrieden ist. Besonders die Müllabfuhr und sogar Langholz-Lkw würden in diesem nicht geteerten Bereich Staub aufwirbeln, der sich in Haus und Hof, in Wäsche und Fassaden festsetze. Wie der bei Regen auf den Radweg angeschwemmte Schotter am Beck'schen Anwesen, ein möglicherweise falsch eingestellter Verkehrsspiegel an der Ecke vom Straßfeld in die Frankfurter Straße und der "mindestens zu einem Drittel" zugewachsene Radweg, vor allem in der Stadt in den Bereichen "tegut", " BayWa ", "Sinter Metals" und am "Rotkreuzhaus" soll das Angesprochene Ende September im Rahmen einer "Verkehrsschau mit den Stadträten" einer Problemlösung zugeführt werden.
Auch die Hecken im Wiesenweg und am Anwesen Meyerdierks müssten in diesem Zusammenhang begutachtet und endlich geschnitten werden, lautete eine weitere Forderung eines Bürgers. Ihm schloss sich noch die Wortmeldung einer Dame an, die einen "derart ungepflegten Georgi-Kurpark, vor allem in Richtung evangelischer Kirche" erkannt haben will, der einer Kurstadt nicht würdig sei. "Vermutlich meinen Sie die Blühwiesen, die für den Insektenschutz großflächig angelegt wurden", so des Bürgermeisters Antwort.
Streitpunkt Wernarzer Brücke
"Wie weit sind wir mit der neuen Wernarzer Brücke über die Sinn?", lautete die finale Frage.
Der Rathauschef berichtete über einen "Prototypen", den er im Pfingsturlaub gesehen und mit den Erbauern erste Kontakte geknüpft habe. Es handele sich um eine weitgehend wartungsfreie Brückenkonstruktion aus Metall und Holz, zwei Meter breit, für Fußgänger und Radfahrer, jedoch nicht für Traktoren zugelassen, mit deren Aufbau nach Abklärung Fischerei-rechtlicher Fragen eventuell schon im Herbst begonnen werden könne. Was nicht nur Begeisterung auslöste: "Wir schimpfen uns Luftkurort, und dann müssen wir kilometerlange klimaschädliche Umwege über Eckarts und das Staatsbad in Kauf nehmen, um eigentlich nur 200 Meter in unseren Wald zu fahren", klagte vor allen die Bulldog- und Holzmacher-Fraktion unter den Anwesenden.